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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Thiersch, Hermann: Antike Bauten für Musik, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0107

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Bau in der Mitte des Athenabezirkes. Vergl. jetzt die von Dörpfeld wieder zusammen-
gelegten Stufen und Podiumreste Abb. 29 (nach Photographie des Athen. Instituts,
No. 1370). Wie mir Dörpfeld schreibt, hält auch er diesen Bau für die nächste Ana-
logie des runden «Augustustempelchens» vor dem Parthenon. Ursprünglich war das
"Werk in Pergamon, wie es scheint, ein hellenistisches Siegesdenkmal Attalos' I. zur
Erinnerung an die siegreiche Schlacht über die Gallier am Kaikos (Inschr. von Perga-
mon n. 20). Umgeändert wurde es dem Augustus geweiht (Inschr. 383 A) und dann
noch einmal verändert und neugeweiht unter Hadrian (Inschr. 293). Der Bau hatte
unter Augustus wahrscheinlich acht Säulen. Unter Hadrian wurden, wie es scheint, die
Stufen verbreitert, die Architrave verkleinert und die Säulen enger und. zahlreicher gestellt.
Der Durchmesser innen betrug etwa 5 m. Die verwickelte Baugeschichte des Monuments
ist noch keineswegs klar. Dörpfeld, dem ich die obigen Einzelheiten verdanke, will den Bau
demnächst genauer untersuchen. Einstweilen genügt es festzuhalten, daß hier an ausgesucht
schöner, hervorragender Stelle der Burg (vergl. Altert, v. Pergamon II, Taf. 40; es ist die Mitte
der heiligen Agora) in hellenistischer Zeit zur Feier eines wichtigen politischen Ereig-
nisses (ganz wie am Triopion!) ein thymeleartiger Rundbau (vergl. die Reste des mar-
mornen Podiums!) aufgeführt wurde, daß dieser mit dem Kult des Augustus zusammen-
gebracht und auch später noch im Dienste des Kaisers (Hadrian) verwendet wurde.
Und weiter läßt sich erkennen — es ist dies nur im kleinen, was beim Pantheon zu
Rom sich ähnlich im großen ereignete —, wie an eben diese Stelle, direkt an die antike
Rundung der christliche Kult mit seinen Gesängen sich ansetzte: in Pergamon steht die
Apsis der frühbyzantimschen Kirche genau an der Stelle des alten Augusteions. Dessen
Rundung hat die Lage der Kirche auf dem weiten Platze wahrscheinlich sogar bestimmt.
Vergl. den Plan, Altertümer von Pergamon II, Tafel 3 und Text. Die architektonische
Parallele zu jener merkwürdigen, zuletzt von A. Harnack (auch Internationale Wochenschrift
1908, 1581) betonten literarischen Erscheinung ist hier eine vollkommene: fast weihnacht-
lich-kirchlich mutet die Sprache der in Priene gefundenen Inschrift (n. 505) an, in welcher
im Jahre 9 vor Chr. der Geburtstag des Augustus gefeiert wird. Als «Gott», «Heiland»,
«Friedefürst» wird der Kaiser in Asien gefeiert; «Evangelien» bringt seine Geburt der Welt.

Auch daß alte, für die Musik früherer Jahrhunderte geschaffene Rundbauten
nun direkt für den Kaiserkult und seine Feste und Hymnen verwendet wurden, scheint
vorgekommen zu sein. So bei der jüngeren Tholos von Delphi. Schon Homolle a. a. O.
371 faßte die Nachricht bei Pausan. X, 8, 6, daß hier Statuen der römischen Kaiser
aufgestellt waren, in diesem Sinne und erinnert an die Analogie des Philippeions in
Olympia («une sorte de sanctuaire familial et princier»). AVar es wirklich so, so beweist
dieser Fall die geschlossene Kontinuität dieser Traditionen aufs neue.

Damit kommen wir schon mitten in die römischen Rundbauten hinein, dem
Rundbau der Arvalbrüder mit seinen uralten Tänzen und Liedern1 und vor allem dem
Pantheon in Rom nahe, Bauten, die aber eine Besprechung für sich erfordern, die später folgen
soll. Das Pantheon, dies «Allerheiligste»2, ist der großartige Abschluß der im Philippeion
zuerst angebahnten Entwicklung: in dieser «Kaiser-Augustus-Gedächtniskirche», wie man
den Bau nennen könnte, ist der von jener hellenistischen Ahnenkapelle zum erstenmal
übernommene Rundbau aufs höchste ausgestaltet. Bei Dio Cassius hat er, wie ich

1 Daß dieser Rundbau wirklich der Tempel der Dea Dia war, ist jetzt erkannt auch von Engehnann,
Berl. Phil. Woch. 1908, 863. — 2 Denn so, nicht anders («Heiligtum aller Gotter») ist der Name zu verstehen.

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Antike Bauten für Musik.
 
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