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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Ermers, Max: Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Architekten Raffael
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0151

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Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Architekten Raffael. 137

Ich glaube ein solches in dem sogenannten Entwürfe Bramantes für St. Peter ge-
funden zu haben. Der große Grundriß, der heute in der Handzeichnungssammlung
der Uffizien aufbewahrt wird1 (Abbildung 5), zeigt tatsächlich überraschende Ähnlichkeit
mit der Halle Raffaels. Auch er stellt einen reinen Zentralbau in idealster Form dar,
gebildet durch ein griechisches Kreuz mit Vierungskuppel. Die Bildung der Kuppel-
pfeiler ist, wie wir weiter unten noch sehen werden, eine fast identische; das System
der gekuppelten Pilaster in beiden Fällen das gleiche. Es könnte nur noch die Frage
auftauchen, ob Vasari diesen Plan gekannt habe. Dies ist de facto der Fall, denn der
Plan entstammt der Sammlung Vasaris und trägt von seiner Hand das Vermerk:
Bramante Arch. und Pit. — Dieses Zusammentreffen von Tatsachen, das bisher allen
Forschern entgangen ist, könnte allein schon genügen, um zu zeigen, wie Vasari zu
seiner Behauptung kam.

Allein es gibt noch zwei Dokumente, die von denen, die Bramante zum Schöpfer
der Architektur machen möchten, als Beweis gebraucht werden oder mindestens gebraucht
werden könnten.
Der Karton zur
Schule von Athen
in der Ambro-
siana in Mailand
und die Oxforder-
skizze.

Der Mailän-
der Karton ent-
spricht in der
Komposition fast
vollständig dem

vatikanischen
Fresko; nur ganz
wenige Figuren

fehlen. Dafür hat der angebliche Mangel der Architektur stets Beachtung gefunden und
die Meinung der Gelehrten darauf hingelenkt, ihren Urheber in einem anderen Meister
wie Raffael zu suchen. Obwohl der ganze Gruppenaufbau der Komposition unvermittelt
und verwirrt erscheint für den, der das vatikanische Fresko nicht kennt .... im Kopf
des Entwerfers des Kartons, der niemand anderes wie Raffael selbst ist, aber unbedingt
der bauliche Hintergrund in seiner heutigen Anordnung schon die feste Gestalt angenom-
men haben mußte, um überall solchen strengen figürlichen Aufbau zu ermöglichen, so
schien es doch immer den Betrachtern, als fehle diese architektonische Grundlage der
Komposition. So schreibt Müntz2: «la belle architecture du fond manque encore dans
le cartou», und Springer3: «der architektonische Hintergrund wird nicht in die Darstel-
lung aufgenommen» und an einer anderen Stelle sagt er4: «ihm fehlt die Architektur,
welche die obere Hälfte der Freske füllt und hier die Wirkung des Werkes wesentlich

1 Abgebildet bei C. Jovanovits, Forschungen über den Bau der St. Peterskirche 1877, No. 1, und
sehr gut bei Geymüller, Die ursprünglichen Entwürfe etc., Tat'. III. — 2 Raphael, 1900, pag. 190.

3 Die Schule von Athen, pag. 77.

4 Raffael und Michelangelo, 1895, B. I, pag. 250.
 
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