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tekturgeschichte ist ja das gewaltige alte Monu-
mentalwerk der monümentos arquitectonicos vor-
handen, doch seit Jahrzehnten völlig stecken ge-
blieben, nachdem auch es nur eine Reihe einzelner
hervorragender Werke seit dem frühesten Mittel-
alter bis zum Platereskenstil vorwiegend bildlich
behandelt hatte. Die neuen monümentos arqui-
tectonicos gehen rein lokal vor und beschränken
sich bisher auf Toledo und Granada.
So begrüßen wir hier hoffentlich den Anfang
einer Reihe abgeschlossener Darstellungen be-
stimmter Kunstperioden; merkwürdigerweise den
zeitlich letzten. Vielleicht deshalb, weil sich in
dem Werke des Verlags Schreiber gerade noch
die Lücke neben Gurlitts Behandlung der Spät-
renaissance usw. in den übrigen Ländern ergab.
Das ganze Mittelalter harrt noch einer Zusammen-
fassung; die maurische Baukunst ist bisher allein,
doch noch recht mäßig behandelt; die Platereske
und Renaissance, das glänzendste und wunder-
barste Gebiet, noch gar nicht.
Deshalb hat Schubert hier auch mit einem
allgemeinen Rückblick, einer Übersicht über das
Vorhergegangene beginnen müssen, die an sich
schon verdienstlich und auch sonst interessant
genug ist. Was nachher folgt, ist aber in der
Tat überraschend, reich und vielgestaltig. Es war
sicher mühevoll, hier ohne große Vorarbeiten in
so weit entferntem Lande all das vorhandene
Material zusammenzutragen, nicht minder es zu
prüfen, zeitlich und nach Meistern und Schulen
zu sichten und zu sondern, überhaupt die dazu-
gehörige Künstlergeschichte und die einzelnen
Meister wieder auszugraben. Denn allzuviel war
da noch nicht getan, wenn man auch in Spanien
darüber eine Menge mehr weiß als bei uns. —
Uber das also Geleistete haben wir alle Ver-
anlassung unsere lebhafte Freude auszusprechen
und Schubert zu danken, daß er uns hier wirk-
lich bereichert, uns eine für sich ganz ab-
geschlossene, seither so gut als unbekannte Welt
eröffnet hat. — Und eine Welt von größler Be-
deutung auch für das übrige Europa, — denn
welche gewaltige Rolle Spanien im 16. und 17. Jahr-
hundert für ganz Europa spielte, welchen unge-
heuren Einfluß es auch in andern kulturellen
Beziehungen als nur der politischen ausübte, das
ist ja bekannt. Man denke nur an die spanischen
Trachten und Verwandtes. —
Der Escorial allein, der jahrhundertelang zu
den sieben Weltwundern zählte, lohnte eine
Sonderarbeit. Wenn nun auch Justi die allge-
meineren Gesichtspunkte in seinem Philipp II.
als Kunstfreund wundervoll dargestellt hat, die
speziellere architektonische Behandlung konnte er
doch nicht ganz geben. — So ist es mit recht
vielem anderen. Manche Prachtbauten, wie die
zu Santiago de Gompostela, mußten gewisser-
maßen erst entdeckt werden. Die Reihe der
großartigen Renaissancekathedralen — von Grana-
da angefangen bis zu der von Cadiz, sind syste-
matisch zusammenhängend noch nie dargestellt.—
Es führt zuweit, hier ins einzelne zu gehen.
Es sei nur noch bemerkt, daß die Übersicht eine
verhältnismäßig sehr vollständige ist, eigentliche
Lücken von wirklicher Bedeutung nicht vorhanden
zu sein scheinen. Außerdem daß das Buch sich
einer vortrefflichen Ausstattung erfreut und mit
einem ausgiebigen Anschauungsmaterial versehen
ist, ohne das ja der, der das Land selber nicht
kennt, sich keinerlei Vorstellung von der Eigenart
jener Baukunst zu machen vermöchte. Die äuße-
ren und inneren Ansichten sind planmäßig vor-
wiegend nach Photographien gegeben; sicher ein
empfehlenswertes Verfahren, durch das die wenigen
zeichnerisch dargestellten Architekturen erst ver-
ständlich werden. An Grundrissen oft der inter-
essantesten Art ist ein reiches ganz neues Material
gebracht; und so offenbart sich der Verfasser nicht
nur als ein guter Kenner, sondern auch ein ge-
schickter Künstler und Darsteller.
Das Wenige, woran hie und da etwas anfecht-
bar sein möchte, ist von allzu geringer Bedeu-
tung gegenüber der Leistung, auch bei der Schwie-
rigkeit und Neuheit der Aufgabe nur zu ver-
ständlich, als daß wir hier darauf einzugehen
Veranlassung hätten. Vielmehr ist das Ganze
eine der erfreulichsten Erscheinungen in seiner Art
und verdient in jeder Hinsicht unsern Dank. A. II.
G. T. Rivoira, Le origini della architet-
tura lombarda e delle sue principali derivazioni
nei paesi d'ojtr'alpe. (Milano, Hoepli, 1908.)
Das große Werk, das in einer ersten zwei-
bändigen Ausgabe von zusammen ca. 1000 Seiten
vor kurzem vollständig geworden war1, ist kürz-
1 Der erste Band wurde 1901, der zweite 1907
ausgegeben.
tekturgeschichte ist ja das gewaltige alte Monu-
mentalwerk der monümentos arquitectonicos vor-
handen, doch seit Jahrzehnten völlig stecken ge-
blieben, nachdem auch es nur eine Reihe einzelner
hervorragender Werke seit dem frühesten Mittel-
alter bis zum Platereskenstil vorwiegend bildlich
behandelt hatte. Die neuen monümentos arqui-
tectonicos gehen rein lokal vor und beschränken
sich bisher auf Toledo und Granada.
So begrüßen wir hier hoffentlich den Anfang
einer Reihe abgeschlossener Darstellungen be-
stimmter Kunstperioden; merkwürdigerweise den
zeitlich letzten. Vielleicht deshalb, weil sich in
dem Werke des Verlags Schreiber gerade noch
die Lücke neben Gurlitts Behandlung der Spät-
renaissance usw. in den übrigen Ländern ergab.
Das ganze Mittelalter harrt noch einer Zusammen-
fassung; die maurische Baukunst ist bisher allein,
doch noch recht mäßig behandelt; die Platereske
und Renaissance, das glänzendste und wunder-
barste Gebiet, noch gar nicht.
Deshalb hat Schubert hier auch mit einem
allgemeinen Rückblick, einer Übersicht über das
Vorhergegangene beginnen müssen, die an sich
schon verdienstlich und auch sonst interessant
genug ist. Was nachher folgt, ist aber in der
Tat überraschend, reich und vielgestaltig. Es war
sicher mühevoll, hier ohne große Vorarbeiten in
so weit entferntem Lande all das vorhandene
Material zusammenzutragen, nicht minder es zu
prüfen, zeitlich und nach Meistern und Schulen
zu sichten und zu sondern, überhaupt die dazu-
gehörige Künstlergeschichte und die einzelnen
Meister wieder auszugraben. Denn allzuviel war
da noch nicht getan, wenn man auch in Spanien
darüber eine Menge mehr weiß als bei uns. —
Uber das also Geleistete haben wir alle Ver-
anlassung unsere lebhafte Freude auszusprechen
und Schubert zu danken, daß er uns hier wirk-
lich bereichert, uns eine für sich ganz ab-
geschlossene, seither so gut als unbekannte Welt
eröffnet hat. — Und eine Welt von größler Be-
deutung auch für das übrige Europa, — denn
welche gewaltige Rolle Spanien im 16. und 17. Jahr-
hundert für ganz Europa spielte, welchen unge-
heuren Einfluß es auch in andern kulturellen
Beziehungen als nur der politischen ausübte, das
ist ja bekannt. Man denke nur an die spanischen
Trachten und Verwandtes. —
Der Escorial allein, der jahrhundertelang zu
den sieben Weltwundern zählte, lohnte eine
Sonderarbeit. Wenn nun auch Justi die allge-
meineren Gesichtspunkte in seinem Philipp II.
als Kunstfreund wundervoll dargestellt hat, die
speziellere architektonische Behandlung konnte er
doch nicht ganz geben. — So ist es mit recht
vielem anderen. Manche Prachtbauten, wie die
zu Santiago de Gompostela, mußten gewisser-
maßen erst entdeckt werden. Die Reihe der
großartigen Renaissancekathedralen — von Grana-
da angefangen bis zu der von Cadiz, sind syste-
matisch zusammenhängend noch nie dargestellt.—
Es führt zuweit, hier ins einzelne zu gehen.
Es sei nur noch bemerkt, daß die Übersicht eine
verhältnismäßig sehr vollständige ist, eigentliche
Lücken von wirklicher Bedeutung nicht vorhanden
zu sein scheinen. Außerdem daß das Buch sich
einer vortrefflichen Ausstattung erfreut und mit
einem ausgiebigen Anschauungsmaterial versehen
ist, ohne das ja der, der das Land selber nicht
kennt, sich keinerlei Vorstellung von der Eigenart
jener Baukunst zu machen vermöchte. Die äuße-
ren und inneren Ansichten sind planmäßig vor-
wiegend nach Photographien gegeben; sicher ein
empfehlenswertes Verfahren, durch das die wenigen
zeichnerisch dargestellten Architekturen erst ver-
ständlich werden. An Grundrissen oft der inter-
essantesten Art ist ein reiches ganz neues Material
gebracht; und so offenbart sich der Verfasser nicht
nur als ein guter Kenner, sondern auch ein ge-
schickter Künstler und Darsteller.
Das Wenige, woran hie und da etwas anfecht-
bar sein möchte, ist von allzu geringer Bedeu-
tung gegenüber der Leistung, auch bei der Schwie-
rigkeit und Neuheit der Aufgabe nur zu ver-
ständlich, als daß wir hier darauf einzugehen
Veranlassung hätten. Vielmehr ist das Ganze
eine der erfreulichsten Erscheinungen in seiner Art
und verdient in jeder Hinsicht unsern Dank. A. II.
G. T. Rivoira, Le origini della architet-
tura lombarda e delle sue principali derivazioni
nei paesi d'ojtr'alpe. (Milano, Hoepli, 1908.)
Das große Werk, das in einer ersten zwei-
bändigen Ausgabe von zusammen ca. 1000 Seiten
vor kurzem vollständig geworden war1, ist kürz-
1 Der erste Band wurde 1901, der zweite 1907
ausgegeben.