Literatur. 175
Der Zeitpunkt, dem eigentlich die Kirche von und Meitzen, welche die großen Grundzüge fest-
Gumlöse zuzuschreiben ist, ist natürlich nicht legten; nun wurde es möglich, innerhalb der
der Vormittag des Sonnabends vor Simon und Hauptgruppen mit der Einzelarbeit zu beginnen ;
Judä 1191, er ist überhaupt nicht im Jahre 1191 welch eine wertvolle Quelle hier fließt für Früh-
zu suchen. Er läßt sich nicht genau angeben ; zeit und Ausbreitungsgeschichte unserer Stämme,
doch ist als sicher anzunehmen, daß diese Kirche, zeigen jetzt z. B. Peßlers Arbeiten (vgl. seine schöne
d. h. ihre Idee, der Grundplan, wonach sie ohne Zusammenfassung: Ethno-geographische Wellen
Schwanken ausgeführt ist, gegen Ende der 1180er des Sachsenhauses in «Wörter und Sachen»
Jahre festgestellt ist, also daher stammt. I, 1909, 49—57), Schuchhardts Forschungen in
Die Soröer Abteikirche entstammt der nächsten Niedersachsen und Westfalen, die ihm selbst wich-
Zeitnach 11 CO, dieBergerKlosterkircheistll93 von tige Analogieschlüsse auf die Entwicklung früh-
Absalons Nachfolger im Bistum Rotschild.PeterSum- griechischer Siedlungsformen ermöglicht haben
son, geweiht, ihr Plan, also ihr Bau selber, ist dem- usw. Über der Geschichte des griechischen Hauses
nach ebenfalls den achtziger Jahren zuzuschreiben. ruhte bis zur Ära Schliemanns tiefes Dunkel,
Ihrer beider Chronologie erhält durch die nicht erhellt durch die Philologenrekonstruktionen
neuen Beobachtungen betreffs der Gumlöser Pfarr- des Odysseushauses u. dgl. Erst Dörpfelds Anak-
kirche frische Belebung und unverächtliche Stüt- tenhaus von Tiryns brachte Bewegung in die
zung. Stellen wir aber aus der Zahl der andern Gemüter; gewisse Analogien zum «homerischen»
neben die Gumlöser die Altenkremper Kirche, so Hause fielen gleich auf, man erkannte Megaron,
erscheint diese im wesentlichen durchaus älter, Hof und Hallen sowie das Hoftor, man sah die
wenn auch nicht altertümlicher, und die Tatsache, Verwandtschaft zwischen dem Megaron von Tiryns
daß sie 1197 vorhanden gewesen, hat, auf ihren und dem Templum in Antis; und als nun eben-
Bau, wie er in der Hauptsache ausgeführt ist, falls Dörpfeld uns auf der Burghöhe Troias in
bezogen, nur sehr viel Beachtenswertes, aber den jüngeren Horizonten der zweiten Schicht
nichts Auffallendes mehr, geschweige etwas Un- gleichartige Megara erkennen lehrte, schien alles
glaubliches. wohlgeordnet. Man freute sich, die Linien nach
unten gewonnen zu haben, ließ auch die Frage,
was denn dem rechteckigen Megaron voraus-
gegangen sei, woher die Form der mykenischen
Kuppelgräber, der runden Felsgräber der Insel-
kultur, ziemlich ruhen, auch ohne aus der anders-
wo, z. B. in Italien, bezeugten Rundform eines
F. Noack, Ovalhaus und Palast in Kreta. früheren Hauses Analogieschlüsse zu ziehen.
Ein Beitrag zur Frühgeschichte des Hauses. Leipzig Da kam Kreta, dessen Anaktenhäuser mit
und Berlin. B.G.Teubner. 1908. 70 S. 2,40 Mk. ihrem Zentralhof, ihren Pfeilersälen und Ober-
■ Ein kleines, aber ganz vortreffliches Buch, geschossen, ihren Lichtschachten, ihrer großen
äußerst lesenswert für jeden, der über das im Regelmäßigkeit, zunächst etwas so anderes zu
Nebentitel bezeichnete Problem Anlaß hat nach- bieten schienen, daß der suchende Blick nach
zudenken. Mit. Recht hat der Verfasser in eben Ost und Südost ging, wo günstigere Bedingungen
diesem Nebentitel kein ethnisches Epitheton hin- für große Flächenentwicklung vorhanden waren:
zugefügt: denn nicht nur indirekt durch den Wert richtige Analogien für die kretischen Grundrisse
der Analogie, sondern auch ganz unmittelbar greift und für ihre konstruktiven Lösungen suchte man
dies Büchlein ein in Fragen auch historischer dort freilich auch vergebens: nur für dekoratives
Art, die die Vorgeschichte des europäischen Hauses Detail und Ausstattung erwies sich Ägypten als
überhaupt angehen. Den verehrten Namen Frl. lehrreich. Tieferes Eindringen in die Baugeschichte
Mestorfs trägt das Widmungsblatt daher auch mit namentlich von Knossos, Phaistos und HagiaTriada
ganz besonderem Recht. Lange schon hat die lehrte ältere und jüngere Bauten scheiden, lehrte
Hausforschung in unserm Norden eingesetzt, zu- aber auch die Verschiedenheiten von den fest-
erst kamen die bekannten Bücher von Henning Kindischen Bauten, die man zuerst in dem natür-
Der Zeitpunkt, dem eigentlich die Kirche von und Meitzen, welche die großen Grundzüge fest-
Gumlöse zuzuschreiben ist, ist natürlich nicht legten; nun wurde es möglich, innerhalb der
der Vormittag des Sonnabends vor Simon und Hauptgruppen mit der Einzelarbeit zu beginnen ;
Judä 1191, er ist überhaupt nicht im Jahre 1191 welch eine wertvolle Quelle hier fließt für Früh-
zu suchen. Er läßt sich nicht genau angeben ; zeit und Ausbreitungsgeschichte unserer Stämme,
doch ist als sicher anzunehmen, daß diese Kirche, zeigen jetzt z. B. Peßlers Arbeiten (vgl. seine schöne
d. h. ihre Idee, der Grundplan, wonach sie ohne Zusammenfassung: Ethno-geographische Wellen
Schwanken ausgeführt ist, gegen Ende der 1180er des Sachsenhauses in «Wörter und Sachen»
Jahre festgestellt ist, also daher stammt. I, 1909, 49—57), Schuchhardts Forschungen in
Die Soröer Abteikirche entstammt der nächsten Niedersachsen und Westfalen, die ihm selbst wich-
Zeitnach 11 CO, dieBergerKlosterkircheistll93 von tige Analogieschlüsse auf die Entwicklung früh-
Absalons Nachfolger im Bistum Rotschild.PeterSum- griechischer Siedlungsformen ermöglicht haben
son, geweiht, ihr Plan, also ihr Bau selber, ist dem- usw. Über der Geschichte des griechischen Hauses
nach ebenfalls den achtziger Jahren zuzuschreiben. ruhte bis zur Ära Schliemanns tiefes Dunkel,
Ihrer beider Chronologie erhält durch die nicht erhellt durch die Philologenrekonstruktionen
neuen Beobachtungen betreffs der Gumlöser Pfarr- des Odysseushauses u. dgl. Erst Dörpfelds Anak-
kirche frische Belebung und unverächtliche Stüt- tenhaus von Tiryns brachte Bewegung in die
zung. Stellen wir aber aus der Zahl der andern Gemüter; gewisse Analogien zum «homerischen»
neben die Gumlöser die Altenkremper Kirche, so Hause fielen gleich auf, man erkannte Megaron,
erscheint diese im wesentlichen durchaus älter, Hof und Hallen sowie das Hoftor, man sah die
wenn auch nicht altertümlicher, und die Tatsache, Verwandtschaft zwischen dem Megaron von Tiryns
daß sie 1197 vorhanden gewesen, hat, auf ihren und dem Templum in Antis; und als nun eben-
Bau, wie er in der Hauptsache ausgeführt ist, falls Dörpfeld uns auf der Burghöhe Troias in
bezogen, nur sehr viel Beachtenswertes, aber den jüngeren Horizonten der zweiten Schicht
nichts Auffallendes mehr, geschweige etwas Un- gleichartige Megara erkennen lehrte, schien alles
glaubliches. wohlgeordnet. Man freute sich, die Linien nach
unten gewonnen zu haben, ließ auch die Frage,
was denn dem rechteckigen Megaron voraus-
gegangen sei, woher die Form der mykenischen
Kuppelgräber, der runden Felsgräber der Insel-
kultur, ziemlich ruhen, auch ohne aus der anders-
wo, z. B. in Italien, bezeugten Rundform eines
F. Noack, Ovalhaus und Palast in Kreta. früheren Hauses Analogieschlüsse zu ziehen.
Ein Beitrag zur Frühgeschichte des Hauses. Leipzig Da kam Kreta, dessen Anaktenhäuser mit
und Berlin. B.G.Teubner. 1908. 70 S. 2,40 Mk. ihrem Zentralhof, ihren Pfeilersälen und Ober-
■ Ein kleines, aber ganz vortreffliches Buch, geschossen, ihren Lichtschachten, ihrer großen
äußerst lesenswert für jeden, der über das im Regelmäßigkeit, zunächst etwas so anderes zu
Nebentitel bezeichnete Problem Anlaß hat nach- bieten schienen, daß der suchende Blick nach
zudenken. Mit. Recht hat der Verfasser in eben Ost und Südost ging, wo günstigere Bedingungen
diesem Nebentitel kein ethnisches Epitheton hin- für große Flächenentwicklung vorhanden waren:
zugefügt: denn nicht nur indirekt durch den Wert richtige Analogien für die kretischen Grundrisse
der Analogie, sondern auch ganz unmittelbar greift und für ihre konstruktiven Lösungen suchte man
dies Büchlein ein in Fragen auch historischer dort freilich auch vergebens: nur für dekoratives
Art, die die Vorgeschichte des europäischen Hauses Detail und Ausstattung erwies sich Ägypten als
überhaupt angehen. Den verehrten Namen Frl. lehrreich. Tieferes Eindringen in die Baugeschichte
Mestorfs trägt das Widmungsblatt daher auch mit namentlich von Knossos, Phaistos und HagiaTriada
ganz besonderem Recht. Lange schon hat die lehrte ältere und jüngere Bauten scheiden, lehrte
Hausforschung in unserm Norden eingesetzt, zu- aber auch die Verschiedenheiten von den fest-
erst kamen die bekannten Bücher von Henning Kindischen Bauten, die man zuerst in dem natür-