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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Dammann, Walter Heinrich: Der Ursprung des Haubenturmes
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0200

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186 Walter H. Dammann.

1597—1602, Turm in Rotsürben,

Dazu gehören vielleicht noch die Haubentürme von Groß-Kreidel,
Schloß Grafenort, um 1555?
Holzkirche in Pohlom, um 1575?
Schloß Guteborn, um 1575?

und die zweimal durchbrochene Turmspitze der Hirschberger Pfarrkirche,
die 1563 herabstürzte.
Schon diese Zusammenstellung zeigt den Gang der Entwicklung in wünschens-
wertester Klarheit. Noch 1499 ein Bau rein gotischer Form. 1534 das deutliche Be-
streben, zu Renaissanceformen überzugehen, — keineswegs verwunderlich, wenn Giovanni

Battista di Quadro 1536 das Rathaus
zu Posen erbaut. 1565 ein entwickel-
ter, komplizierter Renaissanceturm in
Schweidnitz, von einem Deutschen er-
richtet, — gleichzeitig ein ähnlicher am
Schlosse zu Brieg. Eben dieser Turm
lehrt die ganze Entwicklung verstehen.

Schon seit 1547 war in Brieg als
herzoglicher Schloßbaumeister Jacopo
Baar, Barr oder Parr, tätig, der aus
Mailand stammte.1 Ihn unterstützte
bald darauf sein Schwiegersohn Ber-
nardo Niuron aus Lugano. Die Er-
bauung des Schloßturmes wird spätes-
tens in den sechziger Jahren geschehen
sein. Da berichtet wird, er sei zweimal
durchbrochen und in Kupfer gedeckt
gewesen, liegt nicht der mindeste Grund
vor, anzunehmen, er habe sich von
den Türmen des Brieger Rathauses, das
wenige Jahre später gleichfalls von Barr
Abbildung 6. Elisabeth-Kirche in Breslau. errichtet wurde, wesentlich unterschie-

den Sicher war es eine Schöpfung des
neuen italienischen Stiles mit runden Formen, also eine durch einen Italiener erfolgte
Umsetzung italienischer Baugedanken in das Holzkupfersystem. 1572 war das Rathaus
mit seinen drei Türmen fertig und Barr erhielt die festgesetzte Bezahlung und überdies
eine Belohnung. 1576—1577 wurde noch eine Erhöhung des hinteren Hauptratsturmes
vorgenommen.

Zeigt der Schweidnitzer Turm des. Stellauf noch eine etwas drechselhafte Erschei-
nung, wahrt er im Umriß noch sorgfältig die Pyramide gotischer Turmspitzen, so tragen
die Türme Barrs dagegen das Gepräge einer künstlerisch freien, formengewaltigen
Meisterschaft. Namentlich der Hauptturm des Rathauses zeigt eine so überaus reine, edle
Gestalt, daß man aus allgemein kunstgeschichtlicher Erwägung einen fähigen Italiener
als Urheber annehmen müßte, wenn der Name eines solchen nicht überliefert wäre.

1 Vergl. auch Georg Jonetz, Brieg; in: Zeitschrift für bildende Kunst, 1894, namentlich 105 ff.
 
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