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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — N.F. 7.1940-1942

DOI Artikel:
Reitzenstein, Alexander von: Die Harnische der Neuburger Rüstkammer
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https://doi.org/10.11588/diglit.72859#0063

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DIE HARNISCHE DER NEUBURGER RÜSTKAMMER
VON FREIHERR ALEXANDER VON REITZENSTEIN

D iese Untersuchung1) setzt sich das Ziel, mit Hilfe
der aus den Jahren 1628, 1654 und 1750 vorliegenden,
ziemlich ausführlichen Inventarbeschreibungen2) die
in europäischen Waffenammlungen heute noch erhal-
tenen Neuburger Harnische festzustellen.
Ehe wir uns den Objekten selbst zuwenden, sei kurz
über die Katastrophe der Rüstkammer berichtet, ihre
Ausstreuung nach allen Richtungen der Windrose, die
uns ja eben die mühevolle und auch nur zu einem
kleinen Teile lösbare Aufgabe des Zusammensuchens
stellt.
Das Ende brachte der zweite Reichskoalitionskrieg
gegen Frankreich (1799/1800). Ein durch den General
der Rheinarmee, Moreau, veranlaßter Zugriff, über den
ein den 30. Juli 1800 datiertes Verzeichnis unterrich-
tet3), fiel noch verhältnismäßig glimpflich aus; er be-
traf hauptsächlich kleine, leicht transportable Gegen-
stände wie Degen, Pistolen, Streithämmer usw.
Der zweite, nun ausgiebige Zugriff wurde am 21. Ok-
tober 1800 durch einen im Auftrage des Artillerie-
Generals Eble handelnden Artillerie-Oberst bewerk-
stelligt4). Ein neuburgischer „Spezialbericht" vom
27. Oktober5) macht uns mit seinem Ausmaße be-
4) Das hier verarbeitete Material ist zum größten Teile
von Hans Stöcklein zusammengetragen. Der Verfasser
handelt im Sinne, er darf sagen, im Auftrage Stöckleins,
wenn er seine im Besitze des Bayer. Armeemuseums be-
findliche, meist aus Materialsammlungen bestehende wis-
senschaftliche Hinterlassenschaft der Allgemeinheit zu-
gänglich macht. Da ihm die Formulierung obliegt, die
Deutung nicht immer eindeutiger Tatsachen und ihre auch
nicht immer schon mitgegebene Verknüpfung, da seine
Formulierung eben doch seine, also eine persönliche For-
mulierung ist, muß er wohl oder übel mit seinem Namen
zeichnen.
2) „Inventarium über das fürstliche Zeug und Rüsthauss
alhier zur Neuburg Anno 1628", München, Hauptstaats-
archiv, Dreißig). Krieg XXIV Fase. 222.— „Inventarium
über daß fürstl. Neuburg. Zeug: und Rüsthauss alhie Anno
1654", München, a.a. O., Pfalz-Neuburg Nr. 128. — Das
Inventar von 1750 (München, Geheimes Hausarchiv, Nr.
2347 III) ist teilweise im Neuburger Collectaneen Blatt,
1873, abgedruckt, hier nach der im Staatsarchiv Neuburg
liegenden Ausfertigung (AB 1909 Nr. 14). —
3) „Verzeichnis derjenigen Sachen, was aus dem kur-
fürstl. Zeughaus durch den General doctor Percy der

kannt; er betraf: 9 Harnische (8 für Mann und Roß),
5 Panzerhemden, 5 Helmbarten, 14 Radschloßgewehre,
10 Radschloßpistolen, 4 Armbrüste, 4 Streitkolben,
5 Pferdebruststücke (Fürbuge) usw.
In vier Wagen wurde der Raub zunächst nach Augs-
burg abgeführt. „Solche Hinwegführung", berichtet
der Neuburger Burgvogt J. v. Bacherle an den Kur-
fürsten6), „würde vorlängst schriftlich angezeigt haben,
wenn es das Ansehen genommen hätte, daß dieselbe
einmal ein Ende nehmen sollte, gestalten ein durch-
gehends mit Silber eingeschmolzener Harnisch unter
dem Namen Wolfgang Wilhelm von dem gegenwärtig
hier anwesenden General Deberierres bereits gepackt
daliegt, um vorgeblich nach Eichstätt geliefert zu wer-
den".
Vorstellungen der kurfürstlichen Regierung an den
General Dessolle, 30. Oktober7), führten lediglich zu
einem Sistierungsbefehl an Eble, der zu spät kam, um
sich praktisch auszuwinken. Am 26. November mußte
aus Neuburg an den Kurfürsten berichtet werden8),
General Desberierres habe mitgeteilt, daß nächstens
der Commissaire Veven hierher komme, um das Zeug-
haus in Augenschein zu nehmen und das „Anstän-
franz. Armee auf vorgebigen Befehl des Obergenerals Mo-
reau herausgenommen worden. Verfaßt Neuburg den
30. Juli 1800." München, Hauptstaatsarchiv, Pfalz-Neuburg
Nr. 4150 Fol. 19.
4) Bericht der kurfürstl. Landesdirektion Neuburg vom
22. Okt. 1800 an den Kurfürsten Max. IV.Joseph: „Gestern
ist bei dem hiesigen Landesdirektions-Praesidio ein fran-
zösischer Artilleriechef erschienen und hat von dem Ar-
mee-Kommando eine schriftl. Ordre vorgewiesen, kraft
welcher derselbe aus hiesigem Zeughause verschiedene
Harnische, Gewehre, so anderes ausheben, auf Wägen
packen und nacli Paris überbringen lassen solle." —
5) „Specification derjenigen Sachen, welche von denen
Frantzosen aus dem kurfürstl. Arsenal resp. Zeughaus her-
ausgenommen und fortgeführt worden." „8 geharnischte
Rüstungen für Ritter, 8 Rüstungen für Pferde, 1 Rüstung
für einen Ritter ohne Pferd, 5 Panzer Hembder" etc.
6) 28. Okt. 1800.
7) München. Kriegsarchiv B 380.
8) Ebenda; Schreiben Dessolle's vom 16. Nov. an die kur-
fürstl. Regierung, das freilich erst die Absicht ausspricht,
an Eble zu schreiben.

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