LITERATUR
F. W. Golbach. La Bandiera di San Giorgio, Estratto dal-
l'Archivio della R. Deputazione romana di Storia patria
(Ann. LVIII). N. S. Vol. I, pp. 153—170.
[in Vatikan befinden sich aus der Kirche San Giorgio
in Velabro wegen angezweifelter Echtheit vor einigen
Jahren zurückgezogene Stücke der „Fahne des heiligen
Georg". Das größte Stück, das mit den übrigen 3 Stücken
wegen der andern Stoffart nicht zusammenhängen kann,
ist aus sehr feiner und jetzt stark angegriffener Seide mit
Einsetzung der Darstellung in andersfarbigen Stoffteilen
und — bisher als Unikum zu betrachten — in Leder. Der
rote Grund zeigt in einfacher Zeichnung Sankt Georg den
Drachen tötend und daneben die Jungfrau, sowie, fast
kaum mehr vorhanden, das Schloß des Königs, dessen
Kopf neben dem seiner Gemahlin über die Zinnen sieht.
Darüber steht in lateinischen Majuskeln vom Anfang des
14. Jahrhunderts „S. Georgius". Eine ähnliche, nur sehr viel
kleinere befindet sich in der Sakristei von Sant' Anastasia.
Volbach setzt die beiden Fahnen in Vergleich mit den
wenigen erhaltenen mittelalterlichen kirchlichen Fahnen
— davon keine in Italien — in Halberstadt, Köln, Würz-
burg (gemeint ist die Kiliansfahne), Caceres in Spanien
und in Leon zu S. Isidoro. Zur Datierung hilft nicht dieser
Vergleich, sondern die auffällige Ähnlichkeit mit einem
zerstörten Fresko in Avignon und einer Miniatur im Sankt-
Georgs-Kodex im Schatz von San Pietro in Vaticano. Vol-
bach sieht einen Zusammenhang mit dem Georgsverehrer
Kardinal Jakob Stefaneschi (gest. 1341), dessen Kardinals-
titel mit San Giorgio in Velabro verbunden war und auf
den das Fresko in Avignon zurückgeht. An der gleichen
Kirche schlug Cola di Rienzo 1347 seinen Aufruf zum
Aufstand des römischen Volkes an, und im gleichen Jahr
wurden ihm beim Zug zum Campidoglio vier Fahnen vor-
angetragen, deren Beschreibung bekannt ist, und deren
vierte wegen ihres Alters auf einer Lanzenspitze in einer
Kassette getragen wird, nämlich die des Ritters Georg. Dies
kann sich aber wohl nur auf die drei kleinen Stoffstücke
beziehen und nicht auf die damals noch ziemlicli neue
Fahne des Kardinals Stefaneschi. Über diesen Punkt
schweigt Volbacli leider. Er geht aber dann weiter sorg-
fältig auf das Verhältnis Colas zum heiligen Georg ein
und die Stellung, die der ritterliche Heilige in der Auf-
fassung Colas als sein Beschützer aucli im Kampfe gegen
den Grundadel einnahm, ein Kampf, der unter dem Motto:
„Freiheit, Friede, Gerechtigkeit" geführt wurde.
Neubecker.
Paul Martin. St. Galler Fahnenbuck. Ein Beitrag zur
Schweizer Fahnengeschichte. Mit 18 Tafeln in Sechs- und
Vierfarbendruck, nacli Aquarellen von Daniel Wilhelm
Hartmann und Paul Martin, und 80 Illustrationen im
Text. St. Gallen, Zollikofer & Co., 1939.
Nach einer einleitenden Übersicht über die Fahnendar-
stellungen bis zum 14. Jahrhundert im allgemeinen, behan-
delt der Verfasser das Siegel und Wappenbild der Abtei
und der Stadt St. Gallen im besonderen. Entsprechend
dem ältesten Konventsiegel des Klosters St. Gallen vom
Jahre 1294, das nach der Legende den sitzenden St. Gallus
dem vor ihm stehenden Bären als Dank für das herbei-
getragene Bauholz ein rundes Brot darreichend zeigt, er-
scheint auf dem eigenen Banner der Abtei bereits im 13.
Jahrhundert auf goldenem Fahnenblatt der aufrecht schrei-
tende schwarze Bär mit roter Zunge und Ohrmuschel,
rotgerandetem Auge und weißen Klauen. Dagegen stellte
die seit 1312 von der Fürstabtlichen Oberhoheit losge-
löste Stadtgemeinde, zur Betonung ihrer Unabhängigkeit,
den Bären in einem silbernen Felde mit goldenen Klauen
dar, zum weiteren Unterschiede des rot bewehrten Bären
von Appenzell.
Von dem im Historischen Museum von St. Gallen ent-
haltenen reichen Bestände von 11 Fahnen aus dem 15. u.
16. Jahrhundert, und 18 aus dem 17. bis Anfang des 19.
Jahrhunderts, neben 9 prächtigen Feldzeichen der Bur-
gunderbeute, gibt Martin, nach einer sehr instruktiven all-
gemeinen Ausführung über das alt-eidgenössische Fahnen-
wesen, eine heraldisch genaue Beschreibung der auf 6 gro-
ßen kolorierten Tafeln dargestellten 5 kleinen und großen
Panner nebst einem Mannschaftsfähnlein der Stadt St. Gal-
len von 1400 bis vor 1475. Ihnen schließen sich dann auf
einer weiteren farbigen Tafel nebst 9 Abbildungen im Text
die Fahnen der Stadt und Abtei St. Gallen, sowie die den
Landschaften Toggenburg und Appenzell i. J. 1512 von Papst
Julius II., als Dank für die im Großen Pavierzug geleistete
Hilfe, verliehenen Ehrenpanner an, welche Kardinal Mat-
thäus Schiner in Mailand anfertigen ließ. Diese hochinter-
essanten neuen Ehrenzeichen zeichnen sicli durch die in
einem Zwickelbilde im linken quadratischen Eckquartier
angebrachten religiösen Darstellungen und durcli die Hin-
zufügung der päpstlichen Insignien aus. Der schwarze Bär
des St. Gallischen Feldzeichens ist überdies mit einem gol-
denen Halsbande geschmückt.
Die darauf folgende Beschreibung der Fahnen bis zum
Ende des 16. Jahrhunderts, wozu insbesondere das noch
erhaltene Fragment eines i. J. 1529 hergestellten großen
Stadtpanners, sowie die Standarte einer Reiterformation
der Stadt Gallen aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhdts. mit der
bekannten Inschrift neben dem Bären: SY DEVS.PRO.
N.QVIS . CONTRA .N. zu zählen ist, gibt gleichzeitig
eine Übersicht über die gerade in diesen Zeitraum fallen-
den zahlreichen Kriegszüge und sonstigen Streitigkeiten.
Mit dem 16. Jahrhdt. schließt auch für die St. Galler
Fahnen die rein heraldische Darstellung des Wappentieres
ab, um im 17. und 18. Jahrhundert allmählich ande-
ren phantasievollen Interpretationen, meist mit Wellen-
linien oder Flammen in den Stadt- oder Abtei-Farben
Platz zu machen.
Den Anstoß hierzu gab die kurz nach 1600 mit der Er-
neuerung der Stadtsatzungen eintretende Verbesserung des
städtischen Wehrwesens, und die hiermit verbundene Ein-
führung des offiziellen Schweizerkreuzes als eidgenössi-
sches Abzeichen in die militärischen Feldzeichen der zu-
gewandten Stadt St. Gallen. Hiervon gewähren die noch
erhaltenen wappengeschmückten Reiterstandarten und In-
fanteriefahnen der Fürstlichen Abtei, mit ihren schwarz-
gelben Wellenlinien, ebenso wie namentlich die großen
Stadtpanner, mit den zahlreichen blau-hellgelben und vio-
F. W. Golbach. La Bandiera di San Giorgio, Estratto dal-
l'Archivio della R. Deputazione romana di Storia patria
(Ann. LVIII). N. S. Vol. I, pp. 153—170.
[in Vatikan befinden sich aus der Kirche San Giorgio
in Velabro wegen angezweifelter Echtheit vor einigen
Jahren zurückgezogene Stücke der „Fahne des heiligen
Georg". Das größte Stück, das mit den übrigen 3 Stücken
wegen der andern Stoffart nicht zusammenhängen kann,
ist aus sehr feiner und jetzt stark angegriffener Seide mit
Einsetzung der Darstellung in andersfarbigen Stoffteilen
und — bisher als Unikum zu betrachten — in Leder. Der
rote Grund zeigt in einfacher Zeichnung Sankt Georg den
Drachen tötend und daneben die Jungfrau, sowie, fast
kaum mehr vorhanden, das Schloß des Königs, dessen
Kopf neben dem seiner Gemahlin über die Zinnen sieht.
Darüber steht in lateinischen Majuskeln vom Anfang des
14. Jahrhunderts „S. Georgius". Eine ähnliche, nur sehr viel
kleinere befindet sich in der Sakristei von Sant' Anastasia.
Volbach setzt die beiden Fahnen in Vergleich mit den
wenigen erhaltenen mittelalterlichen kirchlichen Fahnen
— davon keine in Italien — in Halberstadt, Köln, Würz-
burg (gemeint ist die Kiliansfahne), Caceres in Spanien
und in Leon zu S. Isidoro. Zur Datierung hilft nicht dieser
Vergleich, sondern die auffällige Ähnlichkeit mit einem
zerstörten Fresko in Avignon und einer Miniatur im Sankt-
Georgs-Kodex im Schatz von San Pietro in Vaticano. Vol-
bach sieht einen Zusammenhang mit dem Georgsverehrer
Kardinal Jakob Stefaneschi (gest. 1341), dessen Kardinals-
titel mit San Giorgio in Velabro verbunden war und auf
den das Fresko in Avignon zurückgeht. An der gleichen
Kirche schlug Cola di Rienzo 1347 seinen Aufruf zum
Aufstand des römischen Volkes an, und im gleichen Jahr
wurden ihm beim Zug zum Campidoglio vier Fahnen vor-
angetragen, deren Beschreibung bekannt ist, und deren
vierte wegen ihres Alters auf einer Lanzenspitze in einer
Kassette getragen wird, nämlich die des Ritters Georg. Dies
kann sich aber wohl nur auf die drei kleinen Stoffstücke
beziehen und nicht auf die damals noch ziemlicli neue
Fahne des Kardinals Stefaneschi. Über diesen Punkt
schweigt Volbacli leider. Er geht aber dann weiter sorg-
fältig auf das Verhältnis Colas zum heiligen Georg ein
und die Stellung, die der ritterliche Heilige in der Auf-
fassung Colas als sein Beschützer aucli im Kampfe gegen
den Grundadel einnahm, ein Kampf, der unter dem Motto:
„Freiheit, Friede, Gerechtigkeit" geführt wurde.
Neubecker.
Paul Martin. St. Galler Fahnenbuck. Ein Beitrag zur
Schweizer Fahnengeschichte. Mit 18 Tafeln in Sechs- und
Vierfarbendruck, nacli Aquarellen von Daniel Wilhelm
Hartmann und Paul Martin, und 80 Illustrationen im
Text. St. Gallen, Zollikofer & Co., 1939.
Nach einer einleitenden Übersicht über die Fahnendar-
stellungen bis zum 14. Jahrhundert im allgemeinen, behan-
delt der Verfasser das Siegel und Wappenbild der Abtei
und der Stadt St. Gallen im besonderen. Entsprechend
dem ältesten Konventsiegel des Klosters St. Gallen vom
Jahre 1294, das nach der Legende den sitzenden St. Gallus
dem vor ihm stehenden Bären als Dank für das herbei-
getragene Bauholz ein rundes Brot darreichend zeigt, er-
scheint auf dem eigenen Banner der Abtei bereits im 13.
Jahrhundert auf goldenem Fahnenblatt der aufrecht schrei-
tende schwarze Bär mit roter Zunge und Ohrmuschel,
rotgerandetem Auge und weißen Klauen. Dagegen stellte
die seit 1312 von der Fürstabtlichen Oberhoheit losge-
löste Stadtgemeinde, zur Betonung ihrer Unabhängigkeit,
den Bären in einem silbernen Felde mit goldenen Klauen
dar, zum weiteren Unterschiede des rot bewehrten Bären
von Appenzell.
Von dem im Historischen Museum von St. Gallen ent-
haltenen reichen Bestände von 11 Fahnen aus dem 15. u.
16. Jahrhundert, und 18 aus dem 17. bis Anfang des 19.
Jahrhunderts, neben 9 prächtigen Feldzeichen der Bur-
gunderbeute, gibt Martin, nach einer sehr instruktiven all-
gemeinen Ausführung über das alt-eidgenössische Fahnen-
wesen, eine heraldisch genaue Beschreibung der auf 6 gro-
ßen kolorierten Tafeln dargestellten 5 kleinen und großen
Panner nebst einem Mannschaftsfähnlein der Stadt St. Gal-
len von 1400 bis vor 1475. Ihnen schließen sich dann auf
einer weiteren farbigen Tafel nebst 9 Abbildungen im Text
die Fahnen der Stadt und Abtei St. Gallen, sowie die den
Landschaften Toggenburg und Appenzell i. J. 1512 von Papst
Julius II., als Dank für die im Großen Pavierzug geleistete
Hilfe, verliehenen Ehrenpanner an, welche Kardinal Mat-
thäus Schiner in Mailand anfertigen ließ. Diese hochinter-
essanten neuen Ehrenzeichen zeichnen sicli durch die in
einem Zwickelbilde im linken quadratischen Eckquartier
angebrachten religiösen Darstellungen und durcli die Hin-
zufügung der päpstlichen Insignien aus. Der schwarze Bär
des St. Gallischen Feldzeichens ist überdies mit einem gol-
denen Halsbande geschmückt.
Die darauf folgende Beschreibung der Fahnen bis zum
Ende des 16. Jahrhunderts, wozu insbesondere das noch
erhaltene Fragment eines i. J. 1529 hergestellten großen
Stadtpanners, sowie die Standarte einer Reiterformation
der Stadt Gallen aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhdts. mit der
bekannten Inschrift neben dem Bären: SY DEVS.PRO.
N.QVIS . CONTRA .N. zu zählen ist, gibt gleichzeitig
eine Übersicht über die gerade in diesen Zeitraum fallen-
den zahlreichen Kriegszüge und sonstigen Streitigkeiten.
Mit dem 16. Jahrhdt. schließt auch für die St. Galler
Fahnen die rein heraldische Darstellung des Wappentieres
ab, um im 17. und 18. Jahrhundert allmählich ande-
ren phantasievollen Interpretationen, meist mit Wellen-
linien oder Flammen in den Stadt- oder Abtei-Farben
Platz zu machen.
Den Anstoß hierzu gab die kurz nach 1600 mit der Er-
neuerung der Stadtsatzungen eintretende Verbesserung des
städtischen Wehrwesens, und die hiermit verbundene Ein-
führung des offiziellen Schweizerkreuzes als eidgenössi-
sches Abzeichen in die militärischen Feldzeichen der zu-
gewandten Stadt St. Gallen. Hiervon gewähren die noch
erhaltenen wappengeschmückten Reiterstandarten und In-
fanteriefahnen der Fürstlichen Abtei, mit ihren schwarz-
gelben Wellenlinien, ebenso wie namentlich die großen
Stadtpanner, mit den zahlreichen blau-hellgelben und vio-