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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — N.F. 7.1940-1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.72859#0180

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FACHNOTIZEN

Fechtergilden im Mittelalter
Freude der Bürger an Waffenübungen führte in den
Städten schon im frühen Mittelalter zum Zusammenschluß
der Fechtlustigen. Die damals übliche Form der Gemein-
schaft war die Gilde oder Innung, die vor allen Dingen
danach strebte, vom Reichsoberhaupte anerkannt zu wer-
den. Besonders lag den Fechtlehrern oder Fechtmeistern
an einem solchen kaiserlichen Privilegium. In dem ihnen
von Kaiser Friedrich III. im Jahre 1487 zu Nürnberg er-
teilten Privilegium heißt es: „Es sey sondere Gnad getan,
daß nun hinfür allenthalben in dem heiligen Reich sich
niemand ein Meister des Swerts nennen, Schul halten (d. h.
ein Schaufechten veranstalten), noch um Geld lernen sol,
er sey denn zuvor von den Meistern des Swertes in seiner
Kunst probieret und zugelassen". Dieser Schutzbrief wurde
von den nachfolgenden Herrschern nicht nur erneuert, die
Gilden erhielten sogar von Kaiser Karl V. ein adliges
Wappen, das den Löwen, das Attribut des Evangelisten
Markus, enthielt, da sie sich nach ihrem Schutzpatron
Markusbrüder nannten. Es war ihnen erlaubt, mit dem
Schwert an der Seite und einer Feder am Hute einherzu-
gehen.
Nach mehrjährigem Unterricht bei einem privilegierten
Fechtmeister konnte sich der Lehrling zum vorläufigen
Meisterschlag melden, wurde „angelobter Meister" und
legte später in Frankfurt am Main zur Messezeit die eigent-
liche Meisterprüfung ab, die mit erheblichen Kosten ver-
bunden war. Hier mußte der Bewerber nach vielen anderen
Förmlichkeiten eine „meisterliche Probe seiner Eisenfahrt
und goldenen Kunst ablegen, das Paradeschwert schwin-
gen und die gehörigen Tritte dazu machen". Am folgenden
Tage war seine Aufgabe, ein Schaufechten abzuhalten.
Da durch fechterisch geschulte Bürger die Wehrhaftig-
keit der Stadt gehoben wurde, waren die Fechtbrüder
gleich den Schützen (Freischießen!) nicht nur von Ab-
gaben befreit, sondern man stellte ihnen noch einen
Übungsraum zur Verfügung.
Mehrere Jahrzehnte später trat eine zweite Fechtergilde
diesen Markusbrüdern zur Seite, von der wir 1574 zum
ersten Male hören, gelegentlich der „Ordentlichen Be-
schreibung des großen Schießens in Zwickau" durch Bene-
dikt Edlbeck. Ihr Privilegium mit adligem Wappen stammt
von Kaiser Rudolf II. aus dem Jahre 1607. Sie nannten sich
nach ihrem Patron Vitus oder Veit die Vitusbrüder, wel-
ches Wort später zu Federfechter verderbt wurde. Der
Vorort dieser Gilde war Prag, wo sich ja auch der St. Veits-
dom über der Stadt erhebt. Satzungen, Waffen und Fecht-
weise, Vorbedingungen, Ausführung und Feierlichkeit der
Meisterprüfung sind bis auf geringfügige Abweichungen
dieselben wie bei den Markusbrüdern. Die fechtenden Mit-
glieder der Handwerkerzünfte traten überlieferungsgemäß
entweder der einen oder der andern Fechtergilde bei. So
waren z. B. die Kürschner, die allgemein als hervorragende
und begeisterte Fechter galten, und die Tuchmacher
grundsätzlich bei den Markusbrüdern zu finden, während
Goldschmiede und Schuhmacher aller Orte sich bei den
Federfechtern einschreiben ließen.
Die Fechtregeln wurden häufig in Reimen gegeben. Als
Fechtwaffen kamen in Betracht: Langschwert, Dussack,

langer Spieß, halbe Stange, der Linke-Handdolch. Der
Dussack — es kommen auch Abweichungen in der Benen-
nung und Schreibung dieser Waffe vor — war ein breites,
oftmals hölzernes Schwert ohne Heft; statt dessen war eine
Öffnung nahe dem Klingenansatz wie ein Nadelöhr, jedoch
so groß, daß man mit der Hand hindurchgreifen konnte.
Die Holzschnitte von Tobias Stimmer in dem von Joachim
Meyer zu Straßburg herausgegebenen Fechtbuche vom
Jahre 1570 geben ein anschauliches Bild von den verschie-
denen Fechtwaffen jener Zeit. — Daß z. B. in Nürnberg
an jedem Sonntag des Jahres 1579 vom April bis Oktober
unter großem Zulauf ein Schaufechten stattfinden konnte,
zeigt, wie beliebt diese Fechtschulen beim Volke waren.
Übrigens sind ernstliche Verletzungen bei diesen Kämpfen
sehr selten vorgekommen.
Als im Laufe der Zeit die Fechtkunst verfiel und die
strengen Zunftvorschriften nicht mehr inne gehalten wur-
den, machten sich auch hier störende Außenseiter bemerk-
bar, die vielleicht niemals einer Gilde angehört hatten
oder nur entartete Abkömmlinge dieser edlen und wohl-
löblichen Zunft waren. Diese Fechter wurden Lukasfechter
genannt, vielleicht weil sie, ohne den Regeln der Kunst zu
gehorchen, wild wie ein Stier-Attribut des Evangelisten
Lukas! — darauf losschlugen. Prahlerisch unterfingen sich
diese Fechter, sich gegen jeden Gegner und jede Schul zu
behaupten. Wurde der Herausforderer „blutrünstig" ge-
macht, so hatte er den Kampf verloren, und die Sieger ver-
teilten unter sich das von den Zuschauern erlöste Geld.
Meldete sich kein Gegner oder ging der Lukasfechter als
Sieger aus diesen Kämpfen hervor, so strich er befriedigt
die Geldsumme ein. Natürlich nahmen die Umstehenden
lebhaftesten Anteil an diesem Wettstreite und begleiteten
die einzelnen Wendungen des Kampfes mit antreibenden
Zurufen. Von diesen Schaustellungen her wird sich der
noch heute oft gehörte Ruf: „Haut den Lukas!" erhalten
haben. A. Körte.
Eine mittelalterlicheHakenbüchse.Das in Abb. 1 dar-
gestellte kleine schmiedeeiserne Geschütz, das der
Unterzeichnete kürzlich auf einer Versteigerung er-
warb, ist trotz seines verdächtigen Aussehens bemer-
kenswert. Es ist nämlich aus einer mittelalterlichen
Hakenbüchse zurecht gemacht, ähnlich den in Woldegk
(Mecklenburg-Strelitz) erhaltenen Rohren1). Der Ring
um den Stoßboden, der plumpe Wulst an der Mündung
und der Schildzapfenring sind nur aufgezogen und durch
Blechbeilagen und Einkerbungen gesichert worden. Unter
dem Schildzapfenring bemerkt man außerdem noch Spuren
von Kupferlot.
Nach Entfernung dieser späteren Zutaten hat das Rohr
heute folgende Abmessungen:
Länge 953 m/m
Dicke am Stoßboden 62 m/m
Dicke am Vorderende 46 m/m
Kaliber 25 m/m
Gewicht 11,7 kg.
Das Rohr ist hinten achtkantig, auf den fünf oberen
Flächen befindet sich zwischen Achtkant und Rund ein
aus drei Rillen bestehender Fries, dieser fehlt auf den

9 ZHWK. N. F. 4. Bd. (1932) S. 42/43.
 
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