Fachnotizen
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Abb. 1. Hakenbüchse, zur Serpentineile umgebaut. 15. Jahrh. Im Besitz des Verfassers
drei unteren, ehemals durch die Schäftung verdeckten
Flächen. Das Zündloch liegt seitlich, der Ansatz für die
Zündpfanne ist noch erkennbar, diese selbst ist wohl ab-
geschlagen worden, als die Büchse in eine „Kanone" mit
oben liegendem Zündloch umgewandelt wurde. An der
Unterseite des völlig ebenen Stoßbodens ist wie bei der
Woldegker Büchse Nr. 1 noch der Rest eines Ansatzes zur
Befestigung des Rohres in der Schäftung zu erkennen.
Ein länglicher Knuppen an der Unterseite des Rohres, der
etwa 82 m/m vor der jetzigen Mündung endet, und 40 bis
60 m/m lang ist, zeigt an, daß dort der Haken gewesen ist.
Unzweifelhaft war die Büchse früher länger; die Mün-
dung ist abgeschnitten worden, als man den Schildzapfen-
ring aufziehen wollte. Das Rohr hat einen schwalben-
schwanzförmigen Einschnitt für ein Visier, der durch den
später aufgezogenen Ring am Schwanzende verdeckt war,
also älter ist als die Umgestaltung.
Vor dem Zündloch befindet sich eine 8X12 m/m große
etwa 1,'2 m/m tiefe Einschlagung, vielleicht eine Meister-
marke. Auf der Mittelfläche des Achtkants ist die In-
schrift ROROR eingeschlagen. Diese könnte zur Inven-
tarisierung gedient haben, wahrscheinlicher ist es, daß eine
bisher nicht gedeutete Inschrift vorliegt. Die Inschrift
stammt aus der Zeit vor der Umgestaltung der Büchse.
Denn der erste Buchstabe war halb verdeckt durch den
aufgezogenen Ring.
Da das Zündloch seitlich liegt, handelt es sich um einen
Doppelhaken der späteren Zeit, also etwa aus der Mitte
des 15. Jahrhunderts. Die Umgestaltung der Büchse scheint
ziemlich weit zurückzuliegen. Vielleicht wurde diese spä-
ter zu ähnlichen Zwecken benutzt wie die Woldegker
Rohre. Otto Johannsen.
Über den Guß der Steinbüchsen Bereits im 16. Jahr-
hundert war es üblich, Geschütze mit dem Stoßhoden
nach unten zu gießen, damit der durch den Gasdruck
am stärksten beanspruchte Teil des Geschützes im
Guß am dichtesten ausfiel. Rathgen hat nun die An-
sicht geäußert, daß die Steinbüchsen mit der Mündung
nach unten gegossen wurden, weil diese Art des Gusses
einfacher ist und bei dem älteren Glockenguß üblich
war1).
Rathgens Vermutung wird durch die kleine aus Bos-
nien stammende Bronze-Steinbüchse des Zeughauses in
Berlin bestätigt (Abb. 1). Die Büchse hat folgende Cha-
rakteristik:
Länge insgesamt 65 cm, Länge des Fluges 28 cm, Länge
der Kammer 25 cm, Weite des Fluges 146 mm, Weite der
Kammer 52 mm, Durchmesser des Fluges außen 180 mm,
Durchmesser der Kammer außen vorn 150 mm, hinten
175 mm, Dicke des Fluges 34 mm und Dicke der Kammer
98 mm, Gewicht 80,3 kg.
Da die Länge des Fluges das zweifache des Kalibers be-
trägt, dürfte die Büchse aus der Zeit um 1400 stammen.
Abb. 1. Bronzesteinbüchse, Kal. 14,6 cm.
Von hinten gesehen. 15. Jahrh. Zeughaus, Berlin
Der etwa 12 cm dicke Stoßboden ist infolge eines großen
Lunkers vollkommen hohl, während das Material sonst
dicht und fehlerfrei zu sein scheint. Infolge der Schwä-
chung des Bodens durcli den Lunker hat das Geschütz
hinten Risse erhalten und ist beim Schießen oder schon
hei der Probe unbrauchbar geworden.
Die Lage des Lunkers beweist eindeutig, daß die Büchse
mit dem Stoßboden nach oben, also nach Art der Glocken
gegossen worden ist. Audi für die Braunschweiger Faule
Mette von 1411 möchte ich diese Herstellungsweise an-
nehmen. Der Stoßboden ist nämlich mit seiner Dicke von
47 cm gegenüber der Wandstärke der Pulverkammer von
etwa 26 cm unverhältnismäßig dick. Man hat offenbar mit
der Schwächung des Bodens durch Lunker gerechnet und
') B. Rathgen: Das Geschütz im Mittelalter. Berlin 1928. S. 353.
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Abb. 1. Hakenbüchse, zur Serpentineile umgebaut. 15. Jahrh. Im Besitz des Verfassers
drei unteren, ehemals durch die Schäftung verdeckten
Flächen. Das Zündloch liegt seitlich, der Ansatz für die
Zündpfanne ist noch erkennbar, diese selbst ist wohl ab-
geschlagen worden, als die Büchse in eine „Kanone" mit
oben liegendem Zündloch umgewandelt wurde. An der
Unterseite des völlig ebenen Stoßbodens ist wie bei der
Woldegker Büchse Nr. 1 noch der Rest eines Ansatzes zur
Befestigung des Rohres in der Schäftung zu erkennen.
Ein länglicher Knuppen an der Unterseite des Rohres, der
etwa 82 m/m vor der jetzigen Mündung endet, und 40 bis
60 m/m lang ist, zeigt an, daß dort der Haken gewesen ist.
Unzweifelhaft war die Büchse früher länger; die Mün-
dung ist abgeschnitten worden, als man den Schildzapfen-
ring aufziehen wollte. Das Rohr hat einen schwalben-
schwanzförmigen Einschnitt für ein Visier, der durch den
später aufgezogenen Ring am Schwanzende verdeckt war,
also älter ist als die Umgestaltung.
Vor dem Zündloch befindet sich eine 8X12 m/m große
etwa 1,'2 m/m tiefe Einschlagung, vielleicht eine Meister-
marke. Auf der Mittelfläche des Achtkants ist die In-
schrift ROROR eingeschlagen. Diese könnte zur Inven-
tarisierung gedient haben, wahrscheinlicher ist es, daß eine
bisher nicht gedeutete Inschrift vorliegt. Die Inschrift
stammt aus der Zeit vor der Umgestaltung der Büchse.
Denn der erste Buchstabe war halb verdeckt durch den
aufgezogenen Ring.
Da das Zündloch seitlich liegt, handelt es sich um einen
Doppelhaken der späteren Zeit, also etwa aus der Mitte
des 15. Jahrhunderts. Die Umgestaltung der Büchse scheint
ziemlich weit zurückzuliegen. Vielleicht wurde diese spä-
ter zu ähnlichen Zwecken benutzt wie die Woldegker
Rohre. Otto Johannsen.
Über den Guß der Steinbüchsen Bereits im 16. Jahr-
hundert war es üblich, Geschütze mit dem Stoßhoden
nach unten zu gießen, damit der durch den Gasdruck
am stärksten beanspruchte Teil des Geschützes im
Guß am dichtesten ausfiel. Rathgen hat nun die An-
sicht geäußert, daß die Steinbüchsen mit der Mündung
nach unten gegossen wurden, weil diese Art des Gusses
einfacher ist und bei dem älteren Glockenguß üblich
war1).
Rathgens Vermutung wird durch die kleine aus Bos-
nien stammende Bronze-Steinbüchse des Zeughauses in
Berlin bestätigt (Abb. 1). Die Büchse hat folgende Cha-
rakteristik:
Länge insgesamt 65 cm, Länge des Fluges 28 cm, Länge
der Kammer 25 cm, Weite des Fluges 146 mm, Weite der
Kammer 52 mm, Durchmesser des Fluges außen 180 mm,
Durchmesser der Kammer außen vorn 150 mm, hinten
175 mm, Dicke des Fluges 34 mm und Dicke der Kammer
98 mm, Gewicht 80,3 kg.
Da die Länge des Fluges das zweifache des Kalibers be-
trägt, dürfte die Büchse aus der Zeit um 1400 stammen.
Abb. 1. Bronzesteinbüchse, Kal. 14,6 cm.
Von hinten gesehen. 15. Jahrh. Zeughaus, Berlin
Der etwa 12 cm dicke Stoßboden ist infolge eines großen
Lunkers vollkommen hohl, während das Material sonst
dicht und fehlerfrei zu sein scheint. Infolge der Schwä-
chung des Bodens durcli den Lunker hat das Geschütz
hinten Risse erhalten und ist beim Schießen oder schon
hei der Probe unbrauchbar geworden.
Die Lage des Lunkers beweist eindeutig, daß die Büchse
mit dem Stoßboden nach oben, also nach Art der Glocken
gegossen worden ist. Audi für die Braunschweiger Faule
Mette von 1411 möchte ich diese Herstellungsweise an-
nehmen. Der Stoßboden ist nämlich mit seiner Dicke von
47 cm gegenüber der Wandstärke der Pulverkammer von
etwa 26 cm unverhältnismäßig dick. Man hat offenbar mit
der Schwächung des Bodens durch Lunker gerechnet und
') B. Rathgen: Das Geschütz im Mittelalter. Berlin 1928. S. 353.