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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — N.F. 7.1940-1942

DOI Artikel:
Post, Paul: Ein Panzerfragment aus der Frühzeit der Brigantine
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.72859#0247

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EIN PANZERFRAGMENT
AUS DER FRÜHZEIT DER BRIGANTINE
VON PAUL POST

Bei der Entrümpelung des gewaltigen Berliner Zeug-
hausbodens 1935 kam das hier abgebildete Panzer-
fragment zutage (Abb. la), das sich nach der ihm an-
haftenden Inventarnummer als Ankauf aus der Verstei-
gerung der Sammlung Zschille 1897 auswies. In dem
von Forrer verfaßten Versteigerungskatalog ist es ab-
gebildet und als „Brigantine um 1500, vermutlich ita-
lienisch" bezeichnet. Von Ubisch, der damalige Zeug-
hausdirektor, der den Kauf tätigte, hat im Inventar
seine Erwerbung noch etwas später datiert und sie
schließlich ohne Eintragung von Gründen auf den
Boden verbannt.
Verf. hat seiner Zeit nach der Wiederentdeckung
die Aufstellung des Fragments in der mittelalterlichen
Abteilung der Zeughaussammlung veranlaßt, weil er
darin ein interessantes spätes Beispiel eines Spangen-
harnisches zu erkennen glaubte oder, wie er jetzt nacli
Thordemanns Vorschlag genannt sei, eines Platten-
rocks; seine Beweise hierfür trug er 1936 in einem
bisher unveröffentlichten Vortrag gelegentlich der
19. Ordentlichen Mitgliederversammlung in Dresden
vor1). Die letzte Stellungnahme zu dem Panzer er-
folgte im großen Ausgrabungswerk Bengt Thorde-
mans, hier kurz und ohne nähere Begründung wieder
als Brigantine des 15. Jahrhunderts bezeichnet, und
zwar als Vertreter eines Typs in der Kombination von
Harnischbrust und Brigantinenschurz, der bis ins 16.
Jahrhundert zu verfolgen sei2).
Läßt die umstrittene Bestimmung eine Veröffent-
lichung und genaue Beschreibung des Panzerfrag-
ments an sich schon erwünscht erscheinen, so ver-
pflichtete mich vor allem die Skepsis, die außer Thor-
deman auch andere Fachkollegen meiner frühen Da-
tierung entgegenbrachten, zu ihrer gründlichen Über-
prüfung. Das Ergebnis in dieser fraglos nicht ein-
fachen, aber, wie icli glaube, wichtigen Frage, das icli
hiermit der Fachwelt zur Stellungnahme vorlege, hat
mich, um es gleich vorauszuschicken, zur vollen Auf-

i) ZHWK. N. F. 5, 194 .
2) B. Thordeman. Armour from the battle of Wisby.
1361. I, 326. In einer persönlichen Mitteilung bekannte mir

rechterhaltung meines ursprünglichen Standpunktes
geführt.
Das Ilarnischfragment besteht aus zwei Bestandtei len,
einer kurzen Harnischbrust, an der sich ein lan-
ger brigantinenartiger Schurz schließt, verbunden
durch den tragenden Stoff, der siclr über Brust und
Schurz spannt, und an dessen Innenseite die Briganti-
nenplättchen angenietet sind. DieBrust ist von dünnem
Eisenblech, leicht gewölbt, mit seitlichen Ausschnit-
ten für die Arme. Die größte Breite beträgt 30 cm;
die Höhe 20,5 cm. Der Stoff, ein dünnfädiges, natur-
farbenes Leinengewebe, ist doppeltgelegt und wird
ringsum am Rande der Ilarnischbrust von kleinen,
nagelartigen Eisennieten mit flachen Köpfen festge-
halten, außerdem in der Mitte der Brust durch zwei
kreuzförmig angeordnete Nietrei,hen, die kreuzblu-
menartig enden. Dieses ist die einzige sparsame Ver-
zierung des sonst völlig nüchternen Gebrauchsstücks.
Die obere Lage der Stoffbespannung an der Brust ist
fast zu dreiviertel abgerissen. Auch von der unteren
Lage ist die Brust am rechten Bug und an der linken
oberen Ecke entblößt. Am Brustrand ist der Stoff
ringsum fast ganz abgerissen, denn am unteren linken
Armausschnitt zeigt ein überstehender gebauschter
Rest, daß die Bespannung ursprünglich vorstoßartig
um den Brustrand nacli hinten umgelegt und hier
nochmals vernietet war. Der erheblich oberhalb der
Taille beginnende Schurzteil der Bespannung in einer
Länge von 71 cm ist im Wesentlichen erhalten. De?
linke untere Schurzrand, der sicli teilweise noch um
die untersten Folgen der Brigantinenplättchen legt,
zeigt deutlich, daß es hier nicht weiter ging.
Die Stoffbespannung des Schurzes besteht aus
zwei besonderen, unmittelbar unter der Brust an die
Brustbespannung angesetzten Leinwandstücken, die,
wie auch auf der Abbildung deutlich zu erkennen, in
der Mitte zusammengenäht, auf Gehrung geschnitten
sind, so daß sie für den sicli erweiternden Schoßteil

Th., daß er sogar zu einer Datierung ins 16. Jahrhundert
geneigt sei.

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