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Ottfried Neubecker, Die Feldzeichen des unterpfälzischen Heeres im Jahre 1620
gegeben „Donnerstag den 6. Januarij Anno 1620 mir
Gabriel Geiger, burger und Mahlern in Heidel-
berg, Von Herrn Obristen, 5. Cornet und 11 Trome-
ter fahnen zumahlen befohlen worden". Der Maler ist
bisher vollkommen unbekannt, obwohl seine sehr sau-
bere und geschmackvolle Arbeit ihn bei den beach-
tenswerten Vertretern seiner Zunft einreiht. Seine
Malart, die meisterhafte Behandlung der Striche in
Gold, die sichere heraldische Darstellungsart lassen
vermuten, daß es sich um einen Wappenmaler han-
delt, wie sie in Universitätsstädten als Maler und Illu-
stratoren der studentischen Stammbücher, oft wahrer
Kunstwerke, anzutreffen sind5). Über seine Umwelt
war leider nicht mehr zu ermitteln, als was aus der
Beschriftung der nachher zu behandelnden Fahnen
des Fußvolks hervorgeht, nämlich daß er im Schieß-
graben, heute Grabengasse, in Heidelberg gewohnt
hat6).
Die fünf Standarten und die entsprechenden Trom-
peterfahnen sind nach einem bestimmten System auf-
gebaut; jede Standarte besteht aus Damast in der glei-
chen Musterung, sie hat offenbar auf beiden Seiten
die gleiche (gemalte) Darstellung allegorischer Art,
kompanieweise verschieden, und was das Wesentlich-
ste ist: Die Grundtücher derStandarten sind kompanie-
weise in einer eigenen Farbe also nicht durch das
ganze Regiment in einer bestimmten Regimentsfarbe
gehalten. Man kann herauslesen, daß in den verwen-
deten 4 Farben weiß, gelb, rot, blau, die damaligen
pfälzischen Livree-(Hof-)Farben zum Ausdruck kom-
men sollen, wie es auch in der seinerzeitigen pfälzi-
schen Schiffsflagge der Fall war7).
Die Standarte des Obersten ist selbstverständlich
weiß, wie mit geringen Ausnahmen bei allen Obersten-
Standarten und -Fahnen bis in die neueste Zeit8); sie
unterscheidet sich von den weiteren „Kornetten" auch
dadurch, daß sie eine kannelierte und nicht nur glatte
5) Die Fahnenbilder hat der Maler offenbar auf Bestel-
lung angefertigt, um Entwürfe zur Entscheidung über das
Aussehen der Standarten bzw. Fahnen vorlegen zu können.
Es würde sich also um die Vorlagen zur Anfertigung der
Feldzeichen handeln. Die Angabe des Datums würde dann
als eine Notiz über den erteilten Auftrag aufzufassen sein.
Wann der Auftrag als erledigt anzusehen war, geht hier-
aus nicht sicher hervor. Man kann aber annehmen, daß
die Herstellung der Fahnen des Regiments zu Fuß, die am
20. Januar bestellt worden zu sein scheinen, erst nach Fer-
tigstellen der Standarten — also nach 14 Tagen — begon-
nen hat. Es ist schade, daß es bisher nicht möglich war, die
Rechnung über die fertigen Fahnen und Standarten im
Generallandesarchiv in Karlsruhe zu finden, die ja wohl
das Datum der Ablieferung ergeben würde (s. Anm. 10),
6) Die Kirchenbücher Heidelbergs aus dieser Zeit sind
unvollständig. Die Einwohnerlisten von Heidelberg von
Stange hat, daß sie eine besonders gearbeitete Spitze
mit Namensbuchstaben (denen des Obersten, nicht des
Landesherrn!) sowie mit Gold vermischte Fransen und
Rundschnüre mit Quasten (statt einfarbiger im Ton
des Standartentuchs) besitzt. Die Farben aller Stan-
dartenstangen stimmen mit der Farbe des Standarten-
tuchs überein.
Die Standarten sind offenbar maßstabgerecht ge-
zeichnet. Wenn wir die einschließlich der Spitze etwa
290 mm lang gezeichnete Stange mit 2,90 m in der
Wirklichkeit ansetzen, hat das Tuch ohne die Fransen
eine Seitenlänge von etwa 55 cm im Quadrat. Den
gleichen Maßstal) auf die Abbildungen der Trompeter-
fahnen anzuwenden, ist vielleicht etwas gewagt,
denn dann würden diese (ohne Fransen) 87 cm im
Quadrat messen.
Die Trompetenfahnen sind wie die Standarten an
den drei freien Seiten (hier also rechts, links und
unten) und auch in der gleichen Art gefranst; sie be-
stehen aus dem gleichen Damast wie die jeweils ent-
sprechende Standarte (Kornett). Sie zeigen auf der
Vorderseite in der Mitte das Wappen des jeweiligen
Kompaniechefs (ein sehr weitgehendes Zugeständnis,
das z. B. in Sachsen nicht denkbar war), darüber seine
Namensbuchstaben und darunter die in zwei Teile
zertrennte Zahl „1620". Auf der (nicht dargestellten)
Rückseite steht das Bild von der Standarte mit der
Inschrift.
Die Standarten und Trompetenfahnen haben im ein-
zelnen folgendes Aussehen:
1. Das Kornett des Obersten Johann Michael von
Obentraut (Abb. l)8a): Weißer Damast, mit kleinen
roten, zu je dreien angeordneten Funken bestreut. Aus
weiß-bläulichen Wolken nahe der Stange kommt ein
golden geharnischter Arm mit geharnischter Hand
hervor, in der er ein Bündel von Waffen hält, die
allerdings soviele sind, daß die Hand sie nicht zu um-
1588 (Neues Archiv für die Geschichte der Stadt Heidel-
berg, Bd. I. 1890, S. 173) kennen verschiedene Namensträ-
ger, die aber als sichere Verwandte nicht auszumachen
sind. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht für Michel
Geiger, von Beruf „Bender", der „Uff der Ober Straß gegen
den Linnen zu" (jetzige Hauptstraße) wohnte.
7) Vgl. Ottfried Neubecker, Pfälzer Fahnen, S. A. aus
Wanderbuch des Pfälzerwald - Vereins Neustadt a. d. H.
1932, Abb. 24. In Betracht kann auch kommen, daß die
gleichen Farben die Farben des obentrautschen Wappens
sind.
8) Vgl. derselbe, Fahnen und Flaggen, Leipzig 1939,
S. 30/31.
8a ) Standarte und Trompetenfahne sind farbig in Ori-
ginalgröße der Zeichnung abgehildet in: Mannheim als Fes-
tung und Garnisonstadt. Schriften der Stadt Mannheim.
Heft 3, 1937, S. 8 und 9.
Ottfried Neubecker, Die Feldzeichen des unterpfälzischen Heeres im Jahre 1620
gegeben „Donnerstag den 6. Januarij Anno 1620 mir
Gabriel Geiger, burger und Mahlern in Heidel-
berg, Von Herrn Obristen, 5. Cornet und 11 Trome-
ter fahnen zumahlen befohlen worden". Der Maler ist
bisher vollkommen unbekannt, obwohl seine sehr sau-
bere und geschmackvolle Arbeit ihn bei den beach-
tenswerten Vertretern seiner Zunft einreiht. Seine
Malart, die meisterhafte Behandlung der Striche in
Gold, die sichere heraldische Darstellungsart lassen
vermuten, daß es sich um einen Wappenmaler han-
delt, wie sie in Universitätsstädten als Maler und Illu-
stratoren der studentischen Stammbücher, oft wahrer
Kunstwerke, anzutreffen sind5). Über seine Umwelt
war leider nicht mehr zu ermitteln, als was aus der
Beschriftung der nachher zu behandelnden Fahnen
des Fußvolks hervorgeht, nämlich daß er im Schieß-
graben, heute Grabengasse, in Heidelberg gewohnt
hat6).
Die fünf Standarten und die entsprechenden Trom-
peterfahnen sind nach einem bestimmten System auf-
gebaut; jede Standarte besteht aus Damast in der glei-
chen Musterung, sie hat offenbar auf beiden Seiten
die gleiche (gemalte) Darstellung allegorischer Art,
kompanieweise verschieden, und was das Wesentlich-
ste ist: Die Grundtücher derStandarten sind kompanie-
weise in einer eigenen Farbe also nicht durch das
ganze Regiment in einer bestimmten Regimentsfarbe
gehalten. Man kann herauslesen, daß in den verwen-
deten 4 Farben weiß, gelb, rot, blau, die damaligen
pfälzischen Livree-(Hof-)Farben zum Ausdruck kom-
men sollen, wie es auch in der seinerzeitigen pfälzi-
schen Schiffsflagge der Fall war7).
Die Standarte des Obersten ist selbstverständlich
weiß, wie mit geringen Ausnahmen bei allen Obersten-
Standarten und -Fahnen bis in die neueste Zeit8); sie
unterscheidet sich von den weiteren „Kornetten" auch
dadurch, daß sie eine kannelierte und nicht nur glatte
5) Die Fahnenbilder hat der Maler offenbar auf Bestel-
lung angefertigt, um Entwürfe zur Entscheidung über das
Aussehen der Standarten bzw. Fahnen vorlegen zu können.
Es würde sich also um die Vorlagen zur Anfertigung der
Feldzeichen handeln. Die Angabe des Datums würde dann
als eine Notiz über den erteilten Auftrag aufzufassen sein.
Wann der Auftrag als erledigt anzusehen war, geht hier-
aus nicht sicher hervor. Man kann aber annehmen, daß
die Herstellung der Fahnen des Regiments zu Fuß, die am
20. Januar bestellt worden zu sein scheinen, erst nach Fer-
tigstellen der Standarten — also nach 14 Tagen — begon-
nen hat. Es ist schade, daß es bisher nicht möglich war, die
Rechnung über die fertigen Fahnen und Standarten im
Generallandesarchiv in Karlsruhe zu finden, die ja wohl
das Datum der Ablieferung ergeben würde (s. Anm. 10),
6) Die Kirchenbücher Heidelbergs aus dieser Zeit sind
unvollständig. Die Einwohnerlisten von Heidelberg von
Stange hat, daß sie eine besonders gearbeitete Spitze
mit Namensbuchstaben (denen des Obersten, nicht des
Landesherrn!) sowie mit Gold vermischte Fransen und
Rundschnüre mit Quasten (statt einfarbiger im Ton
des Standartentuchs) besitzt. Die Farben aller Stan-
dartenstangen stimmen mit der Farbe des Standarten-
tuchs überein.
Die Standarten sind offenbar maßstabgerecht ge-
zeichnet. Wenn wir die einschließlich der Spitze etwa
290 mm lang gezeichnete Stange mit 2,90 m in der
Wirklichkeit ansetzen, hat das Tuch ohne die Fransen
eine Seitenlänge von etwa 55 cm im Quadrat. Den
gleichen Maßstal) auf die Abbildungen der Trompeter-
fahnen anzuwenden, ist vielleicht etwas gewagt,
denn dann würden diese (ohne Fransen) 87 cm im
Quadrat messen.
Die Trompetenfahnen sind wie die Standarten an
den drei freien Seiten (hier also rechts, links und
unten) und auch in der gleichen Art gefranst; sie be-
stehen aus dem gleichen Damast wie die jeweils ent-
sprechende Standarte (Kornett). Sie zeigen auf der
Vorderseite in der Mitte das Wappen des jeweiligen
Kompaniechefs (ein sehr weitgehendes Zugeständnis,
das z. B. in Sachsen nicht denkbar war), darüber seine
Namensbuchstaben und darunter die in zwei Teile
zertrennte Zahl „1620". Auf der (nicht dargestellten)
Rückseite steht das Bild von der Standarte mit der
Inschrift.
Die Standarten und Trompetenfahnen haben im ein-
zelnen folgendes Aussehen:
1. Das Kornett des Obersten Johann Michael von
Obentraut (Abb. l)8a): Weißer Damast, mit kleinen
roten, zu je dreien angeordneten Funken bestreut. Aus
weiß-bläulichen Wolken nahe der Stange kommt ein
golden geharnischter Arm mit geharnischter Hand
hervor, in der er ein Bündel von Waffen hält, die
allerdings soviele sind, daß die Hand sie nicht zu um-
1588 (Neues Archiv für die Geschichte der Stadt Heidel-
berg, Bd. I. 1890, S. 173) kennen verschiedene Namensträ-
ger, die aber als sichere Verwandte nicht auszumachen
sind. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht für Michel
Geiger, von Beruf „Bender", der „Uff der Ober Straß gegen
den Linnen zu" (jetzige Hauptstraße) wohnte.
7) Vgl. Ottfried Neubecker, Pfälzer Fahnen, S. A. aus
Wanderbuch des Pfälzerwald - Vereins Neustadt a. d. H.
1932, Abb. 24. In Betracht kann auch kommen, daß die
gleichen Farben die Farben des obentrautschen Wappens
sind.
8) Vgl. derselbe, Fahnen und Flaggen, Leipzig 1939,
S. 30/31.
8a ) Standarte und Trompetenfahne sind farbig in Ori-
ginalgröße der Zeichnung abgehildet in: Mannheim als Fes-
tung und Garnisonstadt. Schriften der Stadt Mannheim.
Heft 3, 1937, S. 8 und 9.