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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — N.F. 7.1940-1942

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Neubecker, Ottfried: Die Feldzeichen des unterpälzischen Heeres im Jahre 1620: Zwei Regimentsgeschichten aus dem dreissigjährigen Krieg
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https://doi.org/10.11588/diglit.72859#0230

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208

Ottfried Neubecker, Die Feldzeichen des unter pfälzischen Heeres im Jahre 1620

darten, nachdem er 300 Pferde beieinander hatte18).
Die Reiter waren aber damals noch nicht gemustert19).
Am 18./28. Januar soll er schon 3000 wohl bewaffnete
Reiter gehabt haben20). Zum 8./18. Februar melden
die Zeitungen, daß er einen Einfall in die Pfalz vom
Ingelheimer Grund aus vorbereite21). Über die wei-
teren Ereignisse berichtet Boehlich a. a. O. ausführ-
lich. Am 4. Oktober 1620 wurden die niederländisch-
englischen Truppen mit den pfälzischen vereinigt. Von
den niederländischen Truppen bekam Obentraut
im Laufe des Jahres 1621 einen Teil unter sein Kom-
mando, im September ging er nach Ladenburg ins
Winterquartier und blieb dort nur kurz bis zur An-
kunft Mansfelds, mit dem er am 13. Oktober 1621,
9 Kornett Reuter stark, in Mannheim erschien22). Die
weiteren Heldentaten Obentrauts, die Vergrößerung
seiner Truppenmacht, alles dies half nichts mehr zur
Rettung der verlorenen Sache seines Fürsten, der im
Juni Mansfeld aus seinen Diensten entließ. So dankte
auch Obentraut am 12. Juli 1622 seine „Cavalleria" ab.
Die Standarten, die sich jetzt auf neun vermehrt haben
mußten23), wurden nach dem Brauche der Zeit ver-
mutlich zerrissen24). Obentraut war drei Jahre später
wieder einmal in venetianischem Sold, aus dem er
im Spätsommer 1625 in dänische Dienste überging25);
dort zum Generalleutnant des Herzogs von Weimar
über die Kavallerie eingesetzt, bat sich sein Leben

18) Anhalt, geh. Cantzley, S. 258. Graf Johann von Nas-
sau schreibt am 7./17. Januar 1620 an den Markgrafen
von Ansbach, auch der untern Pfalz werde „man nicht
fehlen": „weilen dann kein geworben Volck hier unden als
Obentrauts 300. Pferdt".

19) Der Markgraf von Ansbach zeigt dem Fürsten von
Anhalt wenige Tage nach dem 7. Januar an, daß er dem
Markgrafen von Baden u. a. aufgetragen habe, 1. ein
Auge auf die Kurpfalz, 2. auf den Paß zu Frankfurt zu
haben, 3. „daß die Obentrautische Reutter bald mögen ge-
mustert werden", 4.

2°) Relationis historicae continuatio, Zeitung aus Franck-
furt, am 28. Januarij. Es dürfte sich um einen Druckfehler
in der Zeitung statt 300 handeln.

21) a. a. O.

2, Heilmann, Kriegsgeschichte von Bayern II, 1, S. 117.
Obentrauts Streitkraft wird mit 1000 Mann angesetzt, vgl.
Jac. Franci Relationis hist, semestr. continuatio zum 13.
10. 1621.

23) Der Rittmeister einer der weiteren Kompanien Oben-

trauts war ein Berlichingen, der in der Schlacht von

Mingolsheim (15./25. April 1622) gefallen ist (Relationen).

2f) Beispiele dieses Brauchs: R. Reuß, Straßburg im

dreißigjährigen Kriege (Programm Straßburg 1857) nach

der Chronik Walthers, hiernach Boehlich, a. a. O. S. 300.
Ein anderes Beispiel (den Hinweis verdanke ich Herrn Dr.

W. Fuchs, Dresden) in: Hohenzollerische Forschungen, hgg.
von Christian Meyer, 3. Jg. München 1894, S. 378 zum
22. Juni 1554.

in dem Treffen bei Seelze am 25. Oktober 1625 er-
füllt26). Obentrauts Tod war ein großer Gewinn für
seine Gegner. Mit ihm war einer der markantesten
und aufrechtesten Persönlichkeiten dieses Abschnitts
der deutschen Geschichte dahingegangen27).
Von seinen ursprünglich vier Rittmeistern ließ sich
auch dies und jenes ermitteln.
Von Johann Friedrich Schenk von Schmidburg
wissen wir nicht viel. Er ist der Sohn des Philipp Hein-
rich Schenk von Schmidburg (geb. 1556, gest. 21. 7.
1613), dessen Schwester Obentrauts Mutter war. Er
heiratete Anna Katharine von Gonheim gen. Ba-
charach oder Agathe Eckbrecht von Türck-
heim28).
Mehr wissen wir von Johann Konrad von Selbach,
dessen Leichenpredigt im Druck erschienen ist29). Er
ist am 24. August 1589 zu Zeppenfeld als das letzte
oder einzige Kind des Kraft Engelbrecht von Selbach
und seiner Gemahlin Margarete von Geispitzheim
geboren, war schon in venetianischen Diensten 1617
bis 1619 Obentrauts Leutnant und blieb mit ihm bis
zur Abdankung im Juli 1622 zusammen. Er hat sogar
den Einzug des schwedischen General de la Gardie in
Moskau (12. 3. 1610) mitgemacht. Nach der Rückkehr
aus dem Regiment Obentraut heiratete er Agathe
von Scheid, gen. Weschpfennig, mit der er einige
ruhige Jahre als gräflich saynischer Amtmann zu

25) Er ist kurz vor dem 1. September 1625 im Lager ein-
getroffen (Relationen).
26) Am 4. März 1628 wurde er unter der Fürsorge seines
Bruders Johann Niklas von Obentraut in der S. Georgen-
kirche zu Hannover begraben, wo auch Schild, Schwert,
Helm und Handschuhe des gefallenen Generals noch auf-
hewahrt werden. Ein Denkmal in der Nähe von Seelze für
ihn trägt die Inschrift „Hoc monumentum intrepido, nobi-
lissimo ac heroi Dno. Joh. Michaeli ab Obentraut, Eq.
Rhen., Regiae Dan. Mayest. C. IV Equi. tum Locumtent.
Generali, qui hie die Martis 25. 8bris Ao. 1625 fortiter
pro patr. et libert. occubuit" (Dies Denkmal dem uner-
schrockenen, wohledlen und heldenmütigen Herrn Hans
Michael von Obentraut, der Rheinischen Ritterschaft Mit-
glied, der königlichen Majestät zu Dänemark Christian IV.
Kavallerie weiland Generalleutnant, der hier am Diens-
tag den 25. Oktober des Jahres 1625 tapfer für Vaterland
und Freiheit gefallen ist.
-7) In einem Gedicht von G. C(orvinus), Professor
der Gelehrsamkeit und Geschichte zu Herborn, das auf
Selbach geschaffen wurde (s. u.) heißt es mit Bezug auf
Obentraut: „dessen Treu das fremde Gold veracht, Und
jederzeit nur hat nach Teutscher Ehr getracht".
28) Stammreihe hei J. M. Huinbracht, Die höchste
Zierde Deutschlands..., Frankfurt a. M. 1707 f.
29) F.Otto, Johann Konrad von Selbach. In: Annalen
des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Ge-
schichtsforschung, 24. Bd., Wiesbaden 1892, S. 85—95.
 
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