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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — N.F. 7.1940-1942

DOI Artikel:
Thordeman, Bengt: Der nordische Helm in frühgeschichtlicher Zeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.72859#0242

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Bengt Thordeman, Der nordische Helm in frühgeschichtlicher Zeit


Abb. 5. Helm, rekonstruiert. Grab XII, Vendel, Uppland.

archäologischen Literatur vertraut, in der er Gegen-
stand eines lebhaften Meinungsaustausches war. Er
wird an verschiedenen Stellen in Europa von Süd-
rußland bis Frankreich angetroffen und besteht sche-
matisch gesehen aus einem Ring, von dessen oberer
Kante vier oder sechs umgekehrte T-förmige Metall-
bänder ausgehen, die am Scheitel zusammentreffen,
wo sie durch eine Scheibe mit Knopf vereinigt sind.
Dieses Gerippe wird von gewölbten Eisenplatten zu-
sammengehalten, die an der Innenseite festgenietet
sind und die Öffnungen ausfüllen. In den Stirnreif
sind vorn oft Augenbrauenbogen eingeschnitten. Es
hat also den Anschein, daß ihre Konstruktion dem
Helm Vendel XIV (Abb. 2) nahesteht, aber" sie unter-
scheidet sich darin, daß die Scheitelbügel nicht in
den Stirnreif eingespannt sind, sondern ohne kon-
struktiven Zusammenhang auf ihm aufliegen und au-
ßerdem nicht bogenförmig über den Scheitel' von der
Stirn zum Nacken durchlaufen, sondern im Scheitel
enden und hier mehr oder weniger spitz Zusammen-
treffen, was dem Helm ein mehr konisches Aussehen
gibt. Der Typ ist deswegen mitunter als konischer
Helm bezeichnet, ein Name, der jedoch einem jün-
geren Helmtyp vorbehalten werden muß. Während
— Nerman hat später einige weitere Fragmente eines Span-
genhelms von Broäsen, Gemeinde Grimeton, Halland,
(Staatlichen Historischen Museum, Stockholm) veröffent-
licht in Fornvännen 1940, S.312 ff.
21) Die Ornamentik auf dieser Helmgruppe ist zuletzt
ausführlich behandelt worden von V. Holmqvist: Kunst-
probleme der Merowingerzeit, 1939, S. 128 ff. (mit Litera-
turangaben), der stark ihre koptischen Voraussetzungen
betont. Es ist hier nicht der Ort, zu erörtern, inwieweit
seine Ansichten sich mit den von mir vorgebrachten über
den Ursprung der Helmkonstruktion vereinen lassen; viel-
leicht finde ich Gelegenheit, in einem anderen Zusammen-
hang auf die Frage zurückzukommen. Nur soviel kann


Abb. 6. Helm, rekonstruiert. Ulltuna, Uppland.

Stirnband und Bügel der uppländischen Kammhelme
zusammen ein festes konstruktives Gerippe bilden, an
das die gewölbten Eisenplatten lose gefügt sind, ge-
hören die letzteren beim Spangenhelm zur konstruk-
tiven Einheit, von welcher sie nicht getrennt werden
können, ohne daß die Konstruktion zusammenfällt.
Die langwierige Diskussion über den Ursprung des
Spangenhelms21) dürfte nun vor ihrer Lösung stehen
dank einem Grabfund von Kertsch, der von W.
Arendt in dieser Zeitschrift veröffentlicht wurde22).
Zu diesem Fund gehören zwei Helme asiatischen Ur-
sprungs. Beide hängen in ihrer Konstruktion mit der
des Lamellenharnisch zusammen, da die verschiedenen
Eisenteile nicht vernietet, sondern mittels Metalldräh-
ten oder Riemen verbunden sind23). Der eine dieser
Kertscher Helme kann als Prototyp des Spangenhelms
überhaupt betrachtet werden. Entsprechend der frühe-
ren Annahme Eberts24) ist der Spangenhelm also wahr-
scheinlich in dem von einer griechisch-orientalischen
Mischkultur beherrschten pontischen Reich nördlich
vom Schwarzen Meer entstanden. Der Aufbau des
Spangenhelms aus einander gegenseitig sich stützenden
Feilen trägt ein inneres Kriterium für den Zusammen-
hang mit der Riemenflechttechnik des Lamellenhar-
nisches, die gerade durch dasselbe System gekenn-
zeichnet wird.
Kehren wir indessen wieder zum Kalottenhelm Ven-
gesagt werden, daß eine von beiden Gesichtspunkten be-
friedigende Lösung des Problems nicht undenkbar ist. —
Seitdem das Vorstehende geschrieben wurde, ist ein wei-
terer Spangenhelm veröffentlicht worden von K. H. Ditt-
mann: Ein eiserner Spangenhelm in Kairo, Germania 24,
1940, S. 54.
22) W. Arendt: Ein alttürkischer Waffenfund aus Kertsch,
ZHWK. N. F. 4, S. 49ff.
23) B. Thordeman: Armour from the Battle of Wisby, 1,
1939, S. 218 ff, 245 ff, 283.
24) M. Ebert: Die frühmittelalterlichen Spangenhelme,
Prähist. Zschr. 1909, S. 71.
 
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