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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 11.1900

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Behmer, Hermann: Wann ist die Dresdner Holbein'sche Madonna gemalt worden?
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5771#0091

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l 65 Wann ist die Dresdner Holbein'sche Madonna gemalt worden? — Bücherschau. — Personalnachrichten. 166

WANN IST DIE DRESDNER HOLBEIN'SCHE
MADONNA GEMALT WORDEN?

Nachdem dem Verfasser dieses Versuchs die Dres-
dener Holbein'sche Madonna längst bekannt war, lernte
er erst im vorigen Jahre die Darmstädter Madonna
kennen und durfte sie aufs genaueste besichtigen.

Das erste, was ihm dabei auffiel, war die Ver-
schiedenheit des Eindrucks beider Bilder. Während
in dem Dresdner Bilde ein ernster Farbenton herrscht,
in dem sich Schwarz und Rot mit dem blühenden
Fleischton und dem Weiss zu einem Accord vereinen,
tritt uns in dem Darmstädter Bilde eine starke farben-
freudige Harmonie entgegen. Anstatt des undurch-
sichtigen schwarzgrünen Gewandes der Dresdner Ma-
donna ist das der Darmstädter von tiefblaugrüner
durchsichtiger Farbe. Auch die Muschel in der Nische
hinter dem Darmstädter Madonnenkopf hat eine leb-
haftere, durchsichtiger schillernde Farbe und nun gar
der Teppich des Fussbodens in Darmstadt hat jenen
weichen plüschartigen Schimmer eines persischen
Teppichs, während der Dresdner den mehr trocknen
Ton der Rückseite eines solchen zeigt. Es ist ein
grosser Gegensatz in beiden Bildern. Das Darmstädter
hat überall das kostbare, emailleartige, durchsichtige
und schimmernde des Tons wie die ältesten Ölbilder
der van Eyk und viele Bilder des Rubens, dagegen
das Dresdner den undurchsichtigen mehr realistischen
Ton späterer Zeit.

Dr. Franz in seiner Geschichte christlicher Kunst
setzt die Entstehung des Dresdner Bildes wohl um
hundert Jahre später als die des Darmstädter und nimmt
es für eine Kopie eines niederländischen Meisters.
Herr Dr. Woltmann in seinem Werke über Holbein
nimmt für die Gestalt der Madonna mit dem Christus-
kinde auf ihren Armen des Dresdner Bildes die Hand
Holbein's in Anspruch, während er das Übrige einem
Schüler überlässt und daraus die geringere Vollendung
erklärt.

An einem Umstände möchte ich die fast gleich-
zeitige Entstehung beider Bilder nachweisen und zwar
dadurch, dass sich auf beiden Bildern derselbe Irrtum
der Zeichnung und dieselbe Verbesserung zeigt. Die
rechte Hand des links vom Beschauer knieenden Jüng-
lings auf dem Darmstädter Bilde, der den vor ihm
stehenden nackten Knaben umfängt, ist ursprünglich
zu schmal angelegt und später durch Übermalung
nach oben verbreitert worden, was man sehr deutlich
durch das Durchwachsen der dunklen Konturc und
der Modellierung erkennt.

Merkwürdigerweise zeigt nun das Dresdner Bild
denselben Irrtum und dieselbe Verbesserung an der-
selben Stelle. Es ist also das Dresdner Bild nach
meiner Auffassung zu gleicher Zeit wie das Darm-
städter gemalt. Denn die Dresdner Jünglingshand ist
zuerst genau wie die Darmstädter gezeichnet und unter-
malt gewesen, und erst nachdem der Meister auf dem
Darmstädter die Hand korrigiert hatte, ist auch die
Hand auf dem Dresdner Bilde korrigiert worden.
Wäre das Dresdner Bild später gemalt, so würde diese
Jünglingshand gleich so breit gemalt worden sein wie

die korrigierte des Darmstädter Bildes. Für beide
Bilder ergiebt sich durch das Vorhandensein desselben
Irrtums und derselben Verbesserung mit Notwendigkeit
die gleiche Zeit der Entstehung und der Vollendung.
Weimar, Dezember 1899.

Prof. HERMANN BEHMER.

BÜCHERSCHAU

Adolf Mauke, Die Baukunst als Steinbau. Basel, Bruno

Schwabe 1897.
Das Werk geht nur in einigen einleitenden und ab-
schliessenden Ausführungen dem kunstphilosophischen
Thema nach, das der Titel des ganzen Buches andeutet;
es sucht hier nachzuweisen, dass notwendig der Stein das
Ausdrucksmittel der Baukunst bleiben muss und nicht durch
anderes Material, etwa durch Eisen, ersetzt werden kann.
Im Hauptteil seines Buches aber, nämlich auf . 200 von
215 Seiten, lässt der Verfasser dies ästhetische Raisonne-
ment schweigen und giebt uns eine historische Zusammen-
stellung der Entwicklungsgeschichte der Stein-Architektur
aller Völker und Zeiten. Diese Übersicht macht nicht den
Anspruch auf neue historische Forschungen oder Grup-
pierungen , da sie aber im wesentlichen knapp und klar
gehalten ist und vor allem die Übergänge von einer Stil-
form zur anderen anschaulich darlegt, so liegt der Wert
des Buches darin, dass wir hier einmal in kurzem Zu-
sammenhang ein übersichtliches Kompendium der Bau-
kunst besitzen, das manchem, der Zusammenhänge
zwischen seinen Einzelkenntnissen sucht, sehr willkommen
sein wird. Das Werk ist reich illustriert, und wenn die
vom Verfasser gezeichneten Darstellungen auch etwas
Schwerfälliges und Reizloses an sich haben, so sind sie
doch durch ihre übersichtliche Zusammenstellung in
gleichem Masstabe wertvoll für den Studierenden. S.
Michelangelo Guggenheim: Due Capolavoridi Antonio

Rizzo nel Palazzo Dueale di Venezia. Venezia. 1898.

Tipografia Emiliana.

Eine Gelegenheitspublikation im besten Sinne des
Wortes, mit der der Herausgeber Michelangelo Guggen-
heim ein im Kreise gleich ihm kunstbegeisterter Freunde
gegebenes Versprechen einlöst, kann man mit gutem Rechte
die schönen Reproduktionen der berühmten Statuen Adams
und Evas von Antonio Rizzo nennen. Die sechs grossen,
vorzüglich ausgeführten Lichtdrucktafeln, welche die Statuen
je in drei Ansichten wiedergeben, lassen die präzise und
feingefühlte Modellierung voll zur Geltung kommen und
ermöglichen ein eingehendes und genussreiches Studium
dieser beiden charakteristischsten und hervorragendsten
Meisterwerke der venezianischen Plastik. Eine anspruchs-
lose aber inhaltsreiche Einleitung stellt die Nachrichten,
die uns die alten Schriftsteller und die neugefundenen Do-
kumente über den Künstler und die beiden Kunstwerke
liefern, sorgfältig zusammen und beleuchtet die Werke mit
dem eigenartigen Lichte, das nur aus der Kenntnis der
Umstände ihrer Entstehung und aus dem Verständnisse
der Empfindungen ihrer Zeit gewonnen werden kann. Sie
giebt uns aber auch ein wohlthuendes Zeugnis von dem
lebhaften und wahrhaft künstlerischen Interesse, das wenig-
! stens einige Personen in Italien an dem Studium und der
Erhaltung der heimatlichen Denkmäler alter Kunst nehmen.

P. K.

PERSONALNACHRICHTEN

Berlin. Dem Kunsthistoriker Dr. Georg Voss ist vom
Grossherzog von Weimar der Professortitel verliehen
i worden.
 
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