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Kunstwart und Kulturwart — 26,1.1912

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Heft 4 (2. Novemberheft)
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Müller-Guttenbrunn, Adam: Reform der katholischen kirchlichen Kunst
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Avenarius, Ferdinand: Was geschieht nach dem Prozeß Knittel?
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https://doi.org/10.11588/diglit.9024#0304

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himmel und Fronleichnamsaltäre, Fahnen und Antependien mit kostbarer
Stickerei nach modernstem Muster, Altarteppiche und hundertfältige Ge-
brauchsgegenstände der Kirche.

Auf einzelnes einzugehen kann nicht meine Aufgabe sein. Das Lr-
freuliche an der Ausstellung ist die Tatsache an sich, daß die Entfremdung
zwischen Kunst und Kirche, die viel zu lange gedauert hat, überwunden zu
sein scheint, denn es haben sich alle Künstlergruppen aus österreich an
diesem Werke beteiligt, man hat allen Richtungen feste Bestellungen zu-
gewiesen. And gerade die, die der Sezession am nächsten stehen, haben
ihre Sache am besten gemacht. Da ist ein gestaltenreiches Altarbild für
den gotischen Mariendom in Linz, das nicht stilvoller gedacht werden kann,
und doch sehen uns diese Menschen mit den Augen des zwanzigsten Iahr-
hunderts an. Eine heilige Elisabeth sieht man, die ohne weiteres als
Titelbild der „Iugend" gedacht werden könnte. Damit soll nur ange-
deutet werden, welche Zugeständnisse die Kirche gemacht hat. Sie fordert
Beseelung, fordert Würde; das Wie gibt sie nun frei, der Persönlichkeit
des Künstlers zieht sie keine Schranken, sobald sie ihn nur selbst als einen
Echten anerkennt, der das richtige Gefühl für seine Aufgabe mitbringt und
jene Liebe, die zu allem künstlerischen Schaffen gehört.

Es scheint der katholischen Kirche, die durch Iahrhunderte im Mittel-
punkt aller Kunstübung stand, ein wenig bange geworden zu sein vor der
Verantwortung, die sie auf sich lädt, wenn eine ihrer schönsten Äber-
lieferungen allgemein gültiger Art verloren gehen sollte. Sie will jetzt,
daß wieder solche Werke für sie geschaffen werden wie in vergangenen
Zeiten, Werke, nach deren Mitbesitz es jeden gelüstet, sei er nun Christ,
Iude oder Heide. Ob sich das, da die Grundstimmung der heutigen Welt
nun einmal eine andere geworden, wieder erreichen läßt, ist eine andere
Frage. Vermerkt zu werden verdient der Versuch auf alle Fälle.

Adam M ü ller-G uttenb runn

D

Was geschieht nach dem Prozeß Knittel?

ie Hoffnung, daß die Erscheinungen des „Falles Knittel" zu
sirgendwelchen Taten, mindestens doch zu energischen Klärun-
gen sühren würden, ist bis heute unersüllt geblieben. Einem
vaterländischen Denken aber, wie wir es vertreten, wäre ein Vergessen-
lassen solcher „Fälle" von allen Möglichkeiten die mindest erwünschte, denn
sie bedeutete ein Nichtbeachten der Shmptome von Krankheiten am vater-
ländischen Körper. Deshalb geben wir heute dem Einsender der folgeuden
Ausführungen das Wort. Ohne uns in allem mit seinen Ansichten zu
identifizieren. Sondern mit der Bitte: man widerlege ihn.

Ams also wird geschrieben:

„Es wird, so scheint es, nicht mehr lange dauern, und die Militär-
aufsicht wird der Polizeiaufsicht ebenbürtig an die Seite treten. Es ist
aber der berechtigte Wunsch jedes ernst denkenden Staatsbürgers, welcher
Partei er nun angehören mag, daß jegliche geheime Verfolgung
solcher Art zu entsallen habe. Während man von allen Seiten den Ruf
nach möglichst geordneter öffentlicher Rechtspflege vernimmt, sind manche
Regierungen bestrebt, die letzten absolutistischen Reste, welche sich in der
Heeresverfassung vorfinden, nicht nur zu erhalten, sondern sogar aus-

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Kunstwart XXVI, ^
 
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