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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 21.1927

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Berger, Klaus: Sprachästhetik bei Strich und Gundolf
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https://doi.org/10.11588/diglit.14169#0048

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III.

Sprachästhetik bei Strich und Gundolf1).

Von

Klaus Berger.

Eine Untersuchung des ästhetischen Gegenstandes muß sich in
gleicher Weise auf die Phänomene der bildenden Kunst wie der soge-
nannten Literatur erstrecken. Das Gemeinsame liegt eben in der ästhe-
tischen beziehungsweise künstlerischen Ansprechbarkeit, die in dem
Inhaltlichen die formale Gestaltung im weitesten Verstände auf-
leuchten läßt. Ein Gebot methodischer Sauberkeit muß es jedoch blei-
ben, darneben das Unterschiedliche in der Gegebenheitsweise nicht zu
verwischen. Ein Werk der bildenden Kunst kann ich genießen — es
bleibe dahingestellt, ob ganz richtig — ohne von seiner entwicklungs-
geschichtlichen Stellung, ja auch nur von seinem subjektiven Aus-
druckswert, von dem Enthusiastischen oder Klagenden, das der Künstler
in es hineingelegt hat, unterrichtet zu sein. Ich kann an einer Malerei
des Watteau etwa rein den Wohlklang der Farben, das Auf- und Ab-
steigen der Linien, ihre Betontheit oder das langsame Verblassen, ja
noch das Hineinschweben des Raumbildes in die Tiefe genießen, mich
in diese Dinglichkeit hineinknien, ihr nachgeben und von allem anderen,
was an Watteau mitschwingt oder was ich wissen könnte, abstrahieren.
Und doch bekomme ich damit eine bestimmte ästhetische Gegenständ-
lichkeit schon zu fassen. Bei der Dichtung geht das so nicht. Der
Wortleib eines Gedichtes — selbst späte schon dunkelnde Strophen
Hölderlins genommen — wird zur ästhetischen Gegenständlichkeit,
indem ich an ihm einen Sinn wahrnehme. »Im Winde klirren die
Fahnen«. Das wird in seiner künstlerischen Intention im Genießen der
Tonmalerei, der Tonhöhe und Zusammensetzung (die vier hohen Is,
der Abfall im A) und endlich in der Rhythmik erst deutlich, indem
(nicht: nachdem!) ich auf Dinge, Gegenstände oder Vorgänge hin-
durchsehe. Abstrakte Lautreihen lösen keine ästhetische, höchstens
eine der Situationskomik entwachsende Wirkung aus; dies ist übrigens
der Grundirrtum der Dadaisten. — Indem das Wort also die Doppel-

Die Anmerkungen befinden sich am Schluß der Abhandlung.
 
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