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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Editor]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 7.1882

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Brunn, Heinrich von: Marmorköpfchen aus Meligu
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https://doi.org/10.11588/diglit.35009#0138

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MARMORKOEPFGHEN AUS MELIGU

Rundköpfchen die Folgerung ziehen dürfen, dass auch der
Kopf des Reliefs, wenn nicht sicher, doch aller Wahrschein-
lichkeit nach für bärtig zu halten ist.
Eine Gemeinsamkeit der Grundanschauungen ist also un-
verkennbar; doch ist zuzugeben, dass die etwas fortgeschrit-
tenere Entwickelung in dem Köpfchen mehr geeignet ist uns
über die Natur des Reliefs aufzuklären , als dass das Köpf-
chen durch das Relief neues Licht erhielte. Zu einem besseren
Verständniss werden wir der Vergleichung von Rundwerken
nicht entbehren können , deren wir jetzt in Folge der olym-
pischen Entdeckungen bereits eine grössere Reihe besitzen.
An den Anfang derselben setzen wir den Kolossalkopf aus
Kalkstein, den man als dem Tempelbilde des Heraeon ange-
hörig betrachtet (in der photographischen Publikation über
Olympia IV Tf. 16 u. 17). Dem Wesen dieses Kopfes ent-
spricht es wohl am meisten, wenn wir ihn den Incunabeln
der Kunst zuzählen. Es liegt in diesem Worte der Begriff
des Unentwickelten, und gewiss herrscht in jenem Kopfe kein
so ausgesprochenes stylistisches Prinzip, wie z. B. trotz des
entschiedensten Archaismus in dem Relief von Chrysapha.
Und doch, vergleichen wir ihn mit dem noch nicht publizir-
ten, aber durch Abgüsse bekannten archaischen Athenekopf
von der Akropolis, so lässt sich ein scharfer Gegensatz der
künstlerischen Auffassung nicht verkennen: im Athenekopf
ein kräftiges Hervorquellen vollsaftiger Formen von innen
heraus, ein fleischiger Charakter; im Kopfe der Hera ein Be-
tonen der harten, festen Formen der Knochen, eine gewisse
Trockenheit in dem Einkerben und Herausschneiden der Haare,
der Augenränder, der Lippen. Hand in Hand damit geht eine
prosaische Nüchternheit der Auffassung, die in der Behand-
lung des Einzelnen mehr nach portraitmässiger Individua-
lisirung als nach idealisirender Verallgemeinerung der Form
strebt. Nur in der Gesammtanlage zeigen sich die Keime des
peloponnesischen, auf den architektonischen Aufbau des Gan-
zen gerichteten Bildungsprinzipes, wenn auch z. B. in der
 
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