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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 20.1904

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Heft 1
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Kempfle, M.: Architekturbilder aus Bayrisch-Schwaben
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https://doi.org/10.11588/diglit.44901#0015

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1904

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 1

Günzburg.


Betreten wir den großen Marktplatz, so dehnt sich vor
uns eine malerische Perspektive aus; harmonisch reihen sich
die alten, meist grauen zwei- und dreistöckigen spitzen Giebel-
häuser aneinander, vor denen das frische Grün der auf beiden
Seiten des Platzes sich hinziehenden Baumreihen besonders
freundlich wirkt. — Den schönen Abschluß des Ganzen bildet
das Stadttor.
Interessante Werke der Baukunst sind insbesondere die
Pfarr-, Frauen- und Hofkirche.
Die katholische Pfarrkirche stammt in ihren ältesten Teilen
aus romanischer Zeit, und ist wahrscheinlich im 12. Jahrhundert
als dreischiffige Basilika erbaut worden. Im Laufe der Zeit
wurde sie infolge Platzmangels vergrößert und im gotischen
Stile umgebaut. Im Turme stecken die Reste der schon er-
wähnten von den Römern an der Günz erbauten Befestigung.
Als die Kirche zum ersten Male umgebaut wurde, entfernte man
den kurzen romanischen Helm und setzte den jetzigen gotischen
als achtseitige Pyramide auf. Um das Jahr 1680, sowie später
wieder im Jahre 1843 wurde die Kirche abermals umgestaltet;
doch das ehrwürdige Gotteshaus wurde dadurch leider nicht
verschönert, sondern gänzlich entstellt. Endlich in den Jahren
1880 1890 wurde sie in ihrer jetzigen Gestalt hergestellt.
Der mächtige, imposante Bau der Frauenkirche, der
weithin sichtbar auf der Höhe steht, ist allerdings nicht ganz so
alt wie die Stadtpfarrkirche, aber seine Geschichte ist ebenfalls
wechselvoll genug. An der Stelle des jetzigen Gotteshauses
wurde um das Jahr 1380 eine Kapelle zu Ehren Mariens er-
baut Am 8. Mai 1735 wurde dieselbe bei dem grossen Brande,
der 175 Häuser einäscherte, zerstört, doch begann man den
Wiederaufbau schon im Juli desselben Jahres. Die jetzige
Frauenkirche, nach dem Stile Vignolas in prunkendem Zopf-
geschmack hergestellt, erscheint als ein einheitlich durchgeführter
Bau, hat trotz der ungewöhnlichen Breite keine Stützen im

Kirchenraume und ist mit einem sehr flach gehaltenen und
mit Freskogemälden geschmückten Gewölbe abgeschlossen.
Um den Chor sind die Sakristeiräume, über diesen im Inneren
Galerieen gelagert. Das Schiff hat auf beiden Seiten Aus-
bauchungen, während auf der Westseite zwei Emporen über-
einander angelegt sind. An der Südseite befindet sich der


Schloß in Leipheim.
Turm, dessen altem Unterbau ein Achteck mit einer hübschen
Kuppel aufgesetzt ist.
Gegenwärtig wird das Gotteshaus, das einen bedeutenden
Kunstwert repräsentiert, von tüchtigen Künstlern unter Ober-
aufsicht des Kgl. Konservatoriums der Kunstdenkmäler und
Altertümer Bayerns, vollständig erneuert.
Die Hofkirche wurde in den Jahren 1578—1580 von
Erzherzog Ferdinand erbaut. Berühmte Künstler arbeiteten auf
Anordnung des Bauherrn an der Ausstattung der-
selben, namentlich der Maler Fontana.
Auch später wurde die Kirche durch die Mark-
grafen beständig verschönert. Als die Franzosen
im Jahre 1702 das Schloß abbrannten, wurde auch
der größte Teil der Kirche zerstört, doch erfolgte
bald deren Wiederherstellung.
Der Hochaltar und der an der Westseite ge-
legene Seitenaltar sind im Barockstil angelegt, wäh-
rend der andre Seitenaltar an der Ostseite und das
Gewölbe im Renaissancestil gehalten ist.
Die Fassaden, sowie die um den anliegenden
weit ausgedehnten Hofraum sich gruppierenden
Schloßgebäude sind in schlichter Weise mit ge-
malten Fensterbrüstungen, -einfassungen und Ge-
simsen geschmückt und die großen Wandflächen
durch Felderteilungen belebt. Sie machen auf den
Beschauer einen überaus günstigen Eindruck.
Leipheim.
Ungefähr vier Kilometer donauaufwärts von
Günzburg entfernt liegt das Städtchen Leipheim.

Schloß in Leipheim.


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