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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt (61): Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1919 (September bis Dezember)

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Nr. 202-227 (1. September 1919 - 30. September 1919)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3728#0117
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61. Iahrgang - Nr. 220

kzeiöelberger Zeitung

Montag, 22. Leptember 1919




r Vke „vadksche post" erscheknt an jedem Wochentage mittaas 12 Uhr und kostet bel
Z jeder postanstalt monatlich Mk.1.66, vierteljährlich Mk. 4.93 ausschließlich Iustell-
Z gebühr; üurch die Kgenturen oder die Trägerinnen frei ins kaus monatlich Mk.1.75.
z kjauptschriftleiter: Uurt Fischer.




Knzeigenpreis: d!eZ5mm breitcPetttze!le oder der^nRaum35 pfg.,imReklamen- r
teil die75mmbreitepetitzeile i2opsg.,mitplatzvorschriftr<opfg.Veiwiederholungen r
Nachlaß nach Tarif. Im Linzelverkauf kostet dte „Vadische post" in heidelberg IVPfg., t
auswärts I5pfg. ,

wochenbeilage: Oer Vorn

Landesorgan öer veutschen liberalen Volkspartei Vadens

Hauptschriftleiter und verantwortlich für den politischen und volkswirtschaftlichen Teil Kurt Fischer, für das

Feuilleton, Kunst und Wiflenschaft, Theater und Musik, Neues aus aller Welt und die Unterhaltungsbeilage
Iulius Kr.a e m er, für Baden, Oertliches und Literatur Fri 1z Gandenberger vonMoisy, für Turnen

Spiel und Sport Alfred Sch mitz, sämtlich in Heidelberg. Fernruf 182. - Berliner Dertretung: Berlin>V5v,
Bambergerstr. 1. Fernruf AmtKurfürst 318. - Für denAnzeigenteilverantwortlich Alfred SchmitzinHeidelberg.
Fernruf82. - Druck und Verlag : Heidelberger Verlagsanstalt und Druckerei G.m.b.H. Heidelberg, Hauptstr. 23.

Das Wichtigste vom Tage

Auf Llovd Eeorge soll dieser Tage ein
Nevolver - Attentat ausgefilhrt worden
sei». ^ ^

Zn Wien wcrd^n DoLumente veröffent-
licht. die Deutschland von der Schuld am ttriege
e n t l a jt e n.

B-i den in verschredenen Orten Braun-
schweigs veranstalteten M a g i st r a t s w a h -
len ljaürn die Nnabhängigen schwere Nie-
1 celagen erlitten.

Die italienischen Postüeamten droüen bei
Nichterfiillung grwissex Forüerungen mit sosortr-
em Generalstr eik.

Mnstafa Kemal Pascha, der Organisator
er Erhebung in Anatolien, hat an die en-
tentesreundiliche Negierung in Konstantinopel cin
rlltimatum gsrichtet, sich ihm anruschließen oder
ruriickrutreten.

Das australische Parlament hat den
Friedensvertrag ratifizrert.


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^ 2. 2

Aus Vaden

Heute nacht 12 Llhr traf der zweite Tranoport
deutscher Kriegsgefangener im Durch-
rangslagerMannheim an. Es warcn
1225 Mann. die aus einenr amcrikarrischen Gefan-
genenlager bei Dijon kamsn.

Jn M a nn heinr wurde eln Vadisch - p fä l-
zischer Katholikentag abgehaltcn.

Eine Verschwörung gegen das
englische KabineLt?

Attentat aus Lloyd Ceorge
Eigcner Drahtbericht der „Badischeu Post"
Kopenhagen, 22. -Sevt. Jn hicsigen d'.plomatr«
schen Krcisen wird cine aufsehenerregende Nack,-
richt aus Lodon cifrig besprochen. von drr die
eugli.che Prefle aus leichterklärlichen G'ünden
bisher keine Kunde geben durste. In dcr
britrschen Hauptstadt ist cine Berschwörung
reoolutionärer Arbeiter gegen die Ne-
sierung entdeckt worden. Ein Minenarbeiter aus
Wales, namens Ramsay soll nun an cinem der
letztcn Tage, als sich der Premierminister mit sej-
nenr' Sekretär im Wagerr nach dem Auswärtigen
Amt begab, aus osfener Straße gege« Lloy>^
E,eorge mehrere Revolverschüsse obze.
geben haüen. von denen aber keiner traf. Der At-
tentäter wurde sofort vrrhaftct. Bei seinex Verneh-
«lung soll er nnch dcm Grunde des Anschlags gefr««t
crklärt habcn. er habc den Urheber u. das Haupt

edr kapitalistischen Fluch - Politik Eng-

lands unschädlich mcrchen wollen. Solange diescr
am Ruder blerbe, wrrde in d-cx Welt kein Friede
sci,r. Er, Namsay. sei nur ciner von Viclen der
Verschrvorencn, die nicht eher ruheir würde,r, bis
a! le Mitglieder dex ietzigen Negicrung
entscrnt märcn und Männern Platz gemocht
l'ätten, die in ccht sorialistische« Geistc eine v ö l-
l'g ncuePolitik und Völkerversöhfl
"ttttg ,u vcrfolgen bestrcbt scien. Namsay ver-
sicheet wciker. das, gcnug Nachsolger für if„, in die
. Brejche zu springen brrcit wären. Dicse Acuße-
rungen habrn naturgeinäß im Schohe der Ncgie-
rung w:e eine Bsmbe eingeschlagen. Die Stellung
dcs jctzigen britischen Kabinetts gilt ernstlich als
cr'chüttert.

Gerucht vom Nücktritt Lloyd Eeorges

Das Kopeichagener Blatt Klokkenfünif meldet
in o'cnem Vrjv.attelegrcrmm aus Lonldon, -Lloyd
^oxge haLe dem König seine Demission
cii'.gerc-cht. Eme Bestät'.gmig der Nachricht liegr
>^ch nicht vor.

Vie polnisthe Gefahr

Vedenkliche Verzögerungen!

(!) B-rlin. 22. Scpt. Wie unser Berliner Ver.
trctcr hört. wird die Lösung der Oberschle -
sischen Frage infolge dcr Unst i m m rgk e i-
ten zwischen dcr Neichsrcgierung und der Preußi-
schen Staatsregicrung eiue beträchtliche Vev-
zögeruug eefahren, sodaß der vorgesehene Ter-
min vom 1. Okkober siir die Einführnng der Auto«
nonrie in Oberschlesien aus ft'ühestens 20. Oktobex
verschoben werden muß. Jn der Neichsregie-
rung ist man der Ansicht, daß sos chnell wie mög-
lich eine Einigung'.lier'bcigesUhrt w:rden muß, wi-
drigenfälls O b e r sch les r e n fiir D^utsch-
l.'.nd verloren fei. Em Nachgebrn des Preutzi-
schcn Kabmetts ist augenblicklich „och nicht festzu.

stellcn.

Die dcutsch - polnischen Aerhandlungen
Bon unscrem Berliner Vertrcter
(!) Berlin, 32. Sevt. Wie m'irl von suistänÄi-
gor Seite erfahren,^bestätigt stch unseve JnformL-
tion übsr die Wklderauifnaihme der''dc-utsch - polckr-
schen Bevhanidlmngon. Korf«nty, drr von der
volil')Heir Rc.vierung dio Vollmachtc-n sur Fortfüh-
rmrg der Bcvatungriir erha'ltan wird. dürfte Ende
Älescr Woche -d:o einl.ilondcm' -Schritte bei der
deuttchen N'giecmrg untcrnelim-en. M>ie destvmmt
vcrliautet, sollcn d'e nen-cu Veahanldl'ingc.n eine
meitgehende Klä r. u n g der dsut'ch-polnlisch.n
wirttchaftlichen und Vei.kehrs-Besiehn.ngen. ibringon.

Das bcdrohte Osipreusjen
Eigener Drahtbericht dcr „V-cdischen Post"

^ -Menstein (Oiswreußen), 22. Sevt. Eine
auf dckn Kirchb -ergo 'bei -Marikabowa iin Miasu-

ren vevanstaltete, von vielen Tausenden von allen
Partstailgehörigen basuchte Vorisainmluilg, nahm
n-ach einem Vortvirge des Dichters Dr. Fritz Sko w-
ronnek e(ne Ent.chli-chuilg an, in der es he «t:

„Ostpveußeirs Ernte und damit die Ernährung
dex sanzen vom Reiche abgeschnittenen Provinz iit
gesährdct, wenn die deutsch-e Regi-eruwz unisere Gc-
treiocivorräte. von denen schon jetzt große Mengen
duM Schnruggc'l.;nach Polen verlo.en gehLn, mis
abnimmt uuld ms Reich schafft. Die Gefahr ei-
ner Berauü un g dcr Transporte durch vol-
nischs Westpveuißeil uad nicht subrtzt di: sürch-
terliche Kohlen no t nöt'igen u'ws gegcn diese
Absicht dn R.üch-regierung scharfen Einspruch 'u
erhebsn. Die Oswreutzen können den Ueberlschutz
irhes Qande-s nu-r dann abseiben, wenn idiie Reichz-
rszierung sie dMr geniügend mit Kohlen u« Id Kcrli
uinid crwd^ren Düngenritteln verisorgt

ZwciiteiV vc-rlangen Ostpxeutzens Vewohncr von
>dor Redchsregierung ausre'chenden milrtäcischen
Schutz gegcn Uebergrifse der Polen, d'e mit s o-
ßcr Beschleunigung Tkluvpcnmafleil je'rseits de.
Grcnze anhäusen. Die Masureu im "lbstlmmungs-
gebiet wollen nicht dos Schicksal Oberschtesicns er-
leidcn. noch weniger eine Wiederholung dcr
Greucltatcn erleben, d':e im Winter 1014—15 von
ihnen erduldet werdcn mußt n. Jn Treus zum
Dcutschtum und N e i ch weudcn w.r uns
du-vch nlchts^maittün- m-achcn laflon. crwartcn da
für abcr auch vam Ncich sn?rg!-schen Schutz uirsorer
Vrnahrung und unseres Landes."

Dies-e Eiltschlisßnng wuckde telegrophisch air den
Rcchskauzilor. un-d -demr Obrrpräsidsitten Winnig
llibcrm'lttolt.

* Die Sckandlüirtschaft der S.-Näte. Der teil-
Deise beleglose GelLvcrbrauch der Soldatenräte
^es chmaiigeil 18. Armeekorps beträgt der ..Köln.
Ätg sufvlge anderthalb Millioncn Mark.

Schwere Mederlage der
Uuabhängigen

Vraunschweig, 21. Sept. Vci den heute in
Braunschwcjg. Wolfeubüttel. Hclnrstadt und Bad
Harzburg vorgenommenen Maq stratswahlen haben
die Unabhänq'lqen eine völliqe Niederlaqe erlitten.
Zn der Stadt Braunschweiq wurde der bisherige
Oberbürgcrmeister gegcu dro Kandidaten der Un-
abhängkgru mit überwältigender St.mmenmehrheit
wiedergewählt.

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(.) Berlin, 22. Sept. (Priv.-Tel.) Jn Ham-
burg versuchten die Unabhängigen den Anschluß
o.n die iil Halle gsgründete Näteorganisa-
tion durchzusetzen. Ihr Antrag wurde a b -
gelehnt u. damit die wirtschaftliche Vetätigung
der Betriebsräte anstatt ihrer hi-sherigen einsei-
tigen poütischen Agitation sichergestellt.

Die Deutschen können nach China
zurück!

Versailles, 22. Sept. Nach einer Mittedlung
aus London ist es wahrscheinlich. ,daß die chine -
sische Negierung betreffend die deutschen
Untertanen alle Einschränkmrgcn fallen läht, so-
daß die Deutschsn. die in Ch;na gewohnt haben,
wieder zurückkehren können. Allerdings hört die
Exterritorialität auf. Die Deutschen werden der
chinesischen Gerichtsbarkeit unterstehen. Sie kön-
ncfn keine Waren mehr m!t dem Wertzoll von h
v. H. einführen. sondern müssen die gleichen Zölle
zahlen. wie die Länder. die mit China keinen Ver-
trag geschloflen habsn.

Leichtes Steigen der Markvaluta

Amsterdam, 20. Sept. Infolge neutraler An-
käufe von etwa 140 Milltonen deutscher Bank-
noten an den Börscn Amsterdam und Rotterdam
stieg die deutsche Valuta von 8,60 auf
9,22 Gulden und erreichte später die Höhe von
9.55. ^ »-

D'Annunzios Streit

Bern, 21. Sept. Die italienische Negivrung hat
den Kommandanten der 8. Armeo de Robi-
lairt, seines Postens enthoben- weil er es ve-r-
säumt hat, rechtzeitig Maßregeln zur Abwehr des
Handstretchcs auf Fiume zu ergreifen. An setne
>->telle tritt der in Armee und Flotte sehr populäre
Admiral Cagni. von deflen Tatkraft die Regie-
rung die Lösung des Falles crhofft. Jnzwtschcu
treten immer neue Truppenteile zu d'Annunzio
Uber. Trotz der Blockade wird Fiume von den
venezianischen Häfen mit allem Nötigen versorgt.
Gestern ist ein aus 30 Wagen bestehender Eisen.

bahnzug. voll mit Lebensmitteln geladcir, dort an-
gekommen. Es lüßt NÄ nicht leugnen. daß Heer
und Marine in ihrer Mehrheit zu d'Annunzio ste
hen, der dec Bewegung immer größere Ausdehnung
zu geben sucht.

Der Frieden mit Bulgarien

Der Friede mit Bulgarien ist nach demsel-
ben Plane entworfen. wie mit Oesterreich.
Dte Bcstimmungen über den Völkerbnnd. die Sank-
tionen, die Luftschiffahrt und die Arbeit sind die-
selben. Die N o r d g r e nz e - Bnlgariens gegen
Rumänien wird geündert. Im Wosten bleibt
sie gegen Serbien im allgemeinen die alte. Stru-
mitza mit den angrenzenden Bezirken und einige
andere kleinere Landstriche werden dem serbisch-
kroatischen Staate etnverleibt. Die Abänderung
imSüden wegen der Gebiete. über deren ZuteU
lung später entschioden werden w'rd. läßt die
neue Grenze von einer Ltnie ausgehen, deren Aus-
gangspunkt acht Meilen südwestlich von Kaslik
ltegt. die in Kiltik endigt. Arbafloni und Dari-
dere bleiben bulgarisch. Die Linie durchschneidet
die Verge Kartal Dagh und Tokaischi Dagh. Im
Siiden und Osten werden unbedeutende Verände-
rungen vorgenommen. Die polrtischen Bestim-
mungen verlangen. daß Bulgarien den serbisch-
kroatisch-slowenischen Staat anerkennt. Ein Ans-
schuß aus fünf Alliierten und je einenr Serben
und Bulgaren w'.rd die Grenzlinie im Geländs
festlegon. Die bulgarischcn Staatsangehvrigen,
die nach dem 1. Ianuar 1910 sich in dem an den
ferbischen Staat abzutretenden Gebiet niederlie-
" ßen, erhalten die serbische Staatsangehörigkeit nur
auf Ermächtigung dieses Staates.

Das „Allgemen Handelsblad" meldet aus Lon-
don: Anläßlich des Friedens mit Bulgarien wür-
den unge.sähr 2 Milltomen Bulgaren unter
nichtbulgarische Herrschaft kommen. Da-
zu schreibt „Daily Chronicle": Diese Vorlet-
zung des souveränen Prinzips set sehr ernst. Auf
diesenr Wege könne man am Balkan keinen
Frieden erreichen. und es sei um so weniger
erne Entschuldigung dafür vorhanden. als Erte-
chenland und Serbi-en ohnehin ihre Kriegsziele
erretcht hätten. ''ü

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Bersailles. ^l. Scpt. Der größte Teil der bul-
aarischen Friedensdelegierten unter Führung des
Ministerprasidenten Theodorow hat gestern
abenh Paris verlaflen. um mit der Negierung
von Sofia über den Friedensvertrag zu iierhan-
deln. Vor der Abkeiss erklärte Theodorow e nem
Vortreter des „Petit Iournal", er glaube nich 1,
datz dle territorialxn Fri'edensklauscln angenom-
men werden könnten.

* Erey hät gestern die Neise auf seincn Bot-
fchafterposHen !n Mashington angetreten.

Wiener Enthüllungen

Der Wiener Ministerrat vom
7. Iuli 191?L

Die „Enthüllungskampagne", die der Neichs»
finanzminister in der Nationalversammlung einge-
leitet »nd der Wiener „Morgen" fortgesetzt hatte,
findet jetzt jenseits der früher schwarz-gelben
Ostenzpfähle eine weitere Fortsetzung. Die Wie-
ner „A r b e i ts r*z e i t u n g" veröffentlicht das
Protokoll des Ministerrats, vom 7. Iuli 1914. aus
dem hervorgehen soll, datz die habsburgi-
sche Regierung den Krieg beschlosen hatte.

Der Bericht der „Arbeiterzeitung" bringt
an sich keine neuen Momente. Daß Oesterreich-Un-
garn zum Krtege mit Serbien unbedtngt ent-
schlossen war, ist bekannt. Der Bericht der „Ar-
beiterzeitung" unterstreicht, daß man in Wien eino
„Verkleinerung Serbiens" als cmgezeigt
erachtete. Cr unterstreicht weiter die Art, in der
Gr-af Bcrchtold in diesem Kronrat die Be-
reitfchaft Verlins. Oesterreich-Ungarns
Schritre gegen Serbien drplomatisch zu unter-
stützen, auswertete. Dafür, daß in Berlin an eine
militärische Unterstützung in dem Kon-
slikt zunächft nicht gedacht wordcn tst. tritt in
dem. gewiß einer Jnschutznahme der Regierung
Bethmann Hollweg crls g-anzem und des Kaisers
nicht verdächtigen Verliner „Vorwävts" ern
Zeuge auf, wenn das sozialdemokratlsche Blatt in
einer Kommentierung der Wiener Vcröffentlichung
sagt:

..Eraf Berchtolds Erklarung. BerNn sei zur
unbedtngten Untersttitzung Oesterreichs bereit. ist
zu dem Zweck abgegeben worden. das Kabinett
für seine rriegerlschen Absichten zu gewinnen.
Daß in Wien beschossen war, den iKrieg mit
Serbien unter allen Umstanden zu. er-
zwingen. wußte man in Berlin nicht.
Man licß sich einfach von dem viel energischeren
und gcschickteren Berchtold fiir seine Zwecke be-
nutzen."

Endlich läßt der Wortlaut des Berichts erken-
ncn. daß Graf Berchtold den Eintritt Nußlands
in den Krieg und damit den Weltbrand von
vornherein als sicher in Nechnung gestellt
hatte. Die Gefahr, daß der österreichisch-serblsche
Konslikt den Weltkonflikt auslösen müßte. war
auch in Verlin. erkannt worden. So hatten die Be^
mühungen der dcutschen Regierung und insonder-
heit des Kaisers zur Folge. den Konfltkt zu loka- .
lisieren und das Eingreifen Rußlands in einem
Kriege zwischen Serbien und Oesterreich-Ungarn
zu verhindern — Bemühungen. die an dom Wi-
derstande der russischen Kriegspartei schriterten.

Die Enthüllung der ..Arbeiterzeitung" soll, wie ge-
meldet wird. nur das Vorspiel einer gra-
ßen Wiener amtlichen Publikation
sein, die in den allernächsten Tagen erfolgen werde.
Man wird sich daher einer. eingehenderen Sliel-
lungnahme bis zu diesem Zeitpunkt entlmlten kön-
nen.

Die Bemiihungcn der deutschen Negierung zur
Verhinderung des Krieges
Unter dem Titel „Das Wiener Kabinett und
die Entstehung des Weltkrieges" ist gleichzeit g i.n
Wien ein umfangreiches Buch voii Dr. Noderich
Gooß erschlenen. das mit Ermächligung des Lei-
ters des deutsch-österreichischen Staatsamts für
Aeußeres auf Grund aktenmäßiger Forschung
die letzten Tage vor dem Ausbruch des Lveltkrte-
ges därstellt. In Deutschland intercssieren natur-
gemäß -am mersten die Stellcn. die sich mit dem
deutschen Anteil an diesen Ereigniflen be-
schüftigen. Ueber die österreichisch-ungarische Zir-
tularnote vom 24. Juli 1914 wird folgendes ans-
geführt:

„Bei der Abfaflung der an die Signatarmächte
zu richtendsn Note war am Ballhausplatz der
Grundsatz maßgebend. die Zirkularnote habe den
Afächten eine bereits vollzogene T^tsache einfach
zur Kenntnis zu bringsi, und ihnen keinc'sfalls
ein.zuräumen. die Begrhrnots -an Serbicn selbst
zum Eegenstand von Erörterungen zu machen. Die
Instrnktion. diss an die k. und k. Botjchaster ans
Anlaß der Ucberreichung der Zirkularnote an die
Signatarmächte übermittelt wnrde, wies eine für
die einzelnen Kabinette verschieden gehal-
tene F o r m u l i eru^ng auf. Für Berlin sagto
der einleitende Text. „wenn drr k. und k. Botschaf-
ter dcn osfiziellen Erlaß der deutschen Negierung
am 24. Juli vormittags persönlich zur Kenntnis
Lringen werhe. so solle er nur bemerken. daß das
bereits erzielte vollständige politischa Eiirverneh-
men mit dem deulschen Kaüinett ihn der Mühe
oiner weiteren vertraul. Begrllndung des Schrittes
desWiener Kabinetts in Bolgrad enthebe." Es mus
also. so wird weiter ausgeführt. die Tatsache fest-
gchalten werden. daß dcm Berliner Kabniett der
Wortlaut der österreichisch - ungar.schen Begehr-
note erst zu etne'm Z?itpunkte zukommen
konnte. in dem ekne Beeinflussung dos
 
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