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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt (61): Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1919 (September bis Dezember)

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Nr. 255-279 (1. November 1919 - 29. November 1919)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3728#0347
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61. Iahrgang - Nr. 256

Montag, 3. dcovemver wir,

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r vke „vadische post" erscheint an sedem wochentage mlttags 12 Uhr und kostet bes
i jeder postanstalt monatlich 1M.220, viertcljährlich 1M. 6.60 ausschliehlich Zustell.
r gebühr; durch die Ugenturen oder die Trägerinnen sret ins kaus monatltch rm.2.25.

: hauptschriftleiter: Nurt Fischer.

Gegvündet 1858




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kzeiöelberger Zeitung

Knze!genpreis:die Z5mmbreitcpetttzeileoderderenRaum40 pfg.,imReNamen.
teil die 75 mm breitepetit zell« reopfg., mitplatzvorschrlstisi Pfg. vet wiederlsolungen
Nachlatz nach Tarif. Jm Linzelverkauf kostet die „vadtschepost" in ljeidelberg I0Pfg..
auswärts 16 Pfg.

M§M

Wochenbeilage: Ver Vorn ^

Lanöesorgan öer Deutschen Uberalen Volkspartei Vadens

Hauptschriftleiter und verantrvortlich für den

i, Kunst un
Kraemcr.

Feuilletcm, Kunst und
Iu l i u s

o verannvortuch für den politischen und volkswirtschastlichen Tett Kurt Fischer, für das
ld Wisscnschaft, Theater und Mnsik, Neues aus aller Welt und die Unterhaltungsbeilage
, für Baden, Ocrtliches nnd Literotur F-ritz Gandenb erger vonMoisy, für Turnen

Spiel und Sport Alfred Schmitz, sämtlich in Heidelberg. Fernruf 182. - Berliner Derlretung: Berlin VV 50-

Bambergerstr. 3. Fernruf Amt Kursürst 318.. - Für den Llnzeigenteil verantwSrtlich AlfredSchmttzln Heidelberg,
Fernruf 82. - Druck und Verlag : Heidelberger Berlagsanstalt und Druckerei G.m.b.H. Heidelberg, Haupkstr. 23,

Das Wichtigste vom Tage

Gencraltonsul v. Herff wird feine Neife nach
Nom antreten. fobald das Znkrafttreten dcs Frie-
densvertrages den Weg zu de» drutsch-.talienischen
Berhandlungen geebnet hat.

Die in Scapa Flow nicht verfuntenen deut-
schen KriegsschiffesindFrankre^ich zuge-
sprochcn worden.' ^

Die Franzosen haben den Oberbürgermeister vo,l
AZiesbaden. Dr. Elässing, wegen angeblicher
schlechtcr Voraussicht in der Kohlenversorgung ab-
gesetzt und ausgerviesen.

Der Ceneralkommissär Millerand beschlotz
-ie Ausweisung mehrercr Tausend Einwoh -
ner vou Stratzburg w:gen deutschfreundlicher
lSesinnung und von Elsäfsern. 'weil sie deutsche
Frauen haben.

Die Zahl dcr slrekkenden Bergleute be-
trägt 40» 000. Aufruhr ift bis jetzt noch nicht vor-
gekommen.

Aus Vade,k

Zn der Nheinebene fällt seit gestern Nach-
mittag andauernd Schnee, der sich behauptej, das
war nach den amtlichen Aufzeichnungen um diese
Zahrcszeit seit 15 Iahren nicht mchr dex Fall.

i *

Zn Mannhejm uud Karlsruhe ist die
Einstellung des Strahenbahnver-
kehrs auf unbestimnlte Zeit erfolgt. Auher-
dem wnrden beh'ördlicherseits die Kinos ge-
fchloffen. Am Mittwoch und Donnerstag w:r-
den in Karlsruhe voraussichtlich infolge völliger
Siromsperre keine Zeitungen erscheinen.

Die Inkraftsetzung des
Friedensvertrages

Vaw unserryn B^tinev Vertret'.'r

(:) Lerlin. 3. Nov. L6ie wir von beftinrochmer-
ter Teite Lrführen. wird nach im Hause dio^r Woche
de,n B-aron von Lersner eine Note der En-
tente a„ Deiutfchfand iiber die anseblichen Maf-
fenMstanÄsoerletzungen Deutschlands sugohon. Da-
rin fordert die Entente dieGewähr für die W ie-
dergutmachung der Waffenlstilkstandsverletzun-
ge'i uno la-det die sv!out'che Regierung eln, ldas
Protokoll über das Jnkrafttreten des
Friedensvertrages zu unterzeichncn. Die
Unterzeichnung wird in Versailles sdattfiilden und
mit einer f-eierllchen Zerenronie verbunden
;ein, bei der der Austamsch der RatisikatioNen er-
wlgt.

Versailles, 2. Nov. Der Fünftrrat beschästigte sich
in seiner gsstrrgrn Domnlttagssikuilg untcr Clemeir-
ceaus Vorsttz wi-cdcrum mit'den Mabnahmen, uin
den Fr i ede n s v e r t r a g von Verfailles in
Kraft zu setzen. Die deutsche Regierung soll
noch vor dem Jukrafttrelen des Fri«de.nsvertrages
cin Protokoll unterzeichnon, in dem ste er-
klärt, dah die noch nichi völlta 5rfiillten

Waffenstillslan'deched ingungeil crfiillt
wcrden mützten. — Nach dem Temps ist es u n -
mögltch, die Ratifikationsuvkunden am 11.No-
vri./acr auszntauschen.

(-) Verlin, Nov. Wie ich von unteir'rchteter
Teitc erfahre, wird das R o i ch s k a b i n e t t noch
Ende dicser M.chr eine Neihe michtiaer Be -
fck'lüsje zu fajsen haben, dis die Uebci.ganaszeit
zui-.l Faiisdensvertlag. sowie die dringend erforder-
lichen wirtschaitlichen Matz.nahmen fü:
dcn eintretendcn Winter betrefstn. Auch dic Atnf-
hebung dor Derfüaung der Erhebung der Zölle in
Eoldivährung soll in kürzcster Zeit entschteden
wcrden.


^ Ein miNtärischer Ententerat

Eigener Daahtbericht der „Bsdifchen Post"
Vasel. 2. Noo. Der Pariscr Vcrtreter der Basl.
Nochr. mcldet: Llomeilceau schlua denr Oboiist'n
Rat die Schaffuna eines mil'tärischen
Notes vor,,dar aus dem alliierten Oberkoinmando
bervorgehen soll und die Aufgabe hätte, dte milr-
tärischen Bsstiinmuilgen d's Dortrages su iiber
wac!)<n nnd ovcntuelle ZwangsinahuahM'en zu tres-
fen. Ztalien hat dem Vorschlaa berelts rugestimnlt.

Einstetiung öes prrsonenverkehrsl

Bertin, 2. Noo. Das Neichskabiuett hat sich
am 1. November mit drr Frage der Vcrsovgung der
Bevölkerung dcs deutschen Reiches mit Kohlen und
Kartoffeln beschästigt. Es wurde bcschloffen. um
die Eisenbahnzüge für die Besördrrung von Kob-
le n und» Kar toffeln freizn machen, vom
5. bis 15. November dcn ganzen Personen-
verkel, r anf sämtlichen Eisenbahn- und Nehsn-
Sahnstreckcn ruhenzulasfen. Ausgenom-
iii e n davon ist nuo der nötige Vorortsver-
kehr iür die Gronstädte. Noch dem 15. No-
vember dürsen nur die unbsdingt notwendigen
Ettenbahnjüge grfahre,, werden.

Dev Eüter- nnd Postvel-kehr

Von Lcr Berli'icr G i s c n b« h n - Di r e k -
tion wsrden noch ro!-,e'-.d» EiNzclheitcn mitgs-
teilt:

Dte Kohlenfrage anf d^r Eisenbahn ist -ur
Zeit bliennender als je genvoriden. Bei der Effen-
bahnvcrwaltung sind i.a den lctzten 14 Tagen E
fast allen Eison'baünbezirlen, dte n'.cht i» immittel-
barer Nähe d^r Kohleilreoicre lieg.n. dio Bostmrde
an LokomotivLahleu auf rund drei Tase gechnken.
Die Einstctlung des Porson.Lirv.' rk-hrs soll weiterliin
da;u verwrnd:t rverden. um d'.c gegenwärtige V e r-
stopfnng der Haiiptbahnböse und VauVtstrccken
i'-ttch Kräften zu bclreben. Es ist seriiLr d-uuch vie
Aussetz'.mg dP Vcrkehrs zu erwarten, dah oine Ver--
stärkung dcs Nücrschinoar'c'rks ersolgt.

SclbstvcrstäiMrch wivd d'.e Einsi llung des Reise-
rorkshrs gewisse E r l e i ch t e r u n ge n fiir drn
Eiiterv«rkehr brcngen, aber es wird aibzu-
warien se!st. ob der Nutzen. der dcrboi hovauSkonrmt,
auch nur cinigernra»r'l im Dcrhältnis zu den
cruhoro^deutlich fchwcren SchDen stehen wlvd, die
>dcm gesan't^n Mtrtschaftslcbe,l d".rch die Reistwev-
kehrseiiist.llung rugcsügt werden. Der gamo P o st-
uud P ake t v-e r ke h r wüd sich wächrend der
iSperre nur mit Hllie der Eiiterzllgc, evontuoll mit
^iblassung bssoüdereri Pvstzüge, abwickeln lassen,
was natürlich einc?»erhcbllch!; Berfchlechterung des
Post- und- Paketverk>Hrs zur Folge h,rbon Wird.

Was m-an schon tängst lkonvmen saih. rst nun ein.ge-
treten: Die Bcmkerotterklärung d?.' doutschezr Vor-

Vom 5. bis zum 15. November

berorts die Zugeinschränkungen der letzten Mochen
eine katastrovhale Hamnurng hevbeigesührt. Aiber
nun wirds noch schlimmcr kommen. Dio ledtsRvds
dcs Verkehrsm'rnisters Bell in der Nationaloer-
sammluii'g zeigte zwar cin beff-ros ZUkunftcgo-
mä5ve, aber mit guten Vorsätzen ist bvkannilich der
Weg zur Höllc gepflastert. An den harten Tat-
sachen stosten sich die Berheihungcn, die ja der
heutigen Regierung stcts goläusig sind. Es fehlt
an jeder praktische,n Mabnahme, dem
Berkohrsetend abzuhclfen, vielleicht mit Ausnahme
der dringenden Ditte d.s Mrnisters, das Nersrn zu
untL.rtassen. Es bandelt sich doch wahrlich nicht um
Pergnüguttgsreisen, sondern um dringendeGeschästs-
r-isen dor karrsmänn'rschcn und gowerblrchen Wölt,
und auch der Post- und Pc»ketverkehr komnit in
Bstracht. Wachrlich — ein sonldevbarer Verkehrs-
minöster, der die Aufgabe dcr Verkehrc.mittel darin
sieht, nicht b'Mi'.itzt zu wev>eii. Wie be'c einer all-
ge.neinen Befolgung seiner Malinung sich die Ren-
tabilität der Babnen gostalten soll, rvaher die hcben
Löhne sür die EiseiBahner bczahlt werden sollen,
das sch-int dcr Negierung, die immer mehr Bank-
ncten drucken läf-t. kcinc Sorge zu bereiten. Es
bcsbcht auch r»r Verkohrsrvescn wie bei so vislen
a.ldcren staatlichen Fragen der iiblicke feblerhafte
Kreislauf. Die Dahnen sunkronieren schlocht, fola^
lich soll man sie' nicht beautzen. damit sie überhauot
nicht mehr su sunktionicren branchen. Wäihvend
isvnrit der Mrntster im Nasten und Rosten das Äll-
cheilmittek gefunden hat, oder' woiligstens gcsunden
zu habM glawbt, v-'rlangte der Abgoordircte Zövhel
im dimnetrale» Eegensau hi-rzu: wir scllteii an der
S!chweiz und an Nvr'wegen oin Dc-'.sviel nchmen
und eine grostzüsige Prcvaganda für das Nei en ein-
richten!" Bei den Fahroreisen! Der Prophct
»rchts will das Neistn möglichst völlig abschafsen,
d-r Prouhot lri.ls es im breitestcn Aü,s;e fördcrn.
Dem Abgeordneten Zövhel entsiel das Wort'
..Preuken hatte eine ausg:zeicl)nete Vcrwaltmrg."
Damit alleiit wurdo d.'r Kernpunkt der ganzen
Eisenbahnsrlrgä gestrcist. Nicht am Malcrittl, an
Kohlen usw. — dte Enlschulld.gungi-gründe lietzcn
stch vertauseiidfacheü — licgt cs, sondcrn an der Vev-
uMltung und den Men^ch-en, die durch energrsch^s
Dnrchgrelserr dem Zusammewbruch ,m Be'.kehrs-

kehrswesens! Fiir Handel und Wirtschast batten wesün begegne»!

Der Untersuchungsausschutz

Die Berliner „Post" weis; übcr den weiteren Ar-
Leitsvlan des vLvlamentarischcn Ilnteksuchungsauis-
schusses zu borichten. daü als dritter Zeug« der fra>-
here S t a a t s s e k re t ä r Zimmermann vor-
nominen werden soll. Am -Dieirstag werde Dsr-
nehmung dcs Reickskaiiizlcrs Bethmann Holl -
weg ünd seine Geaenüb'.rstettung mit dLM Enas-en
V-ernstorsf wohl bcendet werden. Nach der
Pvst sollte nrivrünglich als drittev Zenge Dr. Helf-
fe/ich gelad'n wcrdcn. Dte M-cstrheit scheint jetzt
abcr zlu beabsichtigcn, die Verirehmuirg Helffovichs
l.iuauszuschioben und zunächst die Stuatsmän-
ner und Offiziere vorzuladen, dcron Bernoh-
mung bvauchbcvres Akaterial zu licfern verspricht.
Die Soziardemokralon sollen dio Ansicht vertreteu
haben, jckon jotzt die Vernehmung der jStaatsmi-
ltster abzubrcchen und e'nige Eeneralstaibsoffiriere
vorruladeu.

Lndendorsf

(:) Verlin, 3. Non. Von unterrichtoter Seite wird
uns mitgeteilt, dab Eeuoral Ludendorff von
dcnr UntorsuchnilgsattSschub der Nationalversamm-
lung vevn o ni m e » ^kverden soll. Sein.e Vernsh-
mung soll indessoiv nicht u nm i t t e lLa> r nach dex
B-chhmann Hollwoas vorgenommen werden.

Aelfferich-Erzberger

Von unserenr Berliirer Bertooter

(.) Berlin, 3. Nov Wio wir von tnfornftertor
.Sctte erfcchren. soll das Anklageve.rfaihr«n in dcim
Pcozetz Erzberger-Helfferich beschleuniat
werdsn. Hvlfferich hat beantragt nrrhrcvs poli*
jische Peii'önltchkelteu als Zougen zu vernehmen.

Der 9. Novemüer

Münchrn, 2. Nov. Für die Rovvluttonsfelern
wurde vorffägt, dab der AbHlutz der Feier am 9.
Novrmbai>L-mit d».n Eintr'tt her Polize lsbu nde
zu. erfolgen hat. V e r s a m m l u n g e n untex
freiem Himmel und D e m o n st r a t i o n s -
z ii g e siwd! v e r b o t e n.

^ Basel, 3. Nsv. (Ligeiter Drahtbericht.) Der
Sccolo meld t: Die ossizicllen Sozia.listen beschlos-
seu, am 9. Navember Kui'dsehungcn für d'.o Aus-^
rufung einer R ä te r e p nb l - k Jtaliens nnd
fiir dte D'cktatnr Les Preletariats in alten grosstn
Industriestädten des Lundes zu veranstalten. Die
Regierung hat für den 8. und 9. ?kom mber erböhte
Bekeitschaftssielluil-g des Mlitärs angsordnet.

Deutsche Kriegsschiffe für
Frankreich

Dte in 'Paris er.chcinenden amreikaillschen Blät-
ter melden, datz der- Fünserrat be.chlotz. dre »och i»
Sccvpa Flüiw besindlichen d e n tsche „ Kriegs -
s ch l f fe F ra n k r e i ch z uz u w e is e Die Eng-
lündev bätteil anerkannt, sagt der ..9kewyark Ho-
rald", dab die deutschs Sabotag: insolge mangcl-
hafter Uebermachung durch d>ce cnglische Marine
möglich gewesen sef.

Die Kohlenlage in England

London, 2. Nov. „Daily H-erald" zufolge beträgt
die Kohlenförderung trotz eingeschräntter Arbe ts
zeit >1500 000 Tonnen geglm srüher 1800 000 Ton
nen. sodatz mit einer Zahresförderung von 245
Millionen' Tonnen sentgegen der Annahme von
Eeddes nnd Lloyd E.orge von lsiichstens 215 M l-
lionen Tonnen) gerechnet werden tann. Es bestehe
kein Grund zrir Erhöhungder Kohlenpqeiie.

Venedey, König, Göhring,
Muser

Mandatsniederlegungen sind an sich nichts be-
sonjderus. Wer kein Kleber ist und sein Mandat so
ausübt, wi-e nran es von einer charakdervollen Per-
sönhchkert erwarten nvutz. stellt es bet Meinungs-
verschied-rnheiten mit der Mehrhe.it der Fraktton
dieser zur Berfügung. Wenn dtes frührr nicht so
häufig der Fall war. wie jetzt, so lag das nament-
lich an den Unbequemlichkeiten und Unstcherheiten.
die eine Mandatsnvederlegung unter dem alten
Wahlrecht mit sich brachte. Denn ein Berzicht unter
den damaligen Verhältnissen vereitete. wenn es
sich nicht um einen sogenannten „bombensicheren"
Wahlkreis handelhe. zumeist eine Gefährdung des
betreffendtrn Parteibesitzes und die Lmirgfriedliche
Verehibarung. datz die jeweiligsBesitzerin Urs Man-
dats emem Nachfolger d:r gleichen Farbe in der
Ersatzwahl zugesichert erhielt. galt bis 1914 nicht.
Da hat sich mancher. der Parte disziplin und -liebe
besatz. einen solchen Schritt überlegt. Heute ist
das Werfahren einfacher. Patzt einem Abgeotdne-
ten aus irgend welchcn Eründen die Fraktionspo-
lstik nicht mehr. so teilt er dcm Vorsitzenden seinen
Rücktritt mit und automatisch tritt ein anderer fei-
ner Parei an seinen Platz. Das ist zwar für dcn
VMstand der Partei bequem und angLn,7.hm. im
Hinblick auf die Qualität und Stetigkeit der parla-
mentarischen Verhältnisie aber uiverfreulich. Aian
mritz ja doch. wis die Listen im Derhältniswahl-
'verfahren zustande komnren! Voran werden di,e
..Erötzen" geftellt und dcmn geht es secundum or-
dinom über die Brnchzifsern allmählich zu den
Nullen» und Nanrenfüllern herab. Greist nun die
Mandatsniederlegungsgrlppe weiter um sich. so
kommen ständig neue Leute ins Parlameirt. was
zwar an sich zu begrützen wärr. aber die Stc-tig^it
der pcrrlamentarischen Arbert in keiner Weise för-
dert und das Niveau notwendill^rweise noch ws'-ter
herabdrückt. Das einzige „positive" Ergebnis wird
dann das sein. datz noch mehr gereÄet wtrd. Auch
dies cin Posten im Verhältniswahlverfahren. der
nicht anf der Habenseite zu buchen ist!

So viel über die wahltechnifche Seite. An
den vier Mandatsniederlegunarn i» der Demo-
tratischen Partei Badens binncn ein-er Woche kann
man ab-r nicht ohne einige kritisckre Bemerkungen
vorüber gehen. Zn der „Badischen Pol. Korre-
spondenz". dte von der D. d. P. herausgegeben wiro.
wird die Mandatsniederlegung der drei Abgeord-
neten König. Eöhrig und Aiuser unter anderirn
mit folgenden Worten tommentiert:

„Die Mehvheit der Fraktion zusammen mit
d r Mehrheit des Hcruses überhaupt nahm den
Standpunkt ein. datz eine Beschaffungszulage in
-der jetzt genehmigten Höhe von 35 Millionen Mk.
noch ertragen werden könne. datz sie aber aller-
dings bis an die äutzerste Grenze des >roch
Möglichen gehe. Es war demnach nicht -etwa man-
gelndes sozialcs Berständnis. das für die di»en-
tierendrn Abgeordneten bestimmend war. sondern
nur die crnste Sorge um den Weiterbestand unse-
res Staatswcsens. Die Abgeordneten König. Mu-
ser und Eöhrtg wollen die ang.^rbenen Konse-
quenzen aus ihrer Haltung ziehen."

Nun kann es wohl kcrnem Zweifel unterlleire».
datz dicse sachlich-en Gründe für die Mandats-
nielrerlieMng zu Nccht bestehen. Es war aber
ebenso zweifellos ein grotzer Fehler. durch den Be-
schlutz der Mehrheitsparteien. nach dem Referat
des Verichterstatters in kcine Erörtenlngen mehr
einzutrek-n. sonwrn über den Antrag des^aus-
haltsausschusies sosort abzustimmen d,e Eegner
inundtot zu machen und ihnen lede MogUchrelt
nehmen. ihrer abweichendrn Me-inuna Ausdrnck zu
verleihen. sNebenbei bemertt. mo bleibt dann der
an-gebliche Vorzug des Verhältniswahlvcrfahrens.
das doch auch den Atiuderheiten Lnft und Leben
und Necht zur B.tätigu?ig vcrleihen solli) Aber
abgesehen davon. warum sind es gerade dpe
demokratischcn A b g e o n e t e n . d,e
diesen Schritt tun'? Warum incht auch die vler
Abgeordueten des Zentrnms. die gegen den A„-
trag st mmten. Sogar der Präsident des Landtags.
der Abgeordilets Kopf. gehört zu der ablehnrii-
den Schar. Ilebrigens ein besonders intereilantes
Cchauspiel. wenn der erkorene Lei^er der Boltsver-
tretung. aus dev.n Mittz' doch die Negstrung ge-
b ldet worden ist. in einer so wichtigeil ,<rage qe-
gen die überwültigende Mehrheit stiner Fraktlon
und seiner Partoifreunde in der Regierung stin-int.
Aber er. wie dst Abgeordneten Albict;. Spang und
Straub. denken garnicht daran. dein.Zentrum den
Riicken zu kehren. Auch Herr Wirth. der Finanz-
miuister bleibt.-nnchdem sich Eottlob noch im letz-
ten Augenbl^ck ein formales Hinstctürchen fand.
Warum aber. so sracveil wir nochmals. gl rade dir
Dcmokraten? ' ^

Die Gründe zu finden. !st nlcht allziischir'er.
Das Zenlrum dstreibt und das ist stin armster
Vorzug. elne bei allen Parteikonslellationen doch m
sich zielbemutzte rmd durchaus stlbst."ld-ae Volt-
t>k. der auch gelegentliche Mei,umasr>er,chiedenbel-
ten und Extratouren einzelner Abgeordneten ret-
 
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