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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt (61): Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1919 (September bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 228-254 (1. Oktober 1919 - 31. Oktober 1919)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3728#0285
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61. Iahrgang - Nr. 248

Heiöelberger Zeitung

Miltwoch, 22. Oktober 191»

r vle „vadijche post" erscheint an jedem Ulochenlage mlttags 12 Uhr und kostet bel
r jeder postanstalt monatlich Mk.220. vierteljährliL Mk. 0.60 ausschließlich Zustell.
? gcbühr; durch die Kgenturen oder die Trägertnnen srei ins kiaus monatlich Mk.2.25.
Z hauptschriftleiler: Uurt ^ischer.


Segründel 1858

Knzelasnpreis: die oömmbreltessetit Zeile oder deren Uaum40 pfg.,imUeklamen.
teildie75mmbreitessetitzeilr i4oPsa.,mitplatzvorschrifti6iPfg.Veiwrederholungen
Nachlatznach Tarif. 2m Linzelverkauf kostet die „vadischepost" in hetdelberg lOpfg.,
ausroärts 15 pfg.


wochendeilage: Oer Vorn

Landesorgan der Deutschen liberalen Volksvartei Vadens

Hauptschriftleiter und verantwortlich für den politifchen und volkswirtschaftlichen Teil Kurt Fischer, für das
Feuilleton, Kunst und Wissenschast, Theater und Musilr, Neues aus allcr Welt und die Unterhaltungsbellage
Iulius Kraemcr, für Baden, Oertlichcs und Literatur Fritz G andenberger vonMoisy, für Turnen

Spiel und Sport Alfred Schmitz, sämtlich in Heidelberg. Fernruf 182. — Berliner Dertretung: Berlin VV 50-
Bambergerstt. 3. Fernruf Amt Kurfürst 313. - Für denAnzeigenteil verantwortlich Alfr ed SchmttzinHeidelberg,
Fernruf 82. - Druck und Berlag : Heidelberger Derlagsänstalt und Druckerei G.m.b.H. Heidelberg, Hauptstc. 23.

Das Wichtigste vom Tage

Ein Erjuchen der d-ulschen Regicrung. die Kon-
trollkommissionen sollten obne Unisorm in
Dcutschland sich benregen, wurde abgelehnt.

Der Mikado wird gegcn Monatscnde den Frie-
densvertrag von Versaillcs ratif'zieren.

Der Kaiser bcauftragte seinen Nechtsbeistand,
gegcn Ferdinand Bon?. den Versasser der Kaiser-
silme, Anklage zu erbeben w:gcn Dcleidigung«
und Mihbrauches seines Bildes sowie auf Unter-
lassuirg dcr Aufsiihrung, die bicher nur sür Berlin
vcrboteu war.

Zwischcn dcn Frankfurter Eisenüah-
nern rmd der Erscnbahndirektion isi der Konflikt
in einer öffentlichen Versaminlnng des deutschin
EiseubahnerverbanLes beigelegt worden.

Die baqrischen Bifchöfe nahmen in einem
Hirtenbricf gcgen die Regiernng Ltellung.

Die bayerischeNegierung hat duich das
beutsch-österreichische Konsulat in Münchrn einen
ueuen nachdrücklichen Autrag auf Auslicfe-
rugi» des in Wicn vsrhafteten Kommuniftensüh-
rers Levi n'gestellt und zwar wegen geme'ner Ver-
brsltz:».

Jn a arbr ück e n jst dcr 8 e u e r a ! st r e i k
ausgerufeir wordrn.

Fn Wien sollen insolg« der Kohlemiot alle
Schulcn in der Zeit vom 15. Rovember b's Fe-
bruar 1920 geschlosse,, werd:u.

Aus Bade»

Fn dor gesirigen Sitzuug Les Landtags wurde
über die O b stv e r s o r g u rr g gesprocheu. F'n nz
ministcr Dr. Wttth teilte ,n't, do« dic Einfubr der
Kohlen derartig nachgelasscn hebe, doh die b ad.
Eifeuhahnen nur noch übcr gauz gerrnge
Kohlenvorräte verfügcn.

Die Durchführung des Friedens

(:) Verlin. 22. Okt. Me wir ersahren. ist man
i" gut informierten Kreiscn der Ansicht. da» die
in kiirz^ster Zert cinsetzendcn Beratung e n über
die lAussührnng des Versailler Friedensvertragcs
stch mindestens ein h a l b e s IahrzehNt
Kinziehen werden, Lg der Friedensvertrag die Be;
Z ^iimgen Detttschlar!ds zn s..st allrn Ländern der
Welt he. ührt. Die theoretische Lösung der
wirischastttchen BrstimmungLii des Fr'.edenLvrrtrags
bcdiirscn allein einen mindc-sttns süns Fahre lang
de.uLradrn Berhandlungsaustousch. b.i d<ni sich in
kürzLster Zcit schon d'.s Notwendigkeit e.geiben rri d,
dab D c, u t schl a wd in den Bolker b und a u f-
gen o m »re n werden mu b.

Die Rämpfe vor petersburg

Widerstand der Bolschewisten

Stockholm, 21. Okt. Das Mrchrichtenbürv des Ge-
ncrals I u de 'ir it s ch gibt folgLnden Heeresbe-
richt LrLannt: Auf der linken Flanke unserer
Trurwen sii-id hartnäckige K äm v f-o entbriannt.
Nach der Emnahme von Strelujg trgfeu wir auf
harten Midrrstand. W!ir aingen zum Gegsimngrisf
übor und be.etzten Ligr.wa. Jm weiteven Vordrin-
gen stiLhen wir bts Kolv'ino vor und mit Bortnw-
vcn Lis an dcn Rand von Petersburg. Von über-
legenen bolschowistischen Trvpvcn wurden wir aber
zur Stat'on Li und weiter bks EatWna zurückge^
drängt. Oestlich LigUwa setzien wir d^en Angriff
fort. Der Cegner sstztc starke Rescrvsn ^ein und
schecnt cntschlüssen, verzweifeltLn Widnfftand zu
leisteii, was ihm st^ttnweist gelingt.

Helstngsors, 21. Oll. Dic Nordwcstarmee besetzte
dcn Vorort Pu'lkowo südl'ch von Petersbura. Iu-
denitschs Stab siedelte nach Zarskoje-Selo
übeo. Hestigc KänWse sanden zwischen der eng-
lischen Flotte und Kronstadt. sowie Kars-
iioia.-T'U. ka statt. Orauieirbu rg b r ein n t. Die
BclschÄwisten haltcn dic Dahnstrecke Petersburg—
Witcb k bcsttzt. In R'chtung aus Pleskau machte
die weitzc Aimee Fortschritte. Die Bolschr-
u i.fto!i zosen sich südl'ch v nn K^rlkuttas.o binter den
W:.lika7aslui; surück.

Ueberstedclunq der Sowjetregierung nach
Iekaterinburg?

D r Timcs wiid n"U> c'n-m Nottsrdamer Tele-
gramm der Neu'n Derliner Zciiung aus Omsk be-
r'.cht t, da» bolschswist'schs Kommillare fn Ieka -
terinburg (im Uccl) ongekommcn sind, um dort
Vorbereitui'ge' sür den Auseitthelt Ler Sowjet-
regicrung zu ircffcn.

Die deutsch-polnischen
Verhandlungen

Bon unsere ,n B e r-l ine^ Vertrcter

(:) B rlin, 21. Ocht. W'.e wir erfMrcu. ist boi
dcn doutich-polnisch.n Berhan'dlung- i in Bcrlin von
vc'nisctzer Seitc angc.egt warden, cincn Aus-
glcich zwischen -drr dcutsch.'n und dcr volni chon
Valuta bcvbclsuiül'rcn. Es ist ai zun:-.hn-en, d.rh
Ende diescs Aüonats cin dcutsch polnischcs Valuta-
Abtommen zu-ftan'de lon'.iiicn wird.

(:) Berlin, 22. Okt. Die deutsch polnischen Bcra-
t'n.'gcn, die nun schon wccheirlang täLlich im Mus
wärti.gcu Amt in Vc.liu stattfmdeu. weiden nach
uns zugehenden Informationen ivsch im Lau-fe de
Mon at s N ooembe r endgiiltig zuin >lb
schluü scbracht wcbdrn. Man ist der Ansicht, d.itz
die Verhandlungen Dout'-rhl.ind und Polen nicht
uur wirtschrftlich, soiildern ouch volitisch zu einer
weitgehenden Annäherung gebracht
hiiben.

Der (Sebietsgewinn Polens

Eincr Leimberger Blättermcldung zufolge wird
aus Maüschau berichtet, daü nach Parisev Mieldun-
sen der Minferrat dio O sta r e n ze Po l e n s fcst-

Mangin im Baltikum

Pacis, 21. Olt. (Havas.) Der Matin fagt, 'lia»
die. Ernenin-.ug d-cs Eei-..:als Maugin smn Ch.f
der interalli'e ten M ssion zur Kenntnis der Re-
g.crung g br:.cht wo ist. Er wi.d dte Ve -
w a l t u n g d c r b a l 11 s ch e n P r o v i n sen wäh-
rei-'d einer noch unb7stttirm.tcn Z.-it übernohmen.

Coltz über Bermondts Ziele

Line,n lMtavbciter der Berliner Börsenzeitima
erklärte Craf v. d. C o ltz. deü auf Befohl der
Reichsrogierung no.ch Berlin surückgekehrt
ist, über ldie baltischen Dinge:

In erstar Linre glanlbe :ch, durch meinen Abschicid
deiü Jntiüresien der Heiniat am bosten su dienen.
lllbsieildem finde ich bier in allen Kreiscn so ge -
ringes Verständnis für die baltische Frage
und meine Ueberzcugung, das; mir auch aus diescin
Erunds ein Verbleiben im A'mte nicht zugesagt
hätte. -Ich war in Kurland Oberbcfehlshaber nickt
nur der deutschen Truvven, sond:rn> nuch dor letti-
schen Landeswohr i in ihrei russischm Abteilung war
Obcrst Bermondt mein Untergcbcner g.wescn,
m>t dcnn mich die angenchmsten veisönl'.chen Bezie-
hungen verbunden habcki. Dann bc'Lllnii Bcrinondt
sein Unternehnren, um soine rusii'che Heimat wicder
aufzurichten und ist LEei erfolgrcich vorgrAangcn.
Dosu häb ich ihm g.atul-crt: das rst c'ine reine
Privatsache, ein persönlicher Elück-
wunsch .wointt das Deutsche Nerch doch wahvhaf-
tig nichts zü tun hat. Ich hosfe. dasi die Entcnte-
kommission, die jctzt ins Baltikum eebt. an Ort und
Stelle sich davon überzeugen wird. da» k, 'cne
Truvven mehr beim Oüerst Vermondt siud, dir
deutschc Reichsangehörrge iind. Ber-
mondts volitischcs Zicl ist ein söderatives Erotz-
Ruhland. ich xlar-be, genau gesast: Vereinigte
Staaten von Nuhland. M'ch re'.chs-

deutschcn Truppcn folgcn alle dcm Räumungs-be-
fehl, abev eine n'.cht unbeträchtl'che Anmbl, wohl
die reichlich'e Hälste, ist -aus dem Berbande idcsNei-
chcs ausgeschicden und sind rus > is.che Staats-
angehörige gcwcrden. und die hlc'.ben. Schli?h-
lich wird auch die Ententc einsthui, dah Deutschlaiid
sich nicht dagegen zur Wchr sctzen kann. wenn e'mo
Anzahl Deutscher Düiger eincs nnderen Landes
iverden, wollon. D utschland als solchcs ist doch
daran völlig unbeteiligt, cben'o wird man
eines Tages doch crkennen, dah es sich wirklich nicht
um die iimverial.siischcn Ziele von Deutjchland
handelt, sondem cinfach um Prioatwünscho ddr
Maimschaften. Es ist nicht zu bcstbrcibeu. mit wel-
chsr Stärke -er jS i c d 7 e r g eda n k e die M a s s e n
Leherrsch t.

he;rtzt l-at. P-?len erhült den Mnzcn Bozirk Su-
w a lki. den Bez-rk A u g u st o w o mit Ausnahme
eincr klcincn norliwsststl-chen Ecke. den -gröheum
Teil d-es V' rks S c i n y. sern,r vonr Gouiverne-
ment Erodno die Bezirke S o t u l. B ta l y sto k
und Vi, lek. Die Crcaze vo.käi'st sodann längs
des Bag-F-lusses bis zur clten österre'chisch rusiischen
Greuze und lArg.' diest'r EcciiHr -bis zum DnjGer.
Dn B r e st - Li t o w s k b.ri cht sich die.s-e Crentze zu
Eunsten Polens aus. Das Schicksal von TÄlna,
Erodno und M'üns! ist noch nicht cntschieden.

Genercrlstreik in Searbrücken

Franksuri a. M., 22. Okt. Nch Moldungen aus
Saarörücken ist dort der G e n e ral st re ik
a'.isgvbroch». T-ie Eiseiihahnoii und Ms.ttallavbei-
ter legten goinc-usam die Arbeit nteder. Der Be--
l -agerungsz n sta n d ist crklärt. Die Ei-fenbah-
ne.i oerlangoi die unmittelbare Durchführung ihrcr
schcn früb r aufgefttllt.'n Foadcrungen. Die Vetei-
ligung dcr andrrn Avbe'iterk.itogorisn tst als S y nr-
vathiesteik für die Eiser.bahncr anzufehen.

Unsere Gefangenen

— Bcrliu. 21. Olt- Im Haushaltuuasausschuß
der Nat o''.alversammluiig erklärte der Minister
des Aeusiern. nach eiuer iüngst aus der Schweiz
zugegangeuen Msldu.ig soi damtt zu vechnen. dasi
bis Mclhnachtcu h'u d-r grösite Teil der Gefan-
genen ausFraukreich zuriickgefandt fein
wcrde.

scharf zurück. Zur Beruh'gung der wahrlich
schou lange geuug iu banger Erwartuug gehalte-
uen Ang-ehörigen uuseror armen gefang.'iil.'n Vrü-
den betont die Negieung nachdrücklich. dasi dve fran-
zösische Regierung durch eine ofsfizi- elle N o t e
versichert habe. die Eefangeilen sosort nach
Natifikation des Friedensvertrages zu entlassen
und diese feierliche Zusage unmöglich brechen kann.

„Belagerungszustand" in
Amerongen

Eiaener Drahtbericht der „Dadischcn Post"
Basel, 21. Okt. Wie die „Jns." aus Amsterdam
meldet, bsabsichtitzt die hollänldischr Negicrung das
Ecöret von ,A> m e r o n g e n und Door n. den Auf-
entbaltsort dos Kaisers, formell in Bela
ger u ngszusta nd su setzen. um cine Hand-
habo gegen neagierige Eindringlkiige zu babui. Ber-
schiedenen Zeitungsreportern und Pkotoaraph'ii' soll
es auf ungewöhnlichem Weg gelunacii- sein, sich bis
in die Nähe dcs Kaisers zu schleichcn und ihn pho-
tcgraphisch aufzunehme^i.

Um die Neutralität Elsasj-
LoLhringens

Zurüühaltung von Cefanstenen als Ceiseln

Dte ..Deutsche Allgemizine Zeitung" woist d-e
Ansicbt der ..Ltberte". dasi die in französischer Ce-
fangenschast befindlichen deutschcn Soldaten als
Getseln für die Innchaltunq der Friedensbedingun-
gen durch Deutscbland zurückbehalten werden mütz-
ten. als unglaubliche Eefühlsroheit

Londou, 21. Okt. Ju .Stra >; burg ist eine
Vorschwövung aufgodeckt worden, die >aus die N e u-
tralrsiHruMg Elsah-Lothringens ge-
richtet ist. Zhr Führer Kös; lor und Zwei andeve
Verschwörer wmden verhnftet. Ein Eeworkschafts-
sührer, ein früherer elsah-lothr. Mgco.dneter und
e'i:, fvansösischcr Sozialist sollen in die Ang.-lo-
genheit vevwickolt sein.

scin.

Bela Kun soll noch Italion entkommeir

Czernms Er'mneruugen

^ Prinz August rLilhelm ist in Ameiongcn ein-
getroffen.

Von einer volitischen Persönlichkeit,
die die demnächst zu erwartenden Erinne-
rungen des Crafen Czernin bereits
kennt, wird darüber berichttt:

Czernins Buch ist vollendet. Es gibt einen
Avritz der ganzen Kriegsgeschichte und beleuch-
tet viele ihrer noch dunklen Episoden durH
amtliche Dokumente, Akten, Briefe. Ezernin
veröffentlicht^auffehenerregende Schreiben der
deutschen Reichskanzler, vertrauliche Mitteilun«
geii von Votschaftern und Eesandten, die in
amtlichen Verichter erfolgten, Protokolle übcr
Regierungssitzungen — kurz Tatsachen und Be-
weise. Vor allem will der Graf natürlich wre
alle Erinnerungsschreiber beweisen, daß e r nie
e'me Schuld gehabt hat, daß e r immer recht
gehabt hat und dag e r alles richtig hat kom-
nien sehen. Jn zwei wichtigen Punkten is!
dicse seine letztere Behauptung auch von ihm
lückenlos zu erweisen: Er hat im Zahre 1916
ganz allein unter allen Diplomaten positiv den
rumänischen Krieg vorausgesagt und im Iahre
1917 den Niederbruch und die Revolution an-
gekündigt.

Der Weg der Gedankengänge Czernins in
seiuem Buche ist folgender: Czernin wollte
„ertrügliche Opfer"' bringen. aber er
kc-nnte nicht das deutsche Tirol, nicht Sieben-
bürgen und die Butowina, nicht Bosnien und
die Herzegowina ausliefern.' Er wollte errei»
chen. daß der Akonarchie die Lebensfähigkeit
garantiert wird, um sodann mit dem größten
Drucke auf Deutschland einzusetzen. Er konnte
aber den äußersten Druck auf Deutschland nicht
ausüben, solange „dessen Armeen fast mehr für
die Erhaltung der österreichisch-ungarischen
Akoilarchie als für die Deutschlands kämpfeu"
und folange „Deutschland dcr einzlge Schild
und dcr eiuzige Schutz gegeu die Londoner Ze^-
trümmerungspläne ist". Im Frühjahr 1917 ist
er nahe daraN, sein Ziel zu erreichen. Der
Unterseebootkrieg hat große Vesorgnisie an der
Themse erweckt. Die Entente scheint zu Ver-
baudlungeu bereit. Aber plötzlich dreht sich
dcr Wino. der Faden reißt ab. Biel später
erst kounte Czernin den Sachverhalt klärcn.
„Schwere I n d i s k r e t i o n e n fielen vor"
— „in dem Mgenblick. in welchem die denkbar
großte Eeschlosienheit des Vierbundes iwtwen-
dig gewcsen wäre, wacd von inoffizieller Seite
bei der Entente der Eindruck erweckt, daß un-
sere Gruppe sich arMöse" — „damit sabotierten
wir selbst den allgemeinen Frieden". Wir ste-
heu an dem Wendepunkt des Welt -
krieges. Die günstige Kpnstellation ging un-
benutzt vorüber.

Czeruin klärt nicht a uf. wen er diestr
Llumischungen beschuldigt: er erklärt, schwe i-
gen zu wollen. schweigen, solange er nicht
durch gegenteilige Darstellungen von kompeten-
ter Eeite zum Sprecheu gezwungeu werde,
abcr er sagt es rund heraus, daß erdieDo-
kumeut'e besitzt, die die Wahrheit seiner
Darstellung auch hier beweisen.

Jm Herbst 1917 sind die Fricdensbemühun-
gcn Czernins gescheitert Die Entente hält an
der Londoner Konferenz fest, üe will Oester-
rcich-Ungarn nicht bcgnadigen. So will Ezer-
nnl militärisch erzwingen. was ihm diploma-
tisch mrßglückte. Die Osifront wird frei, dec
deutsche Generalstab erklärt „Paris und Ta-
luis werden genymmen werden", und Czerninz
Plan geht dahin ,nach dem erhofften deutsche»
Durchbruch an der Westfront die Revisicm des
Londoner Pakts zu erzwingen. Er drängt nach
Brest-Litowsk und nach Bukarest, um durch die
frci werdende Ostfront den Vernichtungswillen
dcr Eegner im Westen brechen zu lassen.

Voll spannenden Interesies ist auch das Ka-
pitel über Wilson. Lzernin hält Wilson für
unbedingt ehrlich und aufrichtig. aber er
zweifelt vom ersten Moment an, ob Wilsons
Theorie die praktische Auslegung der Londo-
ncr Abmachungen hindern -verde. Sein Mly'
ckrauen in die vierzehn Punkte war gerechtfer-
 
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