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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt (61): Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1919 (September bis Dezember)

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Nr. 228-254 (1. Oktober 1919 - 31. Oktober 1919)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3728#0331
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r 6l. Iahrgang - Nr. 254





kreidelberger Zeitung

Freitag, 31. Oktober 1919



z Vle „Vadische post" erscheknt an jedem wochentag« mlttags 12 Uhr und kostet bel
; jeder postanstalt monatlich Mk.2 20, vlerteljShrlich INk. 6.60 ausschlleßlich Sustell.
^ gebühr; durch die ttgenturen oder die Trägerinnett^reNns yaus monatlich Mk.2.25.

kjauptschriftleiter: Uurt Ftscher.

Tegründet 1858




K°N?

wochenbeilage: Oer vorn

Landesorgan öer Deutschen liberalen Volksvartei Vadens

Hauptschriftleiter und verantwortlich für den politischen und volkswirtschaftlichen Teil Kurt Frscher, für das

Feumeton, Kunst und Wissenschaft, Theater und Miisik, Neues aus aller Welt und die Unterhaltungsbeilage
Illlius Kraemcr. für Baden. L - -- - — " " "

sulius Kraemcr, für Baden, Öertllches und Literatur FritzGandenbergervonMoisy, für Turnen

Spiel und Sport Alfred Schmitz, samtlich in Heidelbecg. Fernruf 182. -» Berliner Dertretung: Berlin VV 50»
Bambergerstr. 3. Fernruf Amt Kurfürst 318. - Für den Anzeigenteil verantwortlich AlfredSchmthin Heidelberg,
Fernruf 82. - Druck und Verlag : Heidelberger Derlagsanstalt und Druckerei G.m.b.H. Heidelberg, Hauptstc. 2!>,

Das Wichtigste vom Tage


Jn Paris wurdc dic deutsche Antwort aus
die Einladung der Entente zur Bloilierung
Nuglands überreicht. die ablehnend gehal-
ten ist. Eleichzeitig wurde in einer zweitcn Note
gegen die Ostseeblockade protestiert.

Ju veMM ^ Dre Friedensverzögerung




153

Die Zahl dce im Weltkricg gesallenen
Soldaten beträgt ungesähr siebeneinhalb
Mrllionen Mann.

» Aus Vaden

Die Gärung unter den badischen Eisen-
bahnern schcint noch uicht behobcn zu sein.

Die Vefestigungswerke d-s Forts Zstein sind
bereits geschleift. Die im Briickenkopf Kehl jn
der Umqcbung Straf-burg gelcgencn Festllngsmerke
sollen bis zur Beendigung der sranzöfiicksen Vcset-
zung erhalten bleiben.

schöue, Pvlieüt M

bqum»Bettrg mit

haarinatrazen.

ZähringnsirchSt

Amsterdam. 3V. Okt. Na.ch dem MLnchcster
Eudardian hat Vonar Law gcstern erklärt. cr
erwarte die oollständige Natifikation
des Friedensoertrages und das endgült ge Zu-
stnndekommcn de§ Fricdens n i ch t v o r F e b r ua r
oder März 1920.

Wir können vorerst noch nicht annehmen. 'oan
dre Verzögerung solange hinausgeschoben werden
loll. Sollten unsere Eefangenen noch solange der
brutalen Willkür ihrer Peiniger ausgesetzt ble!bcn?
^-edcn Tag muk jcht ein donnernder Protest
gegen die aller Menschlichkeit hohnsprechende Ee-
waltpolitik der En.tente erhoben werden.

Wre stehi es mit der Neichs-
wehr?


Fre-tag,

s--"L

-s-W

Abgeovdneter Dr. Mareyky von 'der Deut-
jchcn Dolkspartei ergriff am MiLtwoch vormittgg
in der Naticnalversammlung das Wort zuin Hee-
resetat. Zn soiner eindringlichen und eniergischen
Art fesselte der Redner sofort die Aufmerksamkeit
des Hau/es. D^r Sitzungssaal, der in den lehten
Tagen stcts dsn Eind'ruck stiller Verlassenheit er-
n-eckte, wurde -am M.ittwoch vormittag bald Äer
Schauvlatz erregter Szcnen. Die anfangs gespielte
Eleichgültigkeit der soLialdeinokratischun und der de-
mokratischen Fraktion gegenüb.r den scharfon und
tresfcildcn D nrerkungen dvs Abg. Dr. Maretzkq
hielt nicht lange vor. Alle Zw'schenrufe aber hin-
dcrieii Len Redner nicht, dio Frage in Ihrer ganzen
Bcdeutung laufzuwerfün: wic es mit un.serer
Re-ch iwehr steht und was ihre Verfassung, 'ftü ste
gut oder bö.e, für uns bsdculet.

Dr. Marctzky wics darauf hin, wie undank-
b a r und u n k l u g es von trsr sorialdcmekratrschen
Paitei sci, das Aws.Ihen dcr Neichswehr zu orschüt-
tern. Dieso Bemerkungon bezogen sich namentlich
'.'I d.n Abg> ordneten -.S ch e i d e ma n n, der sich



Fre'ta^gjheinZ^^



nicht gcsch.ut bat. kochserdiente Offizvere der
dl-jchow.rhr in öfsontllckcr Verlonim.lung anzu-
srcifon. Der Abgeordniote Scheidcmann, so meinte
dcr R„. ncr, bc>be alle Ilrsach-', dcn Ofsiz'eren der
Nciui. mcbr dankbar zu sein. denn cr habo ihnen
in den Tacien d r reuolutionären Unrüh.m soin
An'r und. seii'-e Stelluug und vielle'cht auch sein
Lo'.n.n >i, dan-ke:-, gebabt. Dr. Maretzkn gab den
S ^ialdcinokr-aten, die inzwischon Ihr schlechtes Ge-
wiiicn durch erregte Zw'lschenrufo verraten hatten.
> - weitcren zu 'bedenken, daf; es bürg-rlichc Offt-
warcn. die in deu ttnruhen dcls Dcsinber
uud des Zaiiu.ar die Nnhe und die Ordnung wiedcr
lursi.eUti.il und dem .Morwärts" das Verlagshaus
zurückcrobcrten. -Aii-^h als unklug serchnet der Ned-
ner dcr Deursch n Bolksvartet das Verha-lton der
Scs-aldcmokraten. Dio Neichswehr fei dci- elnzige

Awei Ksue Seutsthe Koten

Jn der Nationalvcrsamnilung wurde qestern dcr
^ dritter Lesunq geqen die Stimmen der
berden Rerchsparteien und dcr U. S. P. ange -
n o m m e n.

Zn der heutigcn Sitzung des ttntersuchungsaus-
schusses wird Bethmann Hollweg vernommen
werden.

1 Deursche namcus Vernstein. Brentano.
Kautsky und Oppenheim haüen Pässe nach
Enqland bew lliqt erhalten. Sie sind vom Rate
zurBekämpfung derHungcrsnot zu
riner Besprcchung eingeladen.

Keine VeLeiligung an der Blockade

Von un'serem Berliner Vertreter.

(:) Berlin, 31. Okt. Die deut.che Nogierung hat
in Paris dio" A n t w o r t n o t e auf die Aussorde-
uing zur Tellnahme an der Blockade gcgen
Dowiel-Ntttzlaid iiberrc'chdl laisen. E'ngangs der
Nc-te wild darauf bingrwie'c'l, welche Wtrfu'rg die
Hu oerblockado ia D e n : Il a a d hatte, daü u l>
ter ihr in ersicr ?. I" die Eieijc. Fraucn u"d Kiu-
dcr zn leiüei: hateir nnd dak die Blockade auf dle
chc.jtesv.'lfasL'ttg dcc Bsvö'kerung in scrsctzendein
-u.ne Icw.i'.l u l) anärchi i ,ch. Strömungen gc-
fördert habe statt sie zu nehmen. Es wäre zn be-
ü.chtcn, vo« dlc-j: Eriabrunge- sich in Rutzlanid
wiederbvlen wurden. Hrnzu komme, dak so-
wvhl uach dcn allgemeiir völkerrechrlichen Erund-
intzen als auch insbesondere nach d?r Satzung des
künft'g.'ni Vvlkcrbnndes in vorlleg-nde.n Falle die
Verhäirgnng der wirtschaftlichen Blockade nicht ge-
gebcn sein dürften. Aus allen di-escn Grünccn l ält
die 'deutsche Realernng die von ihr veitretene Po-
l.lik dcr N i ch t e i n in i s ch n n g rn die inneren
Delhirllnlssc Nulrlands ncht nur sür grundsätz-
l I ch berechtigt, sondern auck: sür tatsäch-
lich z w e cke n t s v r c che nd. Die dentsche Ne-
giciling sei bercit. sich an einer Anssvrache über die
in Lctracht kommcn.de,' Fragen zu beteilrsen. Sie
ivcro s-'ch an allen irciend-mie zweckmätzig erfcher-
i°enden Matzilahinsn die das semci nsg me 'Ziel
des Schutzos gegen dcn B lchcwlsmus'crreichen
helren könncn, anschlietzon. Di' deutsche Negierung
jedvch nicht umhin iil ernsten Wortcn daranf auf-
n-.crkscvm zu inach.n. datz cin Zusammcmvirken der
Müchte nur d-ann crsprietzl'ich sein kö'nnte, wenn
nob 'n der Erkenntnis der attg meineir Jntercssen

auch die Achtnwg und loyales Anerken-
nen deir aegenseitigen Mächte gejichert sei.
Dies könne ,ribcr solange kaunr angenoin.nen >v-r-
den, als die alliiertcn uikd associierten Mächie es
für angängi« erachten über Deutschlonds Küsten
urd ,Sck)iffe solbst die Blvckadeinatzregeln zn ver-
bilngen.

Vegen die Ostsecblorkade

Verlru, 3V. Okt. Dio in Paris üb.rr- ichte Pro-
testnote gegcn die Ostseeblock-ade bea-nstan-
det insbesondere dad dsiitsche Schiffe aufge-bracht
wurden und an der balti chen und dänrschen K-üste
festgehalten werdem Sle v'rweist auf dlg durch
die Sperre entstehendc! schmere Schädigung de-
deutschen Wir tsch a f t s l eb e n s infolge des
Festliegcns der deutschen Echrffe in den Ostseehä-
fen und der Unterbindung der Zufvchr lsowi-s! der
Fischerei, Lie durch blotze Jreigabe der Territörial-
gewässer nicht bchoben werd-cn könnte und in Ost-
reutzcn wegen Ausbleibens der Kohlen den wirt-
schaftlichen ZusammenLruch herbersühreil würde.

Die Note betont ncchinals die Vcinühungen der
dcrstschen Rcgicrung uin die Zurücksührung der
Truvooir aus dcm Baltilnm und di' Nichtbeteili-
gvng deutscher militärischcr Stellen an 'den ttnler-
nehnrungcn gcgen Rlga und legt feierlichst vor
aller Welt Verwahrung cin gcgen solchs u n -
ge r e ch t fe r t i aten, ai ch nittttäri ch unbegrün-
detsn Vcraöltunssma.tznalimsn, dutch die zahllose
an den baltischen Vo'gängcn Un b e t e i l i gt e ge-
schädigt würdcn. Die d'utscho N.sgierung ersucht
schlietzlich nochmals dringend u,n A ufh eb u n g
der seitcns der Ententc 'clbst als vorübergehend
bszcichneten Matznahms und Freilassung der fcst-
gchaltenen Schi'fe.

Machtfaktor, >auf den sich die Neglerung -noch stiit'-
zcn könno. Mit den üürgcrlichen Offizieren aber
stche und falle oie gesan.le Reichsw.hr, und wenn
di-e Nclchswebr erl digt >ei, so gebe es nuch keinon
Halt mebr sür !die Negierung. So zerstöre
Scheidemann letzt'n Endcs die G r u nd l-a g e der
N e g i e r u n a.

Dr. Maretzky wies darauf hin. datz die Neichs-
wehr unter der hisherigen Vehandlung leider schon
gclliten habe. Zhre Lohnung ,ihre Verpflegung.
Ihre Klcidung u,rd Unterkunft seien in einem kläg-
l'chen Zustai ). W.'nn stch das nicht Lessere, sa
treibe m a n alle guten Elemente aus
dec Neichswohr. Nach dem Urdeil von Fach-
kenncrn sei der Gefechtswert der Trupven
hente schon auf ein! Drittel z u r ü ck ge)ga n -
gen. Wenn man so weiter wirtschafte, so müsse
dic einzige Stütze, die sür Nnbe und Orldtzung vor-
handcn sei, zusammenbrech n. DcshalL sei es
dringend'e Pslicht dcr Negicrung, den Verfall der
Reichswehr aufzuhalten, sür bessöre Kleidung, Er-
näbrung und Untcrkunft zu sorgen iind eine Enb-
chuldungssumnlv sür Ofsiziere und ttnteroffiziere
beieit zu stellen.

Abgeordneter Dr. M-arctzky -bezcichwet es dann
als törich t, datz man den Offizieren Neigu-ng
zu Putschversuchcn zutraue. Dic Offiziere seien
sicher zum urötzten Teirle i'ioirgrchistischer Anffas-
sung, trotzdcin absr ehrlich bereit. der RepubliE ru
dicnen. Jn ihnen l-ebe am allerslärksteni das Be-
wutztsein, datz unter den gcgebenon Machtvevhält-
niss-n, -d. h. gegen den Wlllen der Entctmte, eine
gewaltsame Aufrichtung dcr Monarchie in Deutsch-
la,:d ükinz unmöglich sei. Doshalb wünscho sicher
kein -bürgerlicher Osfizier die Monarchio vorfas-
sungswidrig eiilzusübron,. Dr. Maretzky kenirzeich-
net dann zunl Schlutz noch die Stellung seiner
Fraktion su dem Ro'ichswebrinlniister. Er fühvt«
-aus, datz Noske bei seiuen Versu-chen, die Ordnung
ausrecht zu erhaltnn, Untevstützung vevdiene. Dalbor
müsse nian die Schwlerigkeit wüudigen, in der er
sich jogar seiner eigenen Partei gegsnüber bestnlde.
Trotzdem a.ber sei ndcht zu verkennen^ datz der
Roichöwehrmlnister <1n überseugter Sozialist iund
deshalb ein scharfer, grundsätzltcher Geg -
ner der Deutscüen Volksvartei 1er.

Enlentc-Kommissionen

Vo-N nnserein Berlincr Vertreter

(:) Bcrlin, 31 Okt. Wie wir erfntzren, werden
die Alliierten bei Znkrafttreten des Friodensver-
trages eine Anzahs Kommissionen zur Ueber-
wachung der Znnehaltung der Friedensbe-
st i m m u n <ge n dnrch Deutsch'and nach Berlin
entsenden. Unter diesen Kommissioneil wird die
Kommission für die Entwaffnung Deutsch-
lands aus Vertretern Amerikas. Ewglands, Frank-
peichs und Jtalicns bestehen. Zn den anderen Kom-
missionen wird Amerika vorläufig keiiie Vertreter
haben.

Der nnch Verlin deleüicrte englische Ge-
sch ä f ts t r ü g e r wird Anfang der übernächsten
Woche in der Reichshauptstadt erwartet. Die
Nänme der englischrn Botscha-ft. sind bereits für
ihn in Stand gesetzt.

Unter den nach Berlin zu entscild'.'nden Koin-
missionen- wird sich auch eine solche brfinden, die
die Kontrolle darüb:r ausüben soll, datz die deut-
sche Negierung die auf der Liste der auszulie-
fernden Personen steh.'nden Persönlichkeitcin
in Gewalhrsam nimmt.

Die Ententokommission. die nach do,n Bakti

kum geht. wird bald -a-breisen nnd in Berlin die
intlichsn Vofohle, die von der dnitichon ReÄerung

amtlichsn Bsfohle,
an General von der Gölk geaeben worden sind.
pvüfeir. Dann reist die Kommissioil nach Kur-
land weiter.

Danzig. 31. Okt. Die in dcn letzten Tagen im-
mier lobhcrfter erörterte Fraae nach der National'-
tät des Oberkommissars für. Dnnig dürfto nun-
mchr aelöst sein. Znm Oberkommiisar wird S i r
R-egin-ald Tower ernannt werden. Nach Zn-
formationon der Danziger Zeituna ist dieser Na-
Me richtig.

Eine Denkschrist über die deut^che
tzeeresstärke

Wie unser Verliner Vertreter von zuverlässiger
Seite örsährt, ist im Reichswohrministerium eino
Denlkschrift ausgoavboitet worden, die ber En-
tento bei den Derhaildlungen über dio dckitsche
Hoeresstärke vorgelogt werden soll. Die Donk christ
ertäutert in ausgibiger Weiso die Unmöglichke'it
bei einem vlanlosen Aüban, der Noich.-wobr die
innere Ruhe u»!d Ordnuna 'N Deulschland ansrecht
zu erhalten.

Zwischen Pfalz und Elsatz wird eine Zoll-
grenze errichtct. nm dcm Schieber- und Schleich-
händlerwesen zu stenern.

Die Tage von Leipzig unv
ihr Ergebnis

Von Oberbürgermeister D r. Most - Sterkrade
Mitglied der Nationalversammlmrg.

Jn dem Augenblick, da ich diese Zeilen
schreibe,' bin ich noch ganz erfüllt von dem
Geiste der geschlossenen Einigkeit, der Freiheit
und der Vaterlandsliebe, der die Verhandlun-
gen durchweht hät. Nicht ein einziger Miß-
klang hat sie gestört. Der Eeist vom 18. Okt.
1813 und vom 18. Oktober 1817 war in ihnen.

Als ich am 6. Januar in die Nationalver-
sammlung eintrat, begrüßte mich eine mir seit
langem bekannte demokratische Abgeordnete mit
dem freundlichen Gruß: „Was wollen Sie bet
der Deutschen Volkspartei? Diese Partei hat
ja keine Existenzberechtigun g." Die
Sünden der demokratischen Partei sind ihv in-
zwischen vielfach heimgezahlt worden in den.
fllr sie beschämenden Ergebnissen der Stadtver-
ordnetenwahlen in ganz Deutschland, der Pro-
vinziallandtagswahlen in Hessen und ander-
wärts. Die Deutsche Volkspartei konnte in.
Leipzig die Tatsache buchen, daß die Zahl ihrer
eingeschriebenen Mitglieder sich seit dem ersten
Parteitag, Frühjahr 1919, auf das Fünf -
fache erhöht hat, und dabei ist, wie wir
nicht zulctzt aus unserem cigsnen Wahlkreiss
wissen, die Organisation vielfach noch im
Werden.

Eines der führenden Organe der demokra-
rischen Partei, ausgerechnet das Organ des
Herrn von Richthofen, der sich unlängst berufen
fühlte, in der Nationalversammlung die Deul-
sche Volkspartei scharf anzugreifen, spricht an-
gesichts dessen von einem beachtenswerten, ja
geradezu erstaunlichen- Fortschritt der Partei.
Wer die Grudgedanken der Deutschen Volks-
partei je richtig erfaßt hat, wird das „beach-
tenswert" unterstreichen, nicht aber das „er
staunlich". Zm Eegenteil, er wird sicher sein,
daß diese Eedänken sich je länger je mehr Plat;
erobern, immer mehr in die besten, d. h. inner-
lich wertvollsten Kreise des deut-
schen Volkes dringen werden.

Der Leipziger Parteitag hat somit zunächst
die E x i st e n z b e r e ch t i g u n g der Par-
t e i durch das Eewicht der Tatsachen erwiesen.
Er hat weiter eine Geschlossenheit und Einig-
keit in der Auffnssung gezeitigt, wie sie kei-
ner der bisherigen großen Parteitage — man
mag an den deutschnationalen, an den demo-
kratischen oder an den sozialdemokratischen
'Parteitag denken — aufzuweisen gehabt hat.
Die Hoffnungen, daß auch hier ein rechter und
ein linker Flügel gar bald einander in den
Haaren liegen, würden, müssen begraben wer-
den. »Einig war der ganze Parteitag in der
Vetonung der S e l b st ä n d i g k e i t der
Partei gegenllber allen Lockungen rechts und^
links. Kaum irgend etwas hat stärkeren Vei-
fall gesunden als die programmmatische Erklä-
rung des Parteivorstandes, daß die Deutsche
Volkspartei nicht daran denke, ihre
S c l b st ä n d i g k e i t durch Verschmel-
zung mit einer a n d e r e n Partei auf
zugcKen.und daß, wer das EeZenteil behauptet,
eine absichtliche Zrreführung begehe. Gegen-
über den D e u t s ch n a t i o n a l e n zog der
Parteiführer D r. Stresemann dcutlich
die Erenzlinie, indem er hinwies auf das Feh-
len eines festen Programms, auf das Durchein-^.
ander der verschicdensten Ströiuungen, auf das
Weiterwirken altkonservalckver Eedanken bei
der Deutschnationalei: Volkspartei. Ein
freundnachbarliches Nebeneinander, solange es
die praktische Politik zuläßt, sei ihr gegenüber
eingenommen, nicht minder aber ein unbcding-
tes Festhalten eigener Selbftändigkeit. Die
Front gegenüber der D e m o k r a t i s ch e n
Partei, deren gegenwärtige Führung einen
so bedauerlichen Mangel an nationaler Kraft.
wirtschaftlicher Einsicht und kraftvoller Ziel-
sicherheit aufweist, wurde immer und iinmer
wieder von Nednern aus den verschiedensten
Landesteilen und Verufsgruppen betont. Mit
 
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