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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt (61): Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1919 (September bis Dezember)

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Nr. 228-254 (1. Oktober 1919 - 31. Oktober 1919)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3728#0326
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bein> i>st Mld ibnen der Mut fehlt, nach andercn
Ausmeaen zu soähcn, rmch eincr' Förderuna
« der Kohlenbeute, nach einer Erhöhung der Be-
triebsleistuflgen. Daß eine solche schwache, un-
fähige Negierung, die die Not kommen sieht,
nicht schon durch eme and-'rc ersecht dst, bab siö
nicht selbst den Entschluß fast, einer anderen
tatkräftigeren Platz zu machen, wrrd am me:-
sten übcrraschen. Sie untergräbt, was sie sich
doch selbst sagen müßte. nicht nur unser Wirt-
schaftslebcn und bringt uns wciter abwärts,
sondcrn sie untergräbt auch ihr eigenes Anse-
hen. das Vertrauen zu der hcutigen Macht.
Es ist doch selbstverständlich. daß der kommettde
Winter mit kalten Räumen, stehenden Fabri-
ken, stilliegenden Verkehr, mit seiner Dunkel-
heit den Umsturz fördern muß. Ja, wcnn
wirklich menschliche Macht vergeblich gewesen
wärc, das Unheil zu bannen, dann hätten die
Mahnungen der Würdigen an der Spitze einen
Sinn gehabt, dann hätte das Volk sich vielleicht
gcfügt und das kommende Schmere mit Ent-
schlossenheit getragen. Tatsächlich aber war
die Möglichkeit vorhanden, rechtzeitig Abhilfe
zu schaffen. Das weiß.jeder, der gesunden
Menschenoerstand hat und keine Parteibrille
trägt. Seute noch auf eine Vermeidung der
Katastrophe zu warten, ist ein Unding, dcnn
ein Hochwasser, das bereits im Anschwellen ist,
läßt sich durch Dämme nicht mehr aushalten.
Es scheint, als ob heute alle Anstrengung n,
die Kohlen- und Verkehrskatastrophe zu hem-
men, zur Unmöglichkeit geworden ist.

Der Geist der Sparsarnkeit in der
Republik

Der Nationalversammlung sind Ergän-
zungen zu den Entwürfen des Haushalts,
den Reichsschu^den und der allgemeinen-Fi-
nanzverwaltung fjir das Rechnungsjahr 1919
zugegangen. Zm außerordentlichen Etat wer-
den darin zu einmaligen Ausgaben für Rech-'
uung der Gesamtgemeinschast 40.b Milliar -
den Mark gefordert. Faft alle Ministerien
beanspruchen gegenüber dem ursprünglichcn
Etat erhöhte^Auslagen, was auf den Eeist der
Sparsamkeit, der angeblich hinfort durch unser
privates und Amtsleben wehen soll, eigentlich
doch nicht vorbereitet. Aus der neuen Forde-
rung des Ergänzungsetats ergibt sich ein An -
leihebedarf von 40.6 Milliarden Mark.
Davon sind auf gesetzgeberijchem Wege bereits
32.4 Milliarden Mark Kreditermächtigungen
erteilt worden. Neu aufzubringen bleiben auf
demselben Wege nun noch 8.187 Miliar -
den Mark. Zm ordentlichen Nachtragsetat
werden u. a. 129.980 Millionen Mark für ein-
malige Ausgaben für die Eewährung von
Kriegsteuerungszulagen an öffentliche Beamte
und Mannschasten, ferner an Lohnangcstellte
sowie au Ruhegehaltsempfänger und Hinter-
bljebene gefordert. Außerdem ist der Natio-
nalversammlung eine Ergänzung zum Ent-
wurf des Haushalts für die Verwaltung der
Neichsmarine zugegangen. Darin werden für
die Zndienststellung von sechs Linienschiffen.
sechs kleinen Kreuzern und Torpedofahrzeugen
18.69 Millionen gefordert. ' Die Stärke des
Marinepersonals beziffert sich auf 694 Offi-
ziere, 142 Jngenieure. 580 Deckoffiziere. 3121
llnteroffiziere und 9097 Mannschaften und
dann noch rund 300 Beamte aller Art. Schließ-
lich werden 50 Millionen angefordert zur Bc-
friedigung der Ansprüche neutraler Mächte

aus Aulaß der Versenkung oder Veschädigung
von Schiffen durch deutsche Seestreitkräfte und
100 Millionen zur Vestreitung Lrer Ausgaben
sür die Durchsührung des Branntweinmo-
nopols.

Nationalversammlung

Berlin. 29. Okt.

Nach den letzten flauen Taaen herrschta heute
mal wieder Kampfstimmung im Hause. Lier
Noske - David. dort Gräf«.

Auf der Tagesordnuna steht die Fortsetzuna der
zweiten Veratuna des Haushaltes der
Neichswehr.

Abg. Maretzkn (D. Vp.) : Die Stärke des Reichs-
heeres von 100 000 Mann ist zu lierina. W'r dan-
ten dcm 5,eer fnr seine Tätiakeit zur Aufrechter'
haltuna der Ordnuna. besonders vrm General
Reinhardt. Auch monarchisch aesinnte Ossiziere kön-
nen der Republik treu dienen Wenn ste düqe
-winat. die Reichswehr zu verlassen. so stürzt d,e
Ordnuna zusammen. Die U. S. P. D. sieht in der
Neichswehr das letztc Vollwerl der Ordnuna. D,e
Reichswehr ist di? einniae Stütze der Reaierung.
Die Verpfleauna der Mannschaften tst unaenüaend.
ebenso d'.e Löhnima. sLärm links: Zuruf: FrüherN
Die Zukunfl der Leute ist nicht sichergestellt. Der
Gefechtswert der Truppe ist auf die Hälfte zurück-
acaanaen. vielleicht auch auf cin Drittel. Die
monarchistisch aesinntsn Osfiziere
wsisen einen mouarchistifchen Putsch weitvon
sich. Sie erkcnnen an. daß der Reichswehrmini-
ster rechten Lvillen hat. die Ordnuna aufrecht-
zuerhalten. Im übriaen halten wir ihn für einsn
überzeuaten Sozialisten. also für unseren schärfsten
politischen Eeancr. Wir halten Noske fiir aefdhr.
licher. alc; die Unabhänaiqen.

Abg. Stücklen lSoz.i : Am besten wäre ss. wir
könnten auf iedes Hser verzichten.' Soweit ist lei-
dex die Menschheit moch nicht. Natürlich müssen
Söljdner. die ihr Veruf für 12 I-ahre im Heere
Linden soll. anaemessen bezahlt werdsn. Für di>-
Verteidiauna des Landcs kommt -ein Söldnerbeer
kaum in Fraae. Zm Lanbe besteht dis Eefahr.
daß ein Söldnerhcer ein Werkzeua ber Neakt or
wird. (Aba! rcchls.l Zwischcn dn, Adeliaen und
Büraerlichen im Ossizierkorvs bestsht ein zahlen
mäßiaes Mißvsrhältnis. Zst d'e militärrsche ?ln
telliaenz denn unter dem Büraertum so seltcn? Die
adeliaen Offiziere bcainncn sich wieder zu sühlen
FLr die Gefanacnen wendel ^ e republikan sche Ne
ai-eruna mehr auf. als ic d'? M0"la.rck'ifche. D'>
Mshrzahl der-Offizicre steht der Reaieruna feir>
lich aeacnüber. Kein Wunder. wenn die Diszl
plinlostakeit auf die Mannschaft abfärbt. Ein
Heer von RepubUkanern ist die bcstr Sckmtzw-chr
aeasn Spartakisten und die mit ihnen wesensver-
wandten Alldeutschen. Die Sol.daten der Reichs-
wehr. die zurzeit „ur cinen Anzua haben. hckbc,
sich fveiw-illia damit beschicdeu. damit die Krieas
aefanaenen erst mit Anzüaen versehchi wcrdrn kön-
nsn.

Abg. Nacken (Ztr.1 D'e Ausoaben sür Hosr und
Marine miissen auf das unerläßlichste Maß lle
schränkt werden. Für dcn kommenden Etat müsten
die Aufstellunaen so oemacht Oerden. daß die Ge-
bührnisse Mr jed.s Mitalied der Neichswehr klar
erkannt werd-en können. Wir wünschen dac Godei
hen der Reichswehr. Mänael sind vorhanden
Dis bevorstehende E'i-führuna cines umfassende.
Unterrichts sür die Mannschaften bearüßen wir
Die Kascrne darf nicht Tununelplatz für Politik
werden. Die Leute und Ofsiziere müs)m auf d:>n
Voden bsr Versassuna stehen.

Abq. Gräfe sD.-NU: Dis alte Armee war d'e
Crundlaae unseres aesamten Vaterlandss. unssrcs
Deutschtums. Eie rvar die starke Stütze dcs Staa-
tes. Sis fnach links) haben die Armee
politisiert. Die LLhnunp ist unaenüaend. Wcnn
dis Leute schlechter stehen als Arbeiter. so wrrfen
^Se das qanze Geld für die Neichswehr zum Fen-
ster h'vaus. Wo sind denn die 7 Millionen Uni
formen aebliebcn? Ob das Reich die Kosten für
die Neichswehr traaen Lann. darüber muß sich d:
Reaieruna den Kopf zerbrcchsn. Der Reichswehr-
minister spr-cht zu den Offi.steren ant'srs als zn
den So.zialisten. und beide alauben ihm. Aber
wir haben nur dsn Schein eintzr aufrschterhalten

den Ordnuna. In der HandhaLuna der Zcnsur alc
Oberbcsehlshaber in den Marken war Herr Noskc
visl parteilicher als einer seiner Voraänner. Wsr
seins Versprechunaen ntcht halten kann. der soll
die Konsequenzen daraus ziehen. wie Herr Scheide-
mann. Das hat Präsident Ebert nicht aetan und
darauf soll die Pvesse nicht hinweisen dürfen? Wo
bleibt das Necht der freien Meinuna. wenn man
das nicht saaen dars? Ich zweifle nicht. daß der
Reichswehrminister in herrlicher Hsldenpose aeaen
uns den Gummiknüppel schwinacn will. (Beifal!
rechts. Zischen links.f

Reichswehrmiuister Noske: Herrn v. Graefes
Rsde w-ar Sclbstmordpolitik. Unser Hser und un-
ssr Vslk bra chzusammen unter der Last einer viel-
fachen Uebermacht und es ist -ehrenhaft daraus her-
vorasaanaen. Die Neibunaen mit deil Litauern
werden sich durch Verhandlunasn beseitiaen lassen.
Der Rücktransport der Truppen aus dem Baltituni
ist schwieriq. Es ist nicht würdia. der Nleichereaie.
runa vorimwerfenr ste verschlicße sich den Ansprü-
chen dsx. Rdichswshr. Aber es fehlt an Nohstoffen
und an" Ecld. Gesund wird di« Truppe werd n.
wenn unser Volk wieder aam aesunliet ist. Dcr
Münchener Geiselmord war furchtbar. Wer dicse
Dinae abwenden will. sorqe dafür. daß w r die
Ordnuna aufrecht erhalten könncn. Dis Vcrri'io.'
runa des Heeres ist lanmamer aeaanaen. wcil der
Friede immer noch nicht ratisiziert ist. E nc b?
trächlliche Verminderuua der Truppen aeht von-
statten. Die Geu.eräle sind soweil entlassen. daß
wir nur noch d.ie w rklich in Dienstcn stel.lki d'-
haben.

Zch fraae niemanden nach scincm polit'isch"
Glaubensbekenntnis. Die, Farben schwarz
weiß - rot stnd nicht die Neichssarben und es
dars nicht dan, 1 dcinoiistriert wcrd-n. Eine Neibe
von verdienten Unterossizieren ist bereits zu Offi-
zieren befördett wordcn. Zn der Marine sind bc-
reits 50 v. H. aller 'Stsllen für den Nachschub ous
den Mannschasten frei aehalt-en. Wir werden im
allaemeinen die Leute schon mit 18 Zahren anstel-
len: wer mit 80 Zahren dann austritt. muß, wenn
sr nicht Offizier acmorden ist. wissen, was er wcr
den kann. Wir werden ihm also den Zivilversor
aunasschein aebcn müssen. Mir müssen den Leuten
Äussichten bsten. Die Neichswehr sollte nichi
Sache des Parteiaezänkes sein. Zm heutiaen
Dcutschland' kann man mit Resolutionen und El;
fühlsduselei keine Poiitik machen. Am demotrati-
schen Stammtiich kann man über ahsolute Freihe I
reden. aber b.i einem Schictial vo.i 60 Milüone:''
steht mehr aüf dem Spiel. Das Neich darf weder
durch Tollheiton vo.i rechts nokb durch Narrheiten
von links aefährdet merden. Z-d-rr Büracrkr?a i>
zu vevhindenl. (Zuruf rechts. Novsml>-.'r! Zurus
linksi'Wo warcn Sie d nn im Novcmbcr?) Zch
werde jeden Pulschversuch von rechts aenau so be-
kämpfen wie dcn ron links. Ze kle ner dic Truppe.
desto schärfer mird sie zupucken- VorwärL: und aus-
wärts (Lebhaster Veisall bei der Mehrheit.)

Minister Dr. Dasid: Die Niederla'ac. als Folae
der Rcvolution dar?.ustell>-n. ist e ne bodmlose Enl
stsllung dcr Tatiachc. und ^un schleudert Hcrr von
Graefe seinc Anklaacn acaen die. die diu Fe>
unterzeichneu'inußtcn. lZurüs rcchts: Wa 'iim hat
denn Schsidemann nicht unterzeichnet?) Sie ken
en hie Beweaa.ründc'. Sie (nach rechls) sind woh'.
so rwrblendet. üu.hosfen. daß Tentschland erst Lol-
schewistisch werdcn muß, dainit dann die Neaktion
Tommsn kann. Das wäre die ein.siac Erlläruna
fik Zhre Politik.

Abq. Dr. Haas (Dem.): Wir-siud besieot wor>
den von Deutschen. von den-.n die uns durch den
U-Bootkriea Amerika auf dsn Hals-'hetzten. Eeaen
eine Wslt von .F-e nden hatten wir Stand ?,u häl-
ten. Haus und Hof molltcn die Soldaten vcrtei-
diaen. weiter wollten sie auch nicht a.'h'en

Abq'Köncn (ll. S. P.) wiederholt. die von t».i.
Unabhänaisien immer voraebrachten Anarisse aus
den Re: chsweh rnnnister.

Nach einer. Erwideruna Nosk.es werdcn einiae
weiters Tit'-l und Entschließunacii anaenommen.
Der Rest des Et,ats wird bewi N i a t. Feriu r scn-
den Annahme: der Haushalt des Reichs.mil tärae-
richts. der Haushalt dcr Verwaltuna der Reichs-
marine, der dcs Neichstaas. dos Rechnunashofs.
drr Reichsdruckcrei. der Neichsschuld dsr allaemei-
nsn Finanzi-.rwaltuna und dss Etatsaesetzes.

Dle Aochschulreforin

<Zm Staatshatts.h-altungsarls1chuß der preußi-
schen Landesversainmlung ist> vou der Deut-
schen Volkspartei folaender Antrag Dr.
Taer zur Hochschulreform eingebvacht wavden:

Der Ausschuß wollie bosHlietzen: bei der Landes-
veHmmnlung zu beantragen, den Mnistcr Dr
Wisserischast. Kunst und Dolksbildung ru ersuchen,
-ur Durchführung der angekündiaten HMchulre-
form, mit vunlichster Bsschlsunig-ung nach folgenden
Gesichtspunkten vorzusehen:

1. Soibald die Finan.llase es erlaubt, ist der
Gnm-dsatz durchzuführen, daß daiucrnde
Lohrbedürfnisse durch volls Ordina-
riate zu befstiedigen sind.

rr. Sogleich sind in wciteftge.hcndem Maße Ex-
traordinarien nach Dcsragunn der Fa>kul-
täten zu persö ilichsn Ordinarien zu ernen-
nen; soweit Hochichulkörp:rsckiL.ften' hier-
vurch zu umsanzrsich wcvden. sind entspre-
chende Satzungsänderungen vorzunehmcn.

8. .Das Berufun gswesen ist in eüner
Weise zu vrdncn, bei dcr unter vollcr
Wahrung drs Rechts der Fakultäten die
Mitwirluna der außerchalb Lcrselben sts-
henden Lehrer und Praktikcr des Faches
gesich.'rt wird.

Die verbleibenden planmäßlgen Ex'travr-
dinarien sind zu ordentlichen Honövarpro-
fessoren zn ernennen.

v. Svbald es dir Finanzlaae «rlcucht — inso--
sern ksine Mchrbelastung drs Stalatshaus-
hcüts eitttritl, »oalsich — ist der Grundsatz
durHufuhren daß E Asfistenten-
llellen dre nur von wissenschaiftlich voll
durchgebrloelen Spczialisten cvusgeführt
werden koni'.en. in Stellien umgewandeli
werden, die rechtlich und matsriell
den Ooerlehrerstellen glcichstehcn.

V. Sobald rs die FinanziLge crlaubt. ist der
Grund,atz durchmführen. dsß Privat-
dozcnten, die im HcMptbsruf sich der
Lchrtatiskeit und sie untsrstütziLnden wis
senschirstlichen Arbeit widmen. wenn sie i?
zweijähriaer Probszeit sich bowähren, auf
«mge'nche-r begrevzte Zeit ein gewisses
Mindvsts inkomm'en garjrntrerl
wird.

7. Soseich sind dcnhenisrn Privatdozsnten

und außerpl.rninäßiiLSn Extraovdiniarien,
an deren V^rbleiben in der Laufbahn ein
wese'ulicheo Znlrcsse der Wissenschaft vor--
liegt, ssw'il ihr Einkommen zur Sicherung
der Existenz nicht ausreicht. anaemessen da-
tierte Lehrausrräae oder Stipendien izu
erteilen.

8. Denjenige,, Privatdozenten und außer-
»lanmäßiaen Extraordinarien, denon an
d?r Hochschule di.e Existenz nicht sesichert
wrrden kann. austdie crber die Dorausset-
zunV-'n von Nr> 6 zutresfen. ist, soweit dcr
Staat dies zu gewähren oder verschaffen
befugt lst, rechctichcn Ansprnch auf Uc-ber-
nahme in andere Ctelli-'n des öffentlich^n
Dienstes, zu denen sie aeeianet sind, unter
Erleichterung des Ueberaanas und Anrech-
nuna der Assistenten- und Dozentenjahre
zu gewähren.

9. Allen Mitaliedern des Lehrkorpers un-d den
in Nr. 5. gcnannte,: Assistsnl-cn ist die Mit-
benutzum' dcr Forjchungs- und LehrEte!
der Hochschulc- und ihrcr Anstalten zu ge-
währieistcn, syweit solchcs Recht nicht mit
den alltt-.Meimn oder besonderen Zwecken
der Hochschule und ihrsr Anstalten in Wi-
derspruch gerät.

10. Die Hochschuloersasstingj.'n sind lo M cm-
dc-rn, daß nichtordentliche Lehrkräfte, Assi-
ttenten. Veamte und Studenten in allen
/sie miterhrenden Fragen gemeinsam gslöst
werben und soweit möglich mitbestimmen.

Theater und Musik

* Der Musikvercin Mannheim ibegsht am 1-
November das Jubiiäum seines OOjähriaen
Besishetts. Zn diessn 90 Jahren hat der Ber-
etn unter ersten Diirigenten. davcm in den letzten
elneinhalb Zahrzehnten. La-ngsr. KAiler, Kntzsch
bach, Bodantzln und Fetix Lederer, besonders die
Ilassiichm Meister des Oratori-ums aepfleat, wobei
Händel, Haydn und Brahins. Mozart, Schubsrt,
Beethovsn, doch auch Bruckner Liszt Berlioz svwie
moherne wie Wolf-Ferrari zu Ge-Hör kamen. Der
Musikverein der sich vor kurzcin mit dcm Lshrer-
Eesanaverein Mannheim Ludwigshafen zu künsüe-
rischem Wirken verband. wird dadurch noch üs-
steigerte Wnttlerijck)e Wirkungen erreichen Wnnen.

Kunst und Wissenschaft

HeidelScr.rrsr Alaöemie der VsscnKasten
'Stistuna He nr.ch Lanz)

Sitzuna dor math.matisch - naturwijs-nschistlich'n
Klrsie

am 19 Oktobcr 1919
Vorsitzender- Herr Lütschli

Es u^rdcm sc-lge.rde Arbeilen siir die Sitzungs-
berichte voraeleal:

1. Von Hcrrn P. Stäcke! cin.' Arbeit von
Professor F. Pseiffer lHeidklberg): „Bestim-
mung der äußer-'n Oriantisrung siner photvgra-m-
metrischen Aufnahme"

2. Von Herrn L. K öu > >gsber ae r (Hcidllb.'rg)
„Ausdchnung der Abclschen F-undamenialsätze auf
kn-etische Pol-entiale beliebiger Ordnuna"

3. Von Hsrrn P. Stä.ckcl (Heidelbcrg): ,.Be-
N'ertunacn zum Pri: zip des kleinsten Zwangs."

1. Von Herrn L. Zo>st eine Arbeit aus dem
Na.chlaß des verstorLenen Mitglieds dcr Klasse Gg.
Klebs: „Aebcr das Vechalten dcr Firnprothal-
lien asaenüber Ani'ii-jarb-n."

5. Von' Herrn V. Lencvrd eine Arbeit von
Professor K. Ull-r iGl-.ßcn): ..Eine 'Kritik der
Llektrednnam'ik und Nelativistik."

Dis Klajse erledigt hieruuf icinige gescMtlichs
Angelegenhciten :n'd beu'illi-gt' 1600 Mark zur Un-
lerstützung wissenschajlricher Ärbeiteu.

* Prof. Dr. Eustav Nadbruch wurde zum Ordi-
narius für Stras- und Prozeßrecht an der Univer-
sität Kiel,ernannt. Dr. Radbruch der erst lürzlrch
einen Ruf auf einsn an der Universität Köln neu-
errichteten ord. Lelirstubl abaelehnt hat, habili -
tierte sick 1903 in Hsidelberg mit der
Schrift ..Der Handlunasbearisf im Strafrechtssy-
stem". Hier erbielt'er den Titel eines a. o. Pro-
fesiors und lebrts zualeich an der Handelshochschule
Mannheim als nebenamtl. Dozent. Ostern
1914 kam Prof. Radbruch nach Königsbora und am
1. April 1919 nack Kiel. wo sr die a. o. Profesiur
für Nechtsphilosopkste. Staatslshre und öfsentliches
Recht übernabm. '

Deutsches Reich

Die Versorgung mit Schuhzeug

Vvnunserem Verliner Vertreter
(N Verlin, 30. Okt. Zm Volkswirtschastsaus-
schuß der Nutionalversammlnng wurde in der Sjt'
zung am Diienstaa und Atittwoch ein von den Ab-
geordneten aller Parteien a stellter Antrag b.han-
delt und angenonimen, der die Reichsreaieruna iM
Auskunft darüber srsucht. welckr wiaßnahmcn
Versorauna der minderbennttelten Bevöike-
runa mit billigem Schuhzeug erarifsi.-n si,m
und bis wann die Versorgung damit wirlsam
wird Von mehreren Sciten wur-de in der Aug.
spvache verlungt, man soll den Kreis der Mnde^
bemittslten nicht zu ena zii.'h.'n, da heute sehr vicl
Gowe'rbetreibende. Kleinhändler uiw. oaru-nter
fallen oürften. Ferner wurde. v.rlangt, daß nicht
nur die Schu-Hsabrtken, sondern auch die Sckmb-
mackrr Leliefert ml-'rden ncüßte. Der Minister vab
hierzu sine besriediaende Erklciruna ab.

Verkehrssabota.qe im Elsaß.

Verlin, 28. Okt. Die Einstellung des
Güterverkehrs zwischen Elsaß-
Lothringen und der Schweiz ist laut
Ecnfer „Feuille" durch die unruhigen Verhält-
nisie in Elsaß-Lothringen notröendig geworden.
Die elsäjsische Bevölkerung ist Lesonders dcs^
wxgen erregt, weil Fankreich Aufsichtsperso-
ual gesandt hat, das nicht einMl die deutsche
Sprache behcrrscht. Die Eisenbahner habcn
nach ihrem letzten Streik die Arbeit wieder atL
genommen, ohne die volle Erfüllung ihrer F^
derungen erreicht zu haben. Sie rächen fich
nun dadurch, daß sie denVerkehr saboti -
ren. Das gleiche tut das Personal der Rhein-
schiffahrt. Die Behörden haben baher die
Schweiz ersucht, ihre Waren über sranzösisches
Eebiet zu lciten.

Vegrifssstutzig

Das „Berlmcr Tageblatt" sche-int sntweder ab-
sichrlich oder aus B'arisssstutziLksit außer Sra^s
zu scin, die Stellungnahme der Deutschen DoUs-
pariei sum monarchischen Esdanken z-,
ve.stehen. Zm Abendblatt vom Freitag Lem.i.rr
es zu d'.essr Haltung solgeni-ss:

„Dam-t trsunt jrs (die Deutsche Dolkspartei)
sich cndsüitig von dom Block dsr r-vublikalwilcheiü
Partcien, die die demokratische Rspublik vsrtrr-'
digcn, we.l sis die Vovaussetzung eines ru-d>
oen Wiederauvbccus ist und ihr Umsturs das
Land in endlose Bürgerkricgs verwickeln wü^'i
Es ist e'm Lesäihrlichvs Svst-l, das die Denjsch.'
Dolkspartei trsibt."

T-.rvan ist sooi-el richt'a, dcrß sich die Deutscys
Volksvartc-i allerdings von dsr republiraMschen
Leibaa-tds trsnnt. Zm übrigen absc lisgt 'h>"
n-ichts^fc-rnsr, als die Absicht, sinen Vürgertr «a zu
entjesieln. Sis erwcrrtet, wie das „Berlin«r Tae-..
blatt" gO.rau wisssn könnte, dis Verimrklichurrg kh-
rss Aisles-vöw ö'mem schon beginnen-den Ueberseu.
g.'^imchwung des d-.utschm Volkes. Danrtt
Lrc^bt dic Dcutschs Bolks-partei kei.r gssälirlche,
Spiel, soude.in sie bleibt völlig im RahmsN
einer geschichtlichön E n t w i ck l u n s, dic stcy
d?m. Wesen dss sddutschen Volkes anpatzt und d.--.
halb ernen sans ruhigen Verlauf verfpr'cht.

Entschädigung der vertriebenen
Elsoh-Lothringer.

Dcr Abg. o. Schulze - Eävernitz hat eine
Ni-sraae angemeldet. die sich nrit dem Notstand und
der Beunrubiauna in den Krersen der Flücht-
linae aus Elsaß - Lothrinqen beschästiat.
Zm einzelnen fraat.er. ob die Neaierunq noch in
diesem Winter ein EntschädigunqsqLsetz
für die vertriebenen Elsaß-Lothrinqer einzubrinqen
qedenlt und oL die Reqierunq Ausschüsie von Sach-
verständiaen für die entstandenen Schäden ins Le-

Hclst ujer» Ges«««!

Neues aus all.r Welt

" Drr Haustyrann. Der Schairspreler Theodor
Dörinq. emst der vielqeseisrte Komiker des Ber-
liner Schausprelhauses. lebte zwar in sehr qirickli-
cher Ehe. doch soll seins Frau Mathilde es ver-
standen haben. den Ehelierrn völliq zu lsrten und
zu beherrschen. frcilich. wie das sir erner qutsn
Ehe so stin soll. ohne daß er das qsr'mqste merlte.
Vielmehr war Dörinq der sestsn Arrstcht. daß er
sein Heim als Haustyrann reqrere. ..Zu Haisie.
sakte er einst voller Stolz. „bin ^ch der reins Na-
polson!" Worauf ihm sin quter Frsund. der
Schr'ftsteller Hiltl. erwiderte: „Za. lisber Dörinq.
aber auf Elba — auf Elba!"

^ Dat Klockenspiü." Unter diest'm Trtel crziihlt
d-.e im Hamburqer Quickborn-Derlaq erscheir.endr
Zeitschrift „Plattdütsch Land un'Waterkant" sol-
qende Geschichte: „Vor en por Zohr kummt mol
son lütten Kafseesachs no Homborq. Opn Hoppen-
Mark heurt he chat Klockenspill: „Ein seste Biua'
pmqeln. „Ne. heern Se mal." seqqt he to en Spic-
kearbeitsmann. „das heert fich ja qanz wunderbar
an!" — „Dat is hüt noch qornix," seqqt de Mann,
„dor möten Se mvl komen. wenn'n Senater dood-
Lleben is: denn spelt all de Klocken von all de
Hainb'orqer Toorms vesrteihn Tooq lanq m '
Törn: N-un danket alle Eott."

- Die Heiratsluftigen von heut«, die m
Kopf zevbrechen, wie sie angesichts der unersch
lichen Möbslpreise sich rhr sigeneis Hsinr einrich "
sollen, werden mit Neid und Wshmut jene SteU-'
in >der .^Qdyssoe" lvsen, i,i der srzäHlt wir-d, wie
der aöttltche Dulder Odysseus sich fein He'.m
bereitste. Als sr im Begriff -war, scsins Pen.-lope
kcimsuführen. Wählts er in seinsm Hofc einen statt-
llchen Olivenbaum aus. dsssen Stamm einsr Säule
gl'ch. Rings um die-sen hsnum baute er sich stu>e
Hochzchtskamriner, bedeckle disss mit eimnr schonctt
Dich und schlo-ß sie mit einsr soliden Tür. Dann>
schlug er die Blätterkrcms des Olivenbaums oD
glätteto den Stamm inlt drm Ecsrn und bearbe^^
tets vhn mit allsr Kunst zu ciner herrlichön Bettt.
stell-e. Dannt wari die Sache für ihn ohne Kosttk
U"d in standcksgemäber Msiise evledigt.
 
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