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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt (61): Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1919 (September bis Dezember)

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Nr. 255-279 (1. November 1919 - 29. November 1919)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3728#0340
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Auck die deinokratische ..Voss'sÄe -3^V.
tunn" sindet es durchaus sumpatliisch. wenn nnt
Entrchtllna a.-aen die Leute prot.it ert wird'
n?n nan/plütUich die deutsche und prcukische De-
kckichte als cin Buch des Unrechts u.id der c-unde
erscheint. Der 6>eist. aenen den sie kier Min Proteit
auffordert. ist aber tatsächlich d" welcher in d r
demotrat schen Partei und deren Politit die Rich-

^EinigcrmaKeii erstaunlich ist die Stellunn-
nabme des Zentrums in der ..Gcrmunia. die
bülanntlich nleichzeiUN ^as Drgan Erzbc^
balbes Nenierungsoraan nt. dap^r

das. was sie uns in diesem Fall vorsetzt. iium aron-
ten Teil als Ncaierunasweisl>eit anzusprechen ha-
ben Und d.ese lautet: ..Dic Deutsche Voilsparter
'solle >.'ch vor allen Dinaen.die Real'.runa unter-
llütien tue sie das. so sei allerdmas ein Laure-
rung"prozek. das heikt eine Abstospma widerstre-
bcnder Mitalieder. nolwendia. und ^ckil mmd^r

eino scharfe ?srüntstelluna aeaen dve Deutsch-nati^

nalen" Ms Gcaenaewicht stellt die „Germama
der Deutschen Vollspartei verstärkten Zuzua von
rechts und links in Nechnuna. da nach M stckt des
Zentrumsblattcs viele Demokcaten emer Mitte.-

partei zustrebc i und auch a.'te. den D>-ut!Lnat o-
nalcn viele arbeitssreudtae E.emint- vorha^den
si, d. die für die Dauer,an der r.?po,:l.an allein
keiu'en Gefallen finden. ' , . , . . .

Beimrkenswert nt bierbei 'n.hesondr^e oer
niedl'ck>e Seitenbieb auf den kleinercn Vruder
jn der Neaieruna. die demokratische V^,r-
tei. der die Berechtianna. stck, Mitlelparte: zu
nenn'en. auch bier abaefprochen wird.

Der Parteitaa hat aber >auch einstimniia sei-
nen Willen dahin kund aetan. dast er nach rechts
aeaen die d e u t s ch n a t i o n a l e D o lk spar -
t« i unbedinate Selbstäpdialeit der Partei forLert.
Besonders böse ist uns deshalb die ..Deu t s ch e
Taaeszeituna". die schon einiae Taae vor
unserm Parteitaa die aoldenen Worte sprach:
Man muk abwarten. ob die Deutiche VoHspartei
daM übsraetzen witd. Unterschiede «eaenuber der
Deutschnationalen Volkspartei planmastia heraus-
marbeiten und iin praktischen Derhalten aanz ver-
treten... Wenn der,Parteilaa nun auch in kei-
ner Weise Unterschiede tünstlich herausaearbeitet
hat. so haebn stch doch solche UnterschieLe eraeben.
sogar in programmatischen Fraaen (Einheitsstaatj.
huch ohne die offizielle Entschl^kuna Deut-
schen Volkspartei zur Selbständiakeit mukte es
demnach den Deulsch-nalionakn Smnmelpolitikern
klar wcrden. dak ste stch nicht aus richtiaem Weae
befunden hatten. Selbstverständttch hat der Par-
teitaa seine volle Austimmuna dazu aeaeben. in al-
^en aemeinsame-n yraaen soweit als iraend
möalich. eine Zusammenarbeit zu erzielen und ein
aeaenseitiaes freundschastliches Verhältnis aufreckit
zü erhalten. Nicht aerade aesördert wird dieser
Entschluk durch Zne Art. wie die Deutsche Taaes-
zeituna ihrem bedränaten Hrrzen in sehr wenia
^chlicher Weise aeaen Dr. Stresemann Luft macht
Besonders interessant ist aber in der Stelluna-
nahme unserer Nachbarn zur Nechten. dak ihre Ee-
fühle ob rrnseres Selbständiakeitswillens ziem -
lichverschieden stnd. Während die liberalen
Kreise der DeuM-nationalen. wie erwahnt. sich
von oer Sammeltrompete schwer trenmm können.
Lrinat der Mbrer der Konservativen. Graf We-
star p. in der .K r euzz e i tu n a" uns in die-
sem Fall sehr sreundliches Verständnis entaeaen.
Er schreibt nämlich'

Den Eedanken einer Derein aunq mit
^ Deutsch-nationalen Volkspartei hat die Deutsche
' Dolkspartei endaültia abaebehnt. Es ist al-o cine
unabändLrliche Tatsache, mit der jedor Poll-
tiker reckncn mvü dasi ^ ese.r Geöauke e> d-
aultig erlMat P. Wenn. Lies noch in manchen
rechtsstehendcn Kreiscn bedauert wer>-'n
so kann ich mich dem nicht anschliek^a.
glaube vielmehr dak neben dersenigen Partei.
die am meisten rechts steht u. in der deshalb^auch
die alte konservative Richtuna stch betatiat,
Raum und BetätigunasmöalichkLit für eine auf
nationalem Boden stehende Mittelpartei
durchaus aegeben ist. Der an die
Soz'aldemokratbe geschmiedeten demokratischen
Partei mit ihren pazifistischen und international
aerichtcten Tendenzen. kanll die Nolle der Mit-
lelpartei nicht zuaestanden rorrden.

Weitrr beschästigt. stch Eraf Westarp in demsel-

ben Artilel mit den vorhaiideiicn programmati-
schen Unterschied e.n zwischen der Deutschen
Nolkspartei und den Deutsch-Nationalen und
schreibt hierbei:

Mit den alten konservativen Kreisen mutz
rechu>cn. wer zur Deutsch-nationalen Volkspartei
Stellung nimmt. „Stände noch. die nunmehr
von beiden Seiten endgültig ausgegebene Vev-
schmelzunq der Deutschen und Deutsch-nationa-
len Volkspartei zu erörtern. dann wüvde es zu
verstel?en sein. datz man prüft. ob die Deutsch-na-
tioimle Vollspartei gleichfalls sich zur Mittel-
partei entwickelt. oder die Konservativen der
alten Richtung mit umfassen. die ausaesprochene
tNcchtspartei sein will."

Demnach erklären die Konservativen klipp und
klar. dak die Deutsch-nationale Volkspartei vor
di-c Wal)l aestellt ist. entweder auf Dereinigung
mit den Konservativcii oder den Liberalen zu ver-
zichten. Die Deutsch-nationale Bolkspartei hat
das lehter- aewählt. — Die Deutsch-nationale
Partei Korrespondenz schreibt hierüber:

Unsere Aufgabe lie»t durchcms in der Zukunft
ünd die Leitsterne dieser beutschen Zukunst sind die
alten Jdealc gerade der konservatioen Partei. die
auch di« deutsch-nationalen sind: Christentum.
Vaterland. Monarchie."

Zroeifel können also jetzt nicht mehr bestehen.
dah der Deutschen Volksparlei volle Lebensberech-
tigung innewohnt. und gcstlltzt auf das Pro-
gvamm. das ste stch als erste politische Parlei nach
der Revolution gegeben hat. wird ste stch ihrer
Verantwortung bewutzt. unbeirrl ihre nationalen.
sozialen und liberalen Ziele verfolaen und der
Verwirklichuna eutaeaenführen.

Englands Raub der deutschen
Kolonien

Londoner Blättern zufolge ist im englischen Unk
terhausc am Montag Lbcr dns Schicksal der deut»
schen Kolonien gesvrochen worden. Auf mehr-
fache Ausrage, ob das Mandats Englands Lber
die Leutschen Kolouien n»r ein vorübergchendes fei,
äugerte Lloyd Eeorge, cr habe die Uebcrzeagung,
dab das Mandat ein dauerndes fär Lngland
bleibe. »

Die deutschen Truppen im
Baltikum ^

Strengstc Matznahmen

Die Reichsregieruug hat in der Kabrnetts-
sitzung am Donnerstag nrit Rücksicht davcruf, daü
di>e ALtransporte im Baltitum öisher ungenügeud
sind und das Berbaltem sahlr-ichcr Trirpvenleile
HU den schäristen Auakir-Lhmen zw'uigt, den Beschlutz
gcfaöt, dad sämtlicke Truppen, die nicht bis zum
1. Novsmber die dculsch: Ercnze passierten,
als f>ahnenflücht ig ' rklärt wcrdcm. ^Sie ver-
lieren die deutsche Staatsangebörigkcit und damit
auch sclbstpevstänrt.ch alle Lersorgungsan-
s p r ü ch e.

35 VllO Mann zn dcn Ni.ssen üüergegangen

Die N^aknaihnren der Re'.chzrcgi.rung Mgen die
Truppcn im Daltikum sind vnvev-üglich, ziach dem
Eintresscn des aus dcm D.ilr.ku'M zurückselührten
deut'schen Ecsandt^n für Litauen Frerherrn von
Maltzhahn, getvosfen word:n. Nach den Dav-
stellungen des F-rerhcrrn von A^alhhahn sind Don
dchr vund 40 000 Mcmn, dr- in Knrland kämvfen,
n.ir etwa b bis 6000 übcvwicgiend tcchnischc Tri'v-
pen, Bäckerkolowrien un>' Intcndanturmannchaften,
den Bsfehlen dcr Regierung mrchgiekommen. Der
Nest, 34—36 000 Manii, ist zudenRussen
ü vergeg angen.

^ An der Angelegenheit Levien ist Staatsan-
malt Lieberich nach Akünchen zurückgekehrt und
hat Lenn Iustiznrinisticr über die Dorgang,^ in Wien
Dericht erstattet. Die Entscheidung über die Aus-
lieferuns Leviens wird in den nächisten Tagen
fallen.

Wieder eine französische Mordtat
in der Pfalz

Me wenig d>en französischcii Soldaten ein
Menfchenloben gilt, -eigt eine neue M»ordt>at in
Kaiserslautern, deren Opfer der 27 Jahre
alte Kaufmann Richard Möbs wuvde. Dieser
mochte, als er in Bogleitung ernes Freunees
abends gegen 11 Uhr in der Pinnaseuser Stratze
an zwei dentschen, Lei cinein Fran^osen steh>.nd:ni
Mädche,vorüE>evging, etne abfällige Bemerkung übcr
das Benehmen diäser Mciber. Daraufhin schlug
eine diieser „Damen" dem Möbs mit der Hand >ns
Eesichl, worauf dioser mit seinem Stock uach dcr
Angretferin schlug. Der Franzose, der nichl im
gcrrnssten. belastigt wovden war.' licf zunechst da-
von, kehrte aber bald init mGrercn K'amc-vaden
surück, von denÄk zwoi beni Akbbs und desten B«-
gleiter die Revolver vorhiclten, ivährend d'ie an-
deven auf sie oinschlug-cn. Als der ru Boden ge-
stürzte Mbbs sich erbebcn wollte, Hib der eine der
Fronzosen auf itm droi .Schchüsse ab. Eine Kugel
streiste den Vegleitor Möbs: dieser selbst erhielt
einen Schutz in den Unterleib mrd st«rt> im Kran-
krnhaus an der erlittencn Verletzung.

Möbs ist das dritte Todesopser fr«rr.;ö-
fischer Soldatcn in einrm Monat. Die drei
Mordtalen werson ein grelles Schlaglicht auf die
LeiAen der. vfäklschen Bcvölkerung, d're l>ei den
jef.t in der Psals herrschenden Zikständen ihres
Lebens nicht mehr sichcr ist. Fm bkamen der Mensch-
lichkeit nvüssen die Psälior sosortige und grüng-
liche ^Milse sordern.

Deutsche Delegierte nach
WashingLon

Berlm, 31. Okt Als deutsche Delegiertlc
für drr Arbcrterkonferenz in Washington sind in
Ausstcht genommen: Als Vcrtreter der drutschen
Reichsregierurig Staatssekretär a. D. August M ü l-
ler. der zugleich Leiter der Delegation ist. und
Reichsroirl'schustsmin ster a. D. W i s s e I. als Dcr-
treter der deutschen Zlrbeitgeber Werkdirettor R e -
genborgen und als Vertreter d«r deutschen Ar-
beitnehmer dcr steüverlretense Vorsitzende dss a!!-
gemeinen deutschen Gewerkschaftsbundss. Gratz-
mann. Dje Delegatiou wird von einer grötzcren
Anzahl technischer Ratgcber begleitet.

PresLigefeldzug in England

Amfterdam, 31. Okt. Die englifche NegierstnÜ
hat beschlossen, zur Stärkung chvcs Prestige. das
währeud der letrlen Monate st-ark selitten hat, im
Miizen Land cine Kampagne zu ».'ranstalten. die
von Lloyd Geor«e und BonarLaw geleitet
werdon foll. Es sollen ,;wtsck>on dem 10. November
und 15. Dczenrber im Laiuen 200 Manenversamüi-
lunc-sn verLnstältet w.-rden, in dienen die Minister
als Redner auftreten werven. »

Die Osfiziere vorr Scapa Flow

Breslau, 30. Lkt. Ein am M.ttwoch abcnd aus
dcm enLlischen Gefmlsencnlagek Donningtsnhall
surückLcikehrter Osfiziec berichtete dec > Schleji-
sch. n, Volkszeiiung: Im Kriegsgesangenenilager oon
Donningtonhall werden gemätz einer Ver-
füguns dcr enÄlischen Regierung dev Führ e t der
deutfcheii Seestreitkräfte in Scaoa Flow
Admival Re.utter, ein Kapitänleutnant, ein
Oberleutnant z. S., 3 Lo.idonslicg r, ein U-Boot-
komnArndant unb 6 Scaoa-F l o riiAcan irschasten
(als Ordon-anzsnj zurückgehalten. Die Os-
frzrere sollen oor ein Gerrcht gestellt wcvden.
Auch die übrigcn, daruntcr 20 SovVa>-Flaw--Ossj-
ziere, werden nicht in die H.eimat entlassen, scmdern
sollen bis zur Erledigung des serichtlichan Bcvfach-
rens in Dccwa-Flow rusammengezogen werden.

_Destätigung. dieser Meldung. liegt nicht

v o r.

Aller Seelen

Aller Seelen sehnen sich nach Sonne,
Nach dem goldnen Lebenslicht,

Das in heiligschöner Wonne
Aus der Nacht der Wolken bricht,

Das auf leisem Traumesflügel
Schwebt aus der Unendlichkeit
Ueber Welt und Meer und Hügel
Jn die müde Vrust der Zeit.

An den Eräbern unserer Lieben
Steh'n wir finnend und verzagt,

Aus der Sonne Land oertrieben,

Aus dem Paradies verjagt.

Auf den Gräbern leuchten Kränze,
Weißer Astern helle Elut,

Und es dämmern Totentänze,

Eeisterhaft und ohne Blut.

Aus den. Trümmern, aus den Träumen
Klingt ein letztes, leises Lied,

Das wie wildes Ueberschäumen
Nach den stillen Sternen zieht:

Denkt des Todes! Denkt der Toten
Sie sind Leben, sie sind Saat,

Jhre Leiber, die verlohten,

Doch ihr Träumen ward zur Tat!

Denn sie wandeln, denn sie gehen
Aus dem Erab der Wesenheit,,

Jhre reinen Seelen sehen
Sich von Staub und Sjoff befreit.

Stolz ragt ihre hohe Stirne,

Leuchtend glüht ihr Angesicht;

Unterm Klanz der Ewigen Firne«
Mard ihr Leben: Liebe — Licht!

Hellmut Lulmann.

Theater und Musik

Löwe-Valladen-ALeud

Löwe —! das ist dcrs Kaprtel einer grptzcn
Sündenschuld des deutschen Volkes. An dissem ur-
dentsckzen Meister der Ballade und dcs Liedes ibe-
sitzt Deutschland eines seiner hcrrlichsten mnsikali-
schen Genios. geht «aber fast achtlos an ihm vor-
über. Die Schuld liegt beinahe mehr bei den Mu-
siLern, als beim Publikum. 5vn den .fühvendcn
Kreisen beobvchtet man Löwe mit eine-H.' woMwvl-
lcnden Lächeln und kennt von ihm dabei kaum
melhr als die steben Sachen. „Archibald Douglas",
„Die Uhr", ..Tom, dcr Remü.'r", ufw., von denen
auch das licb Publikum sagt: „ach sa, das ist so
hübsch, das hört man immer wieder g:rn." Zu däm
WeirigLN, was auch dieMusiker von ihm wrssen, ge-
hört der beliebte Einwand, dak Löme geseg'-Mtlich
trivial werde. Er ist nrcht ganz unb-.'grüudet, 'aber
llä der unfaklichen Füll-e von musikalischcn Erdan-
keir, wie sie Löwe üleich Schu-bert uud Mozart, nur
sp zuflut-ete, vcrstänLlich. Dafür dal er in d?r Rie-
senfülle scines Löbenswerkes so unendlich viel Ee-
nialcs anfzuiwsiscn, das; diesc Schwäche reichlich
aufgehoben wird.

Um die Tiefe und Vl'dcutung des Mnsters zu
Legrsiifen, Hrauchte nian gestern nur auf seinen
..Erlkänbg" hinzuhoxch.'ii/den ich über den Schu-
bertschen stelle. Wieviel natürlicher ist hier der
Ga!opv des Pferdcs, .wieviel wahrer die uicheim-
liche Üockung. die bei Schiuibert mir in einem lieb-
lichon Arioso bejstccht.

Es war also sehr verdienstvoll von Herrn See -
l i>M die Parole „Lüwe" aus-gegebcn zu haben, die
Gott sei Ddnk, rctchltch Eehör strnL. Er hatte stch
Herrn Max Krautz verschrieben, der jedenfalls
kein >alltäalich.'r Bakbariton. cin gcdiegener Kön-
ner und ein stilvoller Löwesänger ist. Dic Erötze
eines Gurg lailt) hat cr nicht. der kraiftvolLen,
männlichen Stimlme fehlt daiür so dcr letzte stnn-
liche Reiz im Kkang. Die Tiefc wird auch letcht et-
was rauh uud nicht ganz rund geformt; aber das
Orgcm hat Wucht und dramntische Kvckft. Anstmgs
wollte das Piauo nicht recht ausprechen. Später
klang es besonders wcich. Und danu kann Krcrutz
hervorragend oiel. Zu- der scharfen Ausgcftcultmig
steht ihm eine. heute seltene Technik zu Eebot, die

ihn ei-nmal wieder die Koloraturen im Nöck in
einem Abmi gestattet-', den kleinen -Harshcklt"
und das herrliche HockMitslied mit italienischer
Zungengeläufiskeit hervorsvrudeln lietz. Er war
nicht am Vokannten und „Beliebten" vorbncekom-
men, bott,2 ab:r auch viel Seltenes^ daruntcr die
ent.zückende KatzenLinigin aufgcgriffen. Manches,
wie -Prinz Eugeu", init der wirksamen voix mixte
gelang ihm vollenüet.

Jm „Erlköui-g" verdgrb er mir aber di; Lockung
durch das klanylose Parlando (wie die Elsenstini-
me im „Olicrf"). Seelia hat die gedank-'nvolle
geiisösprechende Begleitung der gewähllen Werkc in
rornehnver Weise erschöpft.

Das Publikum gab sich der 'so berufenen Löwe-
Derkündung «ern ge-fangen, fch':rt? den Säng-cr und
erklatschte sich die kostlichen „hinkende Jamben."

Aljo nach dicsem W.'cknif me>l>r Löwe, viel Lö-
we, — an dieser , urdeutjchen Atusik kann eine
schmachvolle, kranke Zeit crstarken. Dr. S.

Eine Bitte an das Städtische Orcheste;^'
In dem „Nordischen Konzert" am ketzten
Montag warcn lcider die Liedertexte auf dem
Programm nicht angegcben. Infolgedessen ist
wohl 9 Zehntel der Hörer der Jnhalt der un-
belannten Lieder dunkcl geblieben. Mir ist es
jedenfalls bci der finnischen Ballade so ge-
gangen. Aus den.Worten.„leichenblaß" und
„wehe mir" konnte ich nur'soviel entnehmen,
daß Fräulein Eckebald eine ebenso interesstrnte.
wie schauerliche Sache vortrug, das übrrge
wurde aber leider durch die Tonflnten ver-
schlungen. Auch Vainos Eesänge hätten mir
noch mehr gefallen, wenn ich aus einer deut-
schen Nebersetznng gewußt hätte, ob es sich um
Liebe, Rache oder ähnliche in Opcrn meistens
vorkommende. Dinge handelt. Kurzum, was
dem Bachverein möglich war, sollte doch auch
Lei den Konzerten des Städtischen Orchesters
durchzuführen sein. Also bitte fortan Lie-
dertexte auf die Zettel!

Zuni RosLnvcrücmssssi 1819

wird uns von evangelifcher Seite
geschrieben: Schmerzlich bewegt feiert heuer
die evangelische Kirche Deutfchlauds ihr Nefor-
mationsfest. Nicht bloß das Vaterland trauert
um geraubte Provinzen. Auch unfcre Kirche
hat die Einbuße von weiten Eebieten zu ver-
zeichnen, dic ihr durch den Fricden von Ber-
fuilles entriflen worden sind. Den evangeli-
schen Gemeinden von Elsaß-Lothringen, von
Nordschleswig, vom preußischen Osten, die kü.f-
tig nicht mehr zu Deutschland gehören. droht
dannl auch dre Lösung ans dem seitherigen
kirchlichen Verband. Ob der sehnliche Wunsch
insbesondere der zu Polen kommenden Evan-
gellschen, lrotz der politischen Scheidung die
altgewohnte kirchliche Verbinvung ausrecht zu
erhalten, in Erfüllung geht, ist noch unficher.
Dic von uns scheidenden Elieder waren vieb
fach evangelische Eemeinden, zerstreut unler
Andersgläubigen wohnend. Mit welcher Liebe
chaven mir sie gepslegr v.nd sür sic gesorgt? Und
nun irennt uns eine gewalttätig gezogene
Brenze oon ihnen, und wir wissen nichi, ol>
auch nur die evangelische Bruderliebe ihre
Hand über diese Erenze wird hinüberstrecken
Lürsen.

Und unsere baltistlien Vrüder, die in der
Vereinigung mit uns das Ziel jahrzehnte-
langen Sehnens, das Ende schweren Glaubens-
drucks schon ereicht zu haben hofften, sind wie-
der mit grausamer Härte von uns weggesto-
ßen und einem surchtbaren Schicksal preisgege-
ben worden. Zn der „Hölle von Riga" sind
auch 13 eocrngelische Pfarrer hingemordet
worden, und Tausende ihrer Eemeindeglieder
haben ihr Los geteilt.

Auch der evangelischen Kirche Oesterreichs
haben wir uicht das werden dürsen, was fie so
nötig brauchte: ein fester Halt, eine schützende
Mauer. Wie ist sie von der Zertrümmerung
des habsburgischen Staates aufs schmerzlichste
mitgetroffen? Vorher schwach an Zahl, ist sie
nun in Fetzen zerrissen. Ein Teil liegt im
tschecho-slowakischen Reich,' ein anderer soll zu
Polcn kommen; wieder ein anderer gehört zu
Eerbien. Die Siebenbürger Evangelischett hat
der rumänische Staat an sich genommen; auch
in ^eu-Jtalien sind einige Häuflein von Evan«
gelischen. Und der Rest ist in dem, was heute
Oestereich oder Ungarn heißt, geblieben.

Was will uns heute dieser schmerzliche
Rundblick sagen? Vvr allem das eine: hat
rauher Kriegssturm uns so viel geraubt, so
wollen wir das umso sester halten, was kein
Fernd uns nehmen kann, wenn wir es nicht
selbst von uns stoßen: unsern inneren Vesitz,
unsern Glaubensschatz, das geistige Erbe der
Reformation. Luthe^sagt einmal: „Eott hat
dorchs Evangelium einen neuen, großen Him-
mel über uns gebaut, der heißt Enadenhimmel
und ist so viel, viel größer und schöner denn
dieser sichibare Himmel, dazu ewig, gewitz und
unvergänglich." Aus diesem Enadenhimmel
kann auch unsere unter dem Druck der Verein-
samung stehenden Brüder niemand vertreiben.
Und je mehr wir sslbst darin heimisch sind.
desto eher können wir den von uns autzerlich
Eetrennten auch ferner noch eiwas sein.

Wir selbst müssen unsere deutsche evangeü-
sche Kirche neu aufbauen, auf dem alten
Erund der Neformation, nach neuem Plan und
Riß. Volkstümlich und selbständig, treu dem
inneren Besitz, frei im äußeren Eestalten —
so soll unsere Kirche uns tzntstehen und vielen
Eliedern des deutschen Volkes die rechte gei-
stige Heimat werden. Und trotz auer schmerz-
lichen Lrfahrungen der Eegenwatt wagen wir
es doch mit hoffendem Glauben auszusprechen'
Gvtt wird auch ferner dem Leutschen Volks-
lum, denn iitz jetzigen Deutschland beschlosienen
wie seinen davon noch abgetrennten Eliedern
dic Kirche der Reformation zum Segen setzen.

Deutsches Reich

Kohlenkorrferen.; süddeutscher
Minister

Jn einer am 28. Oktcb-r im Arbeitsmini -
stcrinm in Stnttgart stattgesundenen Sit-
sung dcr süddcutscheni Mnistrrien, an där autzcr-
dum württembcrgischcn Arboiisnnniist rinm, ücnn
anscglioderten Landeskoblenamt und dcr Ge-
uexakdirettwn dvr Staatseiscnbabnen dcr badi -
schc Mincster des Innern Remmeke mid der
bayrisch>! HcmdelsmiMstcr Hanim leiknaLmcn,
wuxde die Frage Ler Bcenilstossoersorgnns be.pre-
che>>. Nach längrrer Beratnng, in der die gesäbr-
liche Lage dcr süddeutschen Staat^n
zuni Ausdruck kam und d!e Uebcrreusuns bewrr-
gehoben würde, datz man beim Nerchswirtschasts-
ministcrium und Koblcnkommisiar die Herrschaft
übsr die Diuge verloren babe, eine Bel-astu-ng
sichwächeren Teile Deutfchlands gcgcnMer den
wiitschastlich stärveren aber nrcht weiter nrö^l ch
sei, wurden zur Dcsserung der grötzftv Not ün
ganzen Reiche' aleichmätzige Sparmatzna-Hmcn
verlangt, wie die Verkürz-ung der Polizeistunde,
Ein'chjcänkuns deir MratzenbctlLuchjluns, der D'i-
lcuchtung der Dergirügungslokale usw., welche
Matzr>abnien in Nockodeutschland im Gegensatz »uin
Süden erst in geringein Matze durchgcftibrt sind.
Die Minister aller drei Länder waren dasür, datz
der gesamte Kahnverkehr der Rbeinwasscr ersatzt
wcrden müüte, keine Eüterwrrgen mehr an Privatt
 
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