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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt (61): Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1919 (September bis Dezember)

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Nr. 255-279 (1. November 1919 - 29. November 1919)
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https://doi.org/10.11588/diglit.3728#0468
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Nühiakeit imd ist prattisch undurchfuhrbar. Deun
die Äiehnahl aller diofer Löhne kann nur zwischen
den ArbeitaeLern und den einzelnen Arbeitern oder
Akkordaruppen auf Erund aenauester Kenntms der
ein-elnen auszuführenden Arbeiten erfolaen Wenn
dabci reaelmäkia auich nur ie ein Mitalred des Be-
triebsrates mitwirken sollte. so mMe er in aro.
bcren BetrieLen Duüende von Mitlmedern haben.
die sich mit nichts anderem befassen und doch mau-
aels aenüaender Einzelkcnntnisio brauchbare Ar-
beit nicht leisten könnten.

Das? der Betriebsrat bei Einführuna neuer Ar-
beitsmethoden mitwirken soN. kann nur bcfürwor-
ten. wer diese Einführuna möalichst unlerbinden
wiN. oder wer keine Ahnuna hat. welche Voraus-
fehunaen für solche Neueinführunaen bestehen.
Denn die Eeschichte aNer Indujstrien. dio Erfahrun-
aen aNer Arbeitaeber beweisen. dah kaum je eine
neue Arboitsmethode anders als üeaen den WiNen
der betroffenen Arbeiter einaeführt worden ist.
Das ist auch aanz natürlich. Denn jedes Einstellen
auf eine neue Arbeitsmethode mutet dem Arbeiter
eine Anstrenauna üu. die er um so weniaer crern
auf sich nehmen rmrd. je mehr fsine Tätiakeit me-
chanisiert ist. Dazu kommt die s?urcht. das? bei der
nouen Methode Arbeitskräste entbehrlich werden
würden. und dak jeder einzelne Arbeiter besorat.
das; aerade er der Entbehrlrche werden könnte.
Pfcrner aber aehört zu den schwnsten Aufaaben. die
überhaupt an einen Bctriebsleiter herantreten.
vokauszusehen. wie eine neue Arbeitsmeihode wir-
ken wird. Das seht eine Summe von technischen
und kaufniännischon Kenutnissen. eine ausaedehnte
Erfahruna cmf dem aanzen in Fraae stehenden
Wirtschaftsaebiet voraus. die in vollem Make selbst
nicht allen Betriebsleitern sianet. Die Mitalie-
der dcr Betriebsräte. die als Vertreter von Klas-
feiiinteressen der Arbeiter aewählt werden. können
diese Fähiakeiten und Kenntnisse unmöalich haben.

Cbeuso wenia wird der Betkiebsrat in der Laae
sein. den Arbeitaeber zu unterstühen. damit die
Belriebsreistunaen möalrchst wirtschaftlich werdeu.
Auch dazu sind Kenntnisse und Erfahruna techni-
scher imd kaufmännischer Art nötia. über die reael-
mähia nuv der Unternehmer und seine in der Be-
triebsleituna tätiaen Vertrauensleute verfüaen.

tzätte der Gesetzaeber durch die, Vetriebsräte
wirklich für Hebuna unserer Wirtschaft soraen wol-
len. so hätte er ihncn statt solch unerfüllbarer Auf-
aaben die übertraaen müsssn. für Aufrechterhaltiuna
der Ordnung. Einhaltuna der aesehlichen und vtt-
traalichen Vestimmunaen durch die Arbeiterschaft.
kuriium für Wahruna straffer Disziplin im Vc-
triebe mit allen Mitteln zu soraen. Davon abcr ist
in dem aanzen Eeselientwurf lein Wort m frnden.
Sollte der Gesehqeber vielleicht selbst an der Eia-
nuna der Betriebsräte für diese — eiaentlrch nächst-
lieaendrn — Aufaaben aezweifelt haben?

Der Abmarsch irn Baltiküm

(:) Berlin, 25. Nov. Ueber den Marsch der
Eturmabtei lung Roßbach, der sich auch
ein Teil dos Inscmterie-R-gl-inents 21 angeschlossen
hai, ins Baltikum werlden jivtzt i n tei! e! ssan t e
Einzelheiten be'^rnnt. Da das Rcichsrvebr.
minisLerium den Bosehl aeg jben hcrtte, dle Truppen
a-uszuhalten und b im GrenzübergMg auf
sie zu schießen, auch der Eisenbalinv-SLkechr ge-
sperrt war» hat sich d'?e AbtcAung in -verschiedene
Eruppen getÄlt, welche derart vorgingen, -daß sie
am 31. Oktober morgcns a-m ofsenbar vereinbaric-n
ErenLübersang bei Tauroggen erschienem.
Ohnö Widerstanld zu finden, ging die Abtm-
l'ing iii voller iMusriüstulng gefchlosien mit webemdcr
Fahno und dein Gesang „Deutschland üb«r
Alles" ülber die Grenzq und stmid bald darai.7
ipiEefecht bei Mitcru Mgcn Idie Lckteii. Die AL-
toilung bat den, Maikschwclg von 520 Kilometer
zu Fub surücksetogt. Die Brlückenübergange bei
Labiau und Tilsit wurdcm durch die jSturm-
abtoilung bchetzt, eho dic Roichswehr dics bewttk-
stelligen konnte. Dio Tilsitor Vrückenbchgtzung ver»
siuchte Mderstand zu leiston, gab dftsien jedoch
bald auf.

Spotten ihrer selbst

..Wenn das siogreiche Frünkreich nach dem un-
ttwarteten Erfolge. den es nur der Energie und
Eeschicklichkeit Elemenceaus zu verdanken hat. bie
politische Fahno dieses grosivn Franzosen jetzt in
den Wahlen nicht verlasscn hat, so scheint dies
eine durchams natürliche Sache zu sein . .

Also schriob leitartikelnd die ..Deutsche AlL-
gemoineZeitun g". das Hauptorgan der Ber-
liner Negierung. am 20. ds. Diese Bewunderung
der Energie und Eeschicklichkeit des grotzen Franzo-
sen macht sich gerade in diesem Augenblick ausge-
zeichuet. wo der pärlamentarische Untersuchunas-
cmsschusi dabei ist. die Schuldfrage am Krioge ganz
im Sinno der Franzosen zu lösen. V^elleicht setzt
das wackcre Regierungsorgan auch einmal des Ncv-
horen auseinander. worin sich Clemenceaus Ener-
gie ganz bosonders geäusiert hat: in seinem unn-
bittlichen und schonungslosen Krieg gegen die
Flaumacher hrnter der Front. Hätten wir nur
einen Cloinenceau gehabt. der mit Leuten aufge-
räumt hätte wie Gothetn und seinesgleichen. dann
würde Deutschlaud nie und nimmer den Krieg ver-
loren haben. Das französische Heer ist hinterücks
nicht erdolcht worden. Das ist Clomenceaus
Verdienst.

Wiederaufrollung der Fiumefrage

D Annunzios Freischar ist wre gc-meüdet, am 14.
Nove>mL>cir iw Zara gclan!:o1. Die Mgierung
erklärt nun, datz sie die HanLLung mißbilli,ge
und etma goplante weitere ErpciditiMen nach Spa-
lato, Sebenico vorhiiid-orn wollc. Die Adriafrage
ist damit erneut cvkut goworden.

Das dalmatmrsche Presiebüro berichtet: DIAn-
nunzio beabsichtigt, sich sanz Dalmatieins zu
bemächtigen. Die italionischon Blätter in Za-
ra' veröffcntlichen ohn-o Vorbvl>alt di§ Nngabcn über
dre Stärke soin-er TruppcN, die für! Spalato de--
stvmmt stnd. Dalimation ermartet von der Belora-
der RogienMlg onergisches Austrcten, um dchi An-
mavsch dlr Itackionor auf das unbe>tztc jugoslawi-
sche EobieL absuschlaseu.

tei. dessen Vorsitzender. Apotheker Hackenberg. in-
folgodesien den Vorsitz niodorlegte.

Deutsches Rerch

Der Ausnahmezustand

Von unserem Bmliner V-rtr'icr.

(:) Ncrlin, 25. Nov. Das Rcichswebrnninistekrmn
wird die Vorlago für die Verhüngung lde s
Ausnahmozustaiidc's noch im Laufe dss
"ächstsn Moniats fcrti-nstellen. Damlit soll ib Zu-
kunst dtt Bolagerungszustand beseitigt
werlvSu und dafür gcsetzlichc Ausnähmcbeftimnnrn-
gen rur Ve.rlmoidun g inivcrer Unruho>-
in Krast treten, die ein: erhobliche Boschränkunu
der Verfa,m>mlunüsfre.hckt und die Zulasfung von
ZeitungSDcrbotcn vorsieht. Fttnor wird die Hand-
halbung der Schutzhaft-Derhängung neu geresAt
werdsn.

Demokratic und Kirche

In Naumanns ..Hilfe" Nr. 45 vom 6. Novbr.
S. 630 finden sich in einem Aufsatz von Dietrich
Eaue. ..Der letzte Dersuch pdit der Kirche" folgende
bezoichnende Sätze:

..Viele religiös gerichtete Männor und Frauen
sind der Demokratio, da sio kein Herz für die Kirckie
habe. bereits verloren gcgangen. Ich
fürchte. dast sich dies Lei jden nächsten Wahlen
schmerzlich horausstellon wird. Ist also das Zurück-
treten der Kulturfragen in der augenblicklichen
Lago bei der demokratischen Partei auch begreif-,
lich. so ist es doch politisch ein schwerer
Fehler."

Die „augenblickliche Lage" besteht darin. dasi sich
die Demokratie mit den Wölfen der Sozialdemo-
kratie in oinem Kafig befindet und mit ihnen heu-
len musi!

* Wieder einer! Aus Moers am Nioderrhem
berichtet die Lokalprosio: Der Zusammen-
schluß dtt bürgerlichen Partoion 'bei den Stadt-
veroidnetenwahlen gegen die Sonialdemokratie
scheiterto an der Pemokratischon Par-

Badische Politik

Deutsche liberale Volkspartei

Heidelberg

Die gestrige Mvntagsvttfcrmnilung im Weitzen
Bock erfreute sich wwdttum sehr guten Wesuch.'s.
Der Vorsitzendc. Dr. Iulrus Curtius. «ab in
einem eineinhailbstündigen Referat eine erschö-
pfends Aebcrficht über dio partvipolitifche
Lage. Er sab zunäMt die goschichtliche Entwicko-
lung des parteipolitüfchcn Qcbens seit dcr Rovolu-
tion und wies darauf hin, daß das absewandelte
Wart „Q.u)i, mcrugo do la rovolution. en iN-'urt"
für alle Parteien gekto. mit Ausncchme dcr Deut-
schen lDolüspartüi. die jctzt in sich gefestigt dastehe,
uNd von all den Wirrungen und ÄuseinanLer-
istrebungen, wie sie beispielsweise bei den Dcutfch-
nationalen und Domokraten zu beobachten wären.
fveibleibe. Er ihob ferner darauif ab. dcrsi durch
das tiofere Eindrinaen der Jnteressenvertretungen
in die Partcien diefe so stark belasttt uud bcein-
flusst würden, dasi die eigentliche Parteipolitik
darunter lie-ide. Dennoch seivn vorläusig noch
Parteicn notwendig. An der Hand von zahlrei-
chm Bvlciaen charaktLrisierte sodann Dr. Eurtius
die einzelnen Parteien uud unterstrich in durchaus
sachlichtt, aber ü'bttzcugcnÄtt Wciise den Beschlusi
des Loipzise-r Partoitages. dm konnn'-'Ndcn Waihl-
kaimpf in völliger Selbstänoigkeit gegen Rechts
und in Front gogen die Mehrheitsparlcien zu füh
ren. Diie AusMrungen des Redners. an die sich
cinc kurze Erörteiung anschlok. fandcn die lob-
lhafteste Zustvmmung der Wersammiluns. In
Fottsetzjumg des gestrigen Vortrages wird dem
nächst oin Bericht über die k i r ch e n p ol i t i s che
Lago folgcn.

Freibnrg

Iiw dichtbesctzten Feierlitzgsaale sprach. wie
schon kurz berichtet. am Freitag. 21. Nov.. in ciner
von der Deutschliberalen Volkspartei Freiburg
einberufcncn Vttsammlung Rechtsanwalt Dr.
Steiner aus Heiidelberg über das ..Betriebs-
rätcg'esetz". In seincn aukerordentlich klaren.
auf den Kern dcr Sache cingehenden Ausführun-
gen behandelte der Redner dicfen Eesetzcsentwurf
als einc klare Kampfansage dsr ArbeitnelMcr an
dic Arbcitgeber. (Wir verweisen hinsichtlich des
Inhalls auf die Artikel in dtt „Vad. Post".) Wer
die Verantwortung für die vorwärtSschreitende
Cntwicklung unscres Wirtschaftslebens tragen
wollc. müsie durch -einc lange Schucke der Erfahrung
und Beobachtung hrndurch. bis tt endlich als ein
Trägtt des Wirtschaftskörpers gelten dürfe. Des-
halb werdc die Deutsche Volkspartei diesen Ge-
sichentwurf in scincr jetzigen Fassung. der dcn Nie-
dergang unserer Wirtschaft und damit die Vcr-
schlcchterung ider Lebensbeldingungen der Arbeit-
nelMtt im Ecfolge habe, crblehnen. und trete im-
mer wieder für eine paritätischeArbcits-
gemeinschaft ein. die sowohl dem Arbeitaeber
wie dem Arbeitnehmer die volle individuelle Ent-
-wicklamgsmöglichkeit gewähre. dic aber auch an
Stelle des revoliutionierenden Betricbsrätcgesetzss
die um so sicherer voranschreitende Evolution sctzs.

Reicher Veifall lohnte hie Ausführungen des
Ncdncrs. Eine von wvhltuender. objektiver Sach-
lichkeit getragcne Diskussion vertiefte noch in an-
feuernden Wortcn dic Eedanken dcs Redners. oder
suchte. voin Standpunkte des Arbeitnehmers wus.
dic Forderungen des Eefetzes verständlich zu ma-
chcn. Dtt Dank Les Vorsitzen'den «n den Redncr
schlok mit eincm Appell an die Vcrstunmeltcn. die
Lcsten Gedanken und Kräftc. sowie cine Taten aus-
lösende Wnigkcit beizustcuern zum Wrederciufbau
unserer zerrüttcten Wirtschaft. H.

* Deutschnationale Bolkovarlei. Mitlrvock. 26.
Nove-ntber, abends ihalb 8 Uhr findet im SckTiff
in Mucnheim eine Zusamincnkunft zur Aussprache
übtt den Landesparteitcrs statt. Näheres sivhe An-
zeigentcül.

^ Der erstc kommunistische Stadtrat in Badcn.
Stadtvat Trabinger in Karlsruhe. jdcr von der un-
abhängigen SozialdeMokratie gewählt worden
war. ist zu den Kommunisten übergetrc-
t en. Da cr sein Stadtratsmairdat nicht ntcderac-
legt hat. dürftc tt der erstc kommunistische Stcrdt-
rat in Baden sem.

Theater und Musik

Heidelberger Stadltheater

„Zedermann"

Gin cütes Spiel, erncuert von Hofmannsthal
Einc Stütze dcr EsstllsHcrft. ciin 'Meltkind ist
dieser Iedermann; für 'seine Geliebte läkt er ein
Luschcms im Frcicn bauen. >abtt cine kleinc Hilfc
für seinen Nachbar hat er nicht ubrig. Seiner
Mutttt die ihni ins Eewissi'n reidet -amd zu einom
chvistlichen Lebenswandel rät. bedeutet er, er be-
suche die Predigt und gäbe Alünosen. Kurzsichtig
und eitcl venkt er, das Imützte so fort göhen in
Elanz. Vraus und Easttteion. Er ist kcin erha-
bener Kopf. er hat nur gemeine Wersvchunaen.
Da bei emem PrunkmM dcr Tod ihn rusch an-
tritt, ist er verzweifelt, denn seine Rechnung mit
dem Hiin-mcl stcht schlccht. Hofscrrt Prunksucht und
Httxenshärtigkeit stehen, da frin Stimdlem vvr-
banoen ist. der Butze entgegen. Keiner von seiner
Froundschaift >mcvg dm Weg dctz Todes mit ihm
gehen. Scrne „guten Werke". die inkt rhm vor
Eottes Dhron sollcn, sind ganz schwach! uud him
fällig. Da hilft eben nur der „Glaube". der ihm
zur Seitc tritt auf seincm letzten Eang.

Das allte Spiel, auch in der Sprache rccht
kraftvoll und rem gehalten. gibt Bilder im Stil
dcs 15. Jahrhundrrts und rollt auf eintt durch
Auisbau dreigetcftten Bülhne -ab. Im Allgsmeinen
war die Inszen'ieruns mürdig und wirkunssvoll.
Tcchnisch licf noch nicht allcs ülatt. Das Gcmze
Leimelt an. es spricht unverkünfftelt den Geist un-
serer Vorzeit aus. und manch kräftig Wörtlein
sollte die Evgenmart in einem fcinen Herzen be-
wahrcn Das Sonntagspublikum war durch man-
ches Wort und mcmchen Vorgana dieser Bilder
a!us dom srosim Weltth.attt verblüfft. Die Er-
scheinung des Teufels wuvde von Einigcn mft Ee-
lächter aufgcnomMcn.

Die Spielleitung (Herr Petersz) hatte sehr
sorgfältig gocrrbritet. Die grosie Nolle des rei-
chen Mannes bewältigte Herr Felix mit gro-
tzor Kuinst der Spvache und des Ausdrucks. D'en
dicken und den dllnnen Vetter spielten die Herren
Schnffner und Fork recht komisch. Als Mut-
ttt bot Fvl. Manhof ein ergröifeftdes Bild.
Vortrefflich war dic Dehnndluns des Wcrks durch
Frl. Hausa (GlMnbe) und Herrn Thie-me

(Mammon). Von den übrigen Darstellttn sejen
die Dcmien Schott und Wolfert und die Her-
rcn Michols. Saar. Zwillinger. Maile
uüd Lvpatka lobend evwäbnt. K. W.

Die Nauensteinerin

Oper m drei Akten

von Hermann Wolfgang oon Maltershausen
Uraufführimg ftn Landestheater zu Karlsruhe
«rm 21. Nooelmber 1619

Wmn ein Werk bft scincr Uraufsühruns ei-
nen durä-schlagonden Erfolg erlcbt. so maa dies
iimnerhin als ein gewisies Kriterium für seinen
ZLttt LÄlten. Doch zu oft bat d»e Zclt das ttste
Urteil zuinichte gemacht. Auch der objektivste Kri-
tiker tann nur nach dem augmblicklichen. persön-
lichen Eindruck Mteilen: Aeber den eigenttichen
Wert eincs Kunstwttles bann erst die Zukunft
entsche-iden.

Diesc skeptischen Gedankcn hindern nicht, datz
über die neue Oper von Waltershausen nur Gütes
zu hwichtein ist. Die UvanfMrung hat bestätigt,
wcrs in der Vorbesprechung an dieser Stellc vor ei-
niger Zeit verniutet ward. Ein Werk voll leben-
digster Dramatik. das auch ohne die Musik schon
wirken Musite. Diese nun ist von cinvin bcstrickew
den Gianz und einer Farbenpracht. die ftn Ein-
klang mit dem buntcm Bild dtt Dühne cincn
frohen. Lclebenden Eindruck aiuii den Zuschkuer
macht. Wollte maii abcr die Musjx mit der nmn-
dcrbarou Havmonie aus der Handlung hcrans-
löscn nnd für sich -bctrachtpn, so könntc man doch
nur einigen Stcllen, nicht deni Eanzen eincft ab-
svluten Eigenwert züsprcchcn. Und dicso Stcllcn
erschsinen darum -cruch als die Höhepunkte der
Oper: dcis Tanzbild dcs Spielmcmns im ttsten
Akt und die serade in der Musft imgsmein dra-
matische und sinnliche Szcncu zwi>ch.'N Herrn Lenz
nnd Wendela im zmeiten u. drftteu Akt. Eiuc ganz
eigcne Note bat auck die Dame Marotte mitbe-
kommen durch die Berweiidung dcs provenziali-
schen Ehan'ons. Ueb.'rbaupt passen die häufiacn
Bolksliedmotive gut zu dem Atilieu, dtt Handluiig
und goben dem Eanzen etwas Frisches, Natürli-
ches. Abgosshen von all diesen Vorzüaen und ent-
schiedenen Fortschritten des Komponistcn ist er in
dcr Musik dsch noch sehr o-it mcht übtt -cinc Der-
tonuiig. eine wenn auch — bosonders in den Volks-
szonen — sel>r«fein charakterisiertc Untcrmalung

dcr Hcrndlung binictusgekommen. Eine besondere ei-

>genc Notc Waltttshausens konnte ich diejsom Merk
trotz aller unzweifclhaften Schönheiten noch nicht
aÄewinncn.

Zu dem glänzenden Erfolg tvu-g nicht zum wc-
nigsten dic Äuffuhruna bei. dis dcm Landestheater
zur Ehre gereichte. Jn der Spielleitung komrte
sich dtt Komponist selbst frei cvuswirken. Bci den
särbenfrohrn BüHnenbftdern —, von Lso Pa-
sctti-MLnchsn enftoorfen — bei don rcichcn mit-
telaltevttchen Trachten war — aanz unzeitgeinätz
— nichts gespart worden. In den Hauptrollen
gabcn Edith S-a>jitz äls Wendela. Helmut N e u-/
gcbaiucr al§ Lonz von Rauicnstein. Marvs von
Ernst ktts Dalmc Marotte und Rudolf Maln-
Motto> cvls Dietz ihr Lcsbes. Ebenso in den klci-
neven -Rollen Marie Potzl-Demmer als Frau
Himmölrat. Fvanz Schwerdt >als Spicilmcmn,
Heonmnn Eck als Beck und crll die anderen. Auch
das Orch^ttt unter Fritz Cortolczis Leitnng
wär bei so enger Zusammenarbeit den Absichten
des Komponisten sicher oollaus nachgeko-inmen.

Dr. M. Noth.

» Heidelberger städt. subv. Konseroatoriuin.
teilt uns mit: Als neue Lchrkräfte siNd fn die An-
stalt äin-gctreten Herr Oskar Deffner fnr
Orgel, Fräulein Henriette Wächter, und
'Fkiftäcin Hcdwia Gellcrt für Klavicr, Herr
Willy Prieber für Violoncello. Einen Kurs
sür FtM-ienisch hat Fräulein E >m m a H»snle
ubttnammen.

* Mamiheiiner Nationaltheatcr. Infolge der
dem Personal gc-wälfttcn nenen Tcirerungsbcihil-
fen ist eine Erhöhung der Eintritts-
prvilse zu den Dorstellungen des Nationalthr-
aticirs notwendig Der Zuschlaa cruf die Taaes-
prcife vom 1. Scptamber 1018 soll dabtt von 15
auf 50 v. H. erhöht werden. — Mar Halbe
ist in Mannhc-ftn eingctroffcn. um den lctzten
Proiben seines Stückes bcizumohnen. Der Vorver
kauf lfür die am Freitlici stattfindende Uraus
fühllunia hat begonneii.

Hclst nscri GcssiMi!

Einst und retzt

Aus Karlsruhe wftd uns geschrftbeii:

Es gab einmal eine Zeftung, dic sich nicht dy.
mit L<gniigte, an iilntt Svitze „Orgün de s n a.
tional gesinnten Vürgertunis" -u hei-
tzen, sondern dio das EmpsiiiLen des nätional ge-
siiinten Bürgertums auch stets vtttrat. Ls gaü
eininal e'me Zeitung, die fiir -d-ie Erotzen- unscrcs
DMkcs allezeit das rechto Wort fanlv. so datz sft
auch zu jemn Organen dtt Presie g.Höftc, dft
im Süden, als dcr cisttne Kanzler in Un-gnaide ge,
fallen war, seine Sache fühitcn, wie ncch h-.uto
m Lc-m Buche Hosmwnns von den HamLurgtt Nach-
r'chtcn zu lescN iist. Doch wir wollon nicht so wcit
in die VttgcmgcnHeit zurück^chreiten. Ls ga>l> vor
noch kariin swie Jahren <ine Zeiftmg. die es sür
gut uiH recht hielt, und so viele Leute mit ih->
datz sic cs crls eine Anmakung des Franksurtcr T.i-
mokratenblattcs bczeichucte, sich Hindonburg gcg^,
übcr als Nttter'm dcr Interessin des Batcrlcftd.s
auszuspilen. jSie wagte in der Polcmik g-?gcn dir
Frankfurtcrin noch am 4. April 1918 zu schre.bm.
dcck Äiese in stänsdiger zittcrndtt Angst bibe'tab
der von ihr so hcitz cvsc.hnts Vcrzichtsried'n ,wie in»
Often, so auch rm Weften. d-cmk der Tiicht!>g?eit im-
stttt Heevei und dcm Genie Hfttldenbu.-g: in, Trüm-
mer gehen könnte. Am Schlutz diescr Polemik stan-
st-en diio crfveullchcn Wortc :

„Wenn ncben dcm Kaüstp und dcm Kanzler
einem Mcmnc das Recht Kustcht. ein Mart über
den Friedcn zn sagen. dann ist d'oescs Idtt Ehcs d s
Grcken Ecnttalftabes, an desstn Arbfttstisch zu-
gleich auch dic EruNdliagcm sür >den kommcnden
Frieden geschassen worldien. Soweit sind wiv gott-
lob noch n'icht ftn Doutschcn Lan-d. dak einem Hin-
d-enburg in einer dcr brennondften Fragen d.escr
cntschcidnng<chwtten Zeit der Mund «i.botcn
wcrLen kamn ans laut-er Mckficht auf dic Hcrrcn
Schsidcmcmn und ErB-rger oldtt dic ,-Frankfurler
Aeitung".

Hsute ist cs nun dassclbe Orsan des „naticnal
gesinnten" Bürgertuims, die »^Vadische Lan.
Idcszeitun.s", die Hindenburg abkan^
s'e l t. Da wird rbm vorsftosrfen, liak er noch b s
vor kurzem mit diestt parlamttvtarischln Regicrung
sufrmmengearbeitet und in scinsn öffentlicheN
Kundgebungcn ftnmtt feinc Liübc sum grnzcn Dol-
ke bctont habc, dak man ein Abrücken von dtt Par-
teipolftik d'cip Rcchten he.raiUSLuhären glaubte. Wer
kann dafür, dak idic „LanidMzeiftmg" ern 'o schlcch-
tcs Eehör hcft? . Nicht Hinbc^burg ist abLc-rückr,
sondevn dic .^Laudcsztttung,, ist cinc andsrc -ge-rro -
den, scit sie in das demokratische Lagor hinüber-
gerutfcht ist. Sic darf wirLlich mft Erctchen sagcn:
„Mie kemite ich sonft >so tapser schmählcn — und
bin nun selbst dcr Sünde blok.

Dic' Zeitung fragt weiicr, oö sich denn Hinbcn-
burg nicht klar gemacht habe, wiie eincm alten kc»u,
se-rb-atioen Aiann die AuilcHnung gegcn.die v.tz!-
sassungsmätzig eingesetztc Institution ansteht. Dict
fehlt nicht, datz dis .L-andeszcftung" so weit nach
lrnks abserückt ist umjd Hindenburg cinen altcris-
schu-achen Ersis neirnt. An dftscm Ecsühl ändert
auch nichts, datz sic die oben genannte Fiage an b-sn
„altcn konsevoatiÄcn Mann" mit „schmerzliH m
Bodwuern" richtct. Ja, sie schrieb von der UnselS
ständigkcft Les HcWen von TanncknHgre völlig
üborseugt su scin. Wir hörcn ida aus den Svalten
dcr „Landcszeitung" folgende recht Hüb.'che Veur-
teilung des Fcldmarschalls:

„Wir hättcn gcwünscht. dak Hindrnbura sick
das völlig korrckte und dabci völli« würdrae Vtt-
halten Bethmanns und nrcht die Art Helfferichs
suin Mlu-ster genommcn hätte. Melläirht hat tt ja
auch nur vttlestn, was Helfferich und Luben-dorf
-aüssssetzt habcn, dantzi wüvde cr dvn Erndriuck be,
stätigt habtti, den man bßim Lesen von Lnden-
dorsss Buch empfjng, d-atz der Iüngere dock
dc r -gcistige Behcrrscher des Aeltcrer
gewescn i'st."

Ksrne üble Ebcrraktcrisr-ruug des Siegsrs ie
zalilreichen Schlachtcn des grötztcn Kricges d«r
Weltgcschichtc! Uuid trotzdem >l>cvmtt cine seist gs
Uebsrilegenl>eit Ludcndorffs ancrkannt wird, lcsen
wir -ftr dem.M»en Artftcl, datz dft> Hörer im Unttt-
suchunssaurischub von Ltzdendorff cnttäuscht worden
fc'-cn, denn sie hättcn sich ihii bisbcr als „Mneren,
scharscn und bttvcglichcn Eeist" vorgkstellt. SeW
wenn män Beitbmann und HelsfcriH dic lange va -
lanientarische Ersahrung anrechne, müssc mcm doch
sageü. dcik sie sich in der Jntclligenz M r LuLtti>dors!
binausholbcn. Der Mschn'itt, in Lcm bie ä Worte
stchcn, schlickt mit dcr Wiedttgabe eines Ecbli-
chen Ausruss, id-ün cM Ztzihörer beim Derlasscn de«
Ausschusies gesbraucht habe: .^Ietzt bcgreisc ich, wci-
rum wir die,sen Krieg vttloren babtti."

M-erfftc denn dic .L-andeszeitung gar nicht, wie
n'cdrig sie dcn noch vor kurzcin von ihr so boch se-
stellten Fcldmaftchall bcurteilt. weun felbst dtt
ftmi überlegcnc. Ludcnldorfs enttiiuscht bat? N-mi
könnte schlictzlich- übtt divse aanze Schrpib rei
lachen, we-nn -ss nicht gar so trjaurig wärck. von
neucm die Wabrnchnmng zu mncheln-, id>ak d'cscc cin-
Iahr eine solchc Verwüstung in dcm- n a tio -
nalcn Empfinden weitcr Krcl's'e un.
feres Do! kes her-vorgcbracht hat.

Bühl. 24. Nov. Das Saiiatorium Butz-
lor 5> öhe wird mit dcm Sckäok dcr Ccnerabi
Iscnburt vereinigt wcrden. Damit soll ein Swtz
,Bckges Kur >anwesen aeschaffen werden.

Mccrsburg. 24. Nov. Der Lckamite SchMtl '.^
ler und Kritiker, Fritz Mauthner dtt sell
mohr als 10 Iahren hier wohnt. ftuerte am Sai
tm, seinen 70. Eeburtstag. Mauthner Hat - M
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macht deshalb ernannte ihn die Stadtgeinei
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