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Münzen. 13

Primus drangen in Rom ein. Vitellius wurde aus einem Winkel
seines Palastes hervorgezogen, verhöhnt und unter Misshandlungen
getötet (Dec. 69). Er hatte sein Leben auf 54 Jahre l, seine Re-
gierung auf nicht ganz acht Monate gebracht.

Ueber sein Aeusseres sagtSueton2: „Er war von ungewöhn-
licher Körperlänge (jproceritas) 3, hatte ein rotes Gesicht, hauptsäch-
lich vom Weintrinken, einen aufgedunsenen Bauch und hinkte ein
wenig mit dem einen Beine von dem ehmaligen Stoss eines Wagens,
als er sich beim Wettfahren als Ratgeber des Cajus aufspielte."

Wie es aufzufassen ist, was Dio Cassius4 belichtet, sie hätten
ihn, nachdem sie ihn aus seinem Versteck hervorgezogen hatten
und nun durch die Strassen führten, am Barte gezupft, weiss
ich nicht. Auf den Münzen erscheint Vitellius wie alle vor-
hadrianischen Kaiser bartlos.

Ueber seine Schlemmerei und Völlerei stimmen alle Schrift-
steller überein, und dass auch seine Gesichtsformen in Folge davon
ein entsprechendes Gepräge erhielten, ist selbstverständlich. Aber
im Einzelnen erlauben dergleichen Laster natürlich keinen Schluss
auf die Physiognomie. Das Genauere müssen wir den Münzen
entnehmen.

MÜNZEN. — Von diesen geben besonders die Grossbronzen ein
deutliches und ziemlich übereinstimmendes Bild (vgl. Münztafel I.
9—11) 5. Ein ältlicher Kopf von niedrigen Proportionen, mit zu-
rückweichender Stirn, starkem, fettem Hals und Doppelkinn. Die
Brauen zur Nasenwurzel herabgezogen, die Nase leicht gebogen,
das Gesicht von blödem, stumpfem Ausdruck. Der Schädel rund,
aber verkümmert und hinten nicht ausladend. Gewöhnlich mit dem
Lorbeerkranz geschmückt. — Die Gold- und Silbermünzen zeigen
teilweise den gleichen Typus, teilweise aber einen sehr verschiedenen.
was sich vielleicht dadurch erklärt, dass einige ohne Kenntnis seiner
Gesichtszüge, unmittelbar nach seiner Erwählung in Deutschland,
angefertigt sind. Vgl. den Kopf mit dem senkrechten Profil auf

1 Dio 65. 22. Nicht auf 57, wie es bei Tac. Hist. III. 86 und bei Suet.

Vit. 18 heisst; letzteres im Widerspruch mit Cap. 'S.

2 Suet. Vitell. IT.

3 Unter procerllas kann hier nur Körpergrösse verstanden sein; denn
Schlankheit würde zu dem renter obestts nicht passen. Und dass er allerdings
sehr beleibt war, bestätigt Dio (65. 20), nach welchem sich der Pöbel deshalb
über Vitellius lustig machte. Nichtsdestoweniger ist es sprachlich unrichtig, mit
Mongez die proceritas durch embonpoint zu übersetzen. (Icon. rom. II. p. 280.)

4 Dio a. a. 0.

6 Lenormant Icon. pl. 19, Nr. 6. 10. 11.
 
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