Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Die goldene Gans.

Roman

alt i
schwere Luft. Die gelben Blätter an den
Bäumen raschelten erschauernd zusammen.
Nach ein Stoß, und sie glitten von den
Zweigen, wie Bogel davon fliegen, und
jagten rauschend über das Garteuthor hin-
weg ans die Landstraße hinaus. Nebel
stiegen langsam empor, und die Wolken
, sanken tiefer. Trostloses Gran hielt Alles
ringsum eingehüllt. Es hing von den zitternden Aestcu,
es ballte sich über dem feuchten Nasen, cs wand sich in
langen Schleiern an den Mauern vorüber in zwei weit
geöffnete Fenster hinein.
Das Haus stand abselts Von allen anderen Gebäuden
in dieser flachen Gegend. Es war größer, stattlicher
gebaut und von einem gutgepflegtcn Garten umgeben.
Der Besitzer deS Bergwerks, der „Anuengrube", Fried-
rich Golz, hatte es für sich erbaut, als er zum ersten
Male ein Weib hcimführte, dasselbe Weib, welches seine
Armuth gekannt und den braven Steiger mit ihrer Hände
Arbeit unterstützt hatte.
Dann war ihm ein kleiner Gewinn zugefallen. Er
nahm bescheidenen Antheil an dem Grubenbetrieb und ver-
stand cs, zu rechnen und in allen Ehren glücklich zu
spekuliren. Sein Antheil erweiterte sich rasch, Golz ward
zum vermögenden Manne. Endlich gelang es ihm, alleiniger
Besitzer der Grube zu werden, die er nach seinem Weibe
die „Anuengrube" nannte, und bei dem außergewöhnlichen
Steigen der Kohlenpreise ward- er in wenigen Jahren ein
reicher Mann.
Da traf ihn, den rastlos Schaffenden, ein harter
Schlag. Sein Weib starb. Sie hinterließ ihm kein Kind,
keinen Erben so vieler schwer erworbener Schätze.
Friedrich Golz raffte sich mnthvoll aus seiner Be-
täubung empor. Er versuchte es, die Last seines Daseins
jetzt allein zu tragen. Nach manchen bitteren Kämpfen
gelaug cs ihm.
Der große, hagere Mann nut dem wetterfesten Antlitz
wandelte rastlos den eingeschlagencn Weg fort. Aber die
Aussichtslosigkeit seiner Bestrebungen machte ihn wort-
karg, und die Einsamkeit daheim that ihm weh.
Sein Herz schlug noch immer warm, und die Hellen
blauen Augen strahlten diese Wärme nach außen — in
ein anderes Francnherz.
Marie war die Tochter eines armen Bergmanns, der,
schwer verunglückt, die Güte seines Brodherrn anrief,
lind Friedrich Golz ließ nicht auf sich warten. Er half
mit Rath und That. Und dabei blickte er mit wach-
sender Liebe auf die bleiche, zarte Marie. Sie ahnte von
seinen Wünschen nichts. Sie schaute zu dem ernsten
Manne empor wie zu einer rettenden Gottheit, deren Kniee
sie in schwerster Stunde hilfeflehend umklammert. Ihr
ganzes Wesen war Verehrung und Dankbarkeit.

Georg Kartivig.
(Nachdruck vrrbotcn.)
Erstes Kapitel.
strich der Hcrbstwind durch die regen-


Wir gehört die Mama! Nach einem Gemälde von Robert Bey sch lag. (S. 7)
Pholegrcnchie--Bcrlag der Phviographgche» Union in Münchcn.
 
Annotationen