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Auch die beiden Trianons zeigen reichen Fontänen-
schmuck, unter denen die Buffet-Fontaine von Narssard im
Grand Triauon besonders erwähnt sei.
Es ist bekannt, wie im \8. Jahrhundert in den meisten
europäischen Ländern die französische Architektur tonangebend
wurde und der italienische Einfluß zurücktrat. Besonders
waren es die zahlreichen kleinen und großen Fürsten Europas,
welche nicht bloß das selbstherrliche Regiment und das üppige
hofleben der französischen König?, sondern vor Allein auch
die davon unzertrennlichen Palast- und Gartenanlagen nach-
zuahmen suchten, als deren ideales Muster diejenigen von
Versailles galten. Es sei bloß erinnert an Hildebrands
Schloß Belvedere zu Wien, an Luvillies Nymphenburger
Schloß, an Nicolas
de pigages Schloß
Schwezingen mit ihren
terrassenförmigen
Gartenanlagen, Eas-
caden, Fontainen rc.
Eine der pracht-
vollsten Nachahm-
ungen der Versailler
Gartenanlagen, be-
sonders auch, was uns
hier besonders interes-
siirt, hinsichtlich der
großartigen, plastisch
reich geschmückten
Wasserkünste, La-ca-
deu, Teiche und Fon-
tainen, ist der Schloß-
garten von la Granja
bei S. 31&efonf° in
Spanien, welcher un-
ter Philipp V. in den
fahren von ^ 72 ^ bis
{72$ angelegt wurde
und durch die franzö-
sischen Bildhauer
Rene Fremiu und
Jean Thierryseine
genannte Ausschmück-
ung erhielt. Unter den
von ihnen daselbst her-
gestellten Fontainen ragen hervor die Latonasontaine, die
Vrpheusfontaine und das Bad der Diana. Erstere
ist eine freie Nachahmung der Latonasontaine von Versailles,
deren in drei kreisrunden Terrassen über den Teich breit-
lagernde Bassins durch bloß zwei achtseitige Bassins ersetzt
sind, in denen jedoch das höhenverhältniß mehr betont ist
als dort. Zu oberst sitzt auf der Fontaine von La Granja
die anmuthige Marmorgruppe der Latoua mit ihren Kindern
Apoll und Diana, während die Verwandlung der Wirten,
die ihnen Trinkwasser versagten, in Frösche den Künstlern
mit Statuen geschmückten Weiher zu ergießen, welcher in einer zweiten,
mächtigen Stufcnreihe sein Wasser in ein tiefer liegendes Bassin
fallen läßt, während gleichzeitig von beiden Seiten Masken, die an
Brnstnngsxfcilern angebracht sind, Frösche sowie tcrassenförmige
Fontainen ebenfalls ihre mächtigen Wasserstrahlen in die Kaskaden
werfen.
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von 5. Ildefonso Gelegenheit gab, den Teich, sowie den
Terrassenban mit zahlreichen, phantastisch bewegten Blei-
flguren von halb und ganz verwandelten, um Gnade
flehenden Wirten, beziehungsweise Fröschen zu beleben, in
denen so die strenge Reihung der Figuren an der Versailler
Fontaine nicht ohne Glück vermieden ist, wenn auch diese
eine imposantere Gesamnttwirkung besitzt. — Ganz eigen-
artig ist die Anlage des Bades der Diana, welches
uns sowohl durch die großartige, architektonisch reich be-
lebte Nischenwand, wie durch das reizende, malerisch freie
Spiel der zahlreichen Bleifiguren des Iagdgefolges der
Göttin im unteren Bassin, sowie den flötespielenden Faun
in der Nische entzückt. In ihrer Anlage nähert sich diese
Fontaine am meisten
der oben erwähnten
Büffetfontaine
zu Gräuel Trianon,
welche wohl auch das
nächste Vorbild dafür
war, obwohl schon in
Rom im \7. Jahr-
hundert (z. B. in den
Palästen Maddalena
und Eornaro) ver-
wandte Lösungen vor-
kamen. Die (S. 70) ge-
gebene Abbildung der
in ihrer Art vollendet
schönen Lösung des
Dianabades zu
S. Ildefonso überhebt
uns jeder weiteren
Schilderung. Beson-
ders großartig ist
ferner die Plazuela de
las ocho calles in La
Granja, ein Achteck
von Marmorsäulen,
durch weite Arkaden
verbunden, unter
deren jeder eine Fon-
taine rauscht, während
acht breite, in ihrer
Mitte gleichfalls von
Fontainen belebte Alleen dazu hinführen.
Mir beschließen hiemit unseren geschichtlichen Ueberblick
der Fontainenkunst, welcher uns gezeigt hat, daß die Fontaine
seit den ältesten Zeiten bei allen Kulturvölkern ein sehr
beliebter Schmuck für Garten, Haus und öffentlichen Platz
war, dessen decorative Bedeutung man, neben der unmittel-
baren Nutzbarkeit, sehr früh schätzen lernte und demgemäß
im Laufe der Zeit immer mehr auszubilden und zu steigern
bemüht war. Erst in unserem Jahrhundert brach auch
in der Fontaiueukunst, wie in so vielen anderen Kunstge-
bieten, die Tradition plötzlich ab; eine gewisse geringschätzige
Gleichgültigkeit trat gegen diese Gattung von Monumenten
ein, an welcher das in Verruf gerathene Barock und
Rococo ihre geistreichsten und tollsten Launen am glück-
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Auch die beiden Trianons zeigen reichen Fontänen-
schmuck, unter denen die Buffet-Fontaine von Narssard im
Grand Triauon besonders erwähnt sei.
Es ist bekannt, wie im \8. Jahrhundert in den meisten
europäischen Ländern die französische Architektur tonangebend
wurde und der italienische Einfluß zurücktrat. Besonders
waren es die zahlreichen kleinen und großen Fürsten Europas,
welche nicht bloß das selbstherrliche Regiment und das üppige
hofleben der französischen König?, sondern vor Allein auch
die davon unzertrennlichen Palast- und Gartenanlagen nach-
zuahmen suchten, als deren ideales Muster diejenigen von
Versailles galten. Es sei bloß erinnert an Hildebrands
Schloß Belvedere zu Wien, an Luvillies Nymphenburger
Schloß, an Nicolas
de pigages Schloß
Schwezingen mit ihren
terrassenförmigen
Gartenanlagen, Eas-
caden, Fontainen rc.
Eine der pracht-
vollsten Nachahm-
ungen der Versailler
Gartenanlagen, be-
sonders auch, was uns
hier besonders interes-
siirt, hinsichtlich der
großartigen, plastisch
reich geschmückten
Wasserkünste, La-ca-
deu, Teiche und Fon-
tainen, ist der Schloß-
garten von la Granja
bei S. 31&efonf° in
Spanien, welcher un-
ter Philipp V. in den
fahren von ^ 72 ^ bis
{72$ angelegt wurde
und durch die franzö-
sischen Bildhauer
Rene Fremiu und
Jean Thierryseine
genannte Ausschmück-
ung erhielt. Unter den
von ihnen daselbst her-
gestellten Fontainen ragen hervor die Latonasontaine, die
Vrpheusfontaine und das Bad der Diana. Erstere
ist eine freie Nachahmung der Latonasontaine von Versailles,
deren in drei kreisrunden Terrassen über den Teich breit-
lagernde Bassins durch bloß zwei achtseitige Bassins ersetzt
sind, in denen jedoch das höhenverhältniß mehr betont ist
als dort. Zu oberst sitzt auf der Fontaine von La Granja
die anmuthige Marmorgruppe der Latoua mit ihren Kindern
Apoll und Diana, während die Verwandlung der Wirten,
die ihnen Trinkwasser versagten, in Frösche den Künstlern
mit Statuen geschmückten Weiher zu ergießen, welcher in einer zweiten,
mächtigen Stufcnreihe sein Wasser in ein tiefer liegendes Bassin
fallen läßt, während gleichzeitig von beiden Seiten Masken, die an
Brnstnngsxfcilern angebracht sind, Frösche sowie tcrassenförmige
Fontainen ebenfalls ihre mächtigen Wasserstrahlen in die Kaskaden
werfen.
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von 5. Ildefonso Gelegenheit gab, den Teich, sowie den
Terrassenban mit zahlreichen, phantastisch bewegten Blei-
flguren von halb und ganz verwandelten, um Gnade
flehenden Wirten, beziehungsweise Fröschen zu beleben, in
denen so die strenge Reihung der Figuren an der Versailler
Fontaine nicht ohne Glück vermieden ist, wenn auch diese
eine imposantere Gesamnttwirkung besitzt. — Ganz eigen-
artig ist die Anlage des Bades der Diana, welches
uns sowohl durch die großartige, architektonisch reich be-
lebte Nischenwand, wie durch das reizende, malerisch freie
Spiel der zahlreichen Bleifiguren des Iagdgefolges der
Göttin im unteren Bassin, sowie den flötespielenden Faun
in der Nische entzückt. In ihrer Anlage nähert sich diese
Fontaine am meisten
der oben erwähnten
Büffetfontaine
zu Gräuel Trianon,
welche wohl auch das
nächste Vorbild dafür
war, obwohl schon in
Rom im \7. Jahr-
hundert (z. B. in den
Palästen Maddalena
und Eornaro) ver-
wandte Lösungen vor-
kamen. Die (S. 70) ge-
gebene Abbildung der
in ihrer Art vollendet
schönen Lösung des
Dianabades zu
S. Ildefonso überhebt
uns jeder weiteren
Schilderung. Beson-
ders großartig ist
ferner die Plazuela de
las ocho calles in La
Granja, ein Achteck
von Marmorsäulen,
durch weite Arkaden
verbunden, unter
deren jeder eine Fon-
taine rauscht, während
acht breite, in ihrer
Mitte gleichfalls von
Fontainen belebte Alleen dazu hinführen.
Mir beschließen hiemit unseren geschichtlichen Ueberblick
der Fontainenkunst, welcher uns gezeigt hat, daß die Fontaine
seit den ältesten Zeiten bei allen Kulturvölkern ein sehr
beliebter Schmuck für Garten, Haus und öffentlichen Platz
war, dessen decorative Bedeutung man, neben der unmittel-
baren Nutzbarkeit, sehr früh schätzen lernte und demgemäß
im Laufe der Zeit immer mehr auszubilden und zu steigern
bemüht war. Erst in unserem Jahrhundert brach auch
in der Fontaiueukunst, wie in so vielen anderen Kunstge-
bieten, die Tradition plötzlich ab; eine gewisse geringschätzige
Gleichgültigkeit trat gegen diese Gattung von Monumenten
ein, an welcher das in Verruf gerathene Barock und
Rococo ihre geistreichsten und tollsten Launen am glück-
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