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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 7.1911/​1912

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Bd. VII.

Blätter für Gemäldekunde

Seite 89

gefunden haben, als Heinse. Ich erinnere
an Heinse’s Entzücken vor Bildern, die
jetzt Niemand mehr für echt oder hoch-
bedeutend ansehen kann, wie vor dem
sogenannten Lionardo (in Schleißheim
Nr. 962) und vor der Kopie nach Mi-
chelangelo (in Schleißheim Nr. 970). —
Die Unsicherheit in der Taxierung der
„Schönheit“ fällt recht stark in’s Auge
bei Hein’ses Beurteilung der Bilder von
Carlo Dolce, die jetzt in München sich
befinden. Heute laufen nicht wenige vor
der glatten Geziertheit und süßlichen Un-
wahrheit jener Bilder davon, deren hohes
kunstgeschichtliches Interesse übrigens un-
angetastet bleiben möge. Für Heinse war
zwar die Madonna von Dolce „die schönste“
und der kleine Jesus eines der „schönsten“
Kinder. Aber man achte nun auf den
Widerspruch in sich selbst: denn Heinse
sagt auch: „Unter uns: die Holdseligkeit
beider scheint ein wenig übertrieben; aber
doch zu entblößt von höheren Eigen-
schaften und harmoniert nicht so ganz
mit Mutter Gottes und Gottes Sohne. Es
fehlt himmlischer Geist, das göttlich-
freie der Schönheit und echtes Jugend-
leben.“ Man darf also wohl fragen, was
hält denn Heinse dann eigentlich für
„schön“? Bei manchen Lesern wird sich
auch im Abschnitt über Guido Reni’s
Himmelfahrt der Maria (jetzt in München)
ein gewisser Widerspruch rege machen.
Heinse findet das Bild voller Schönheit.
Die Besprechung desselben Werkes im
„Niederrheinischen Taschenbuch“ (heraus-
gegeben von Fr. Mohn) — darin wird
auch ein kleiner namenloser Stich nach
dem Bilde des Reni geboten — von 1799
ist noch des Lobes und der Begeisterung
voll. Später kam die Zeit, in der man
die Bolognesischen Eklektiker mehr und
mehr verdammte, und noch in Woltmann-
Woermann’s Geschichte der Malerei wird
sogar ein Reni wenig geschätzt und die
Himmelfahrt Mariä der Münchener Pina-
kothek nur obenhin erwähnt nach dem
bedeutenderen Werk in Genua. Als Schön
heitslehre können also Heinse’s Briefe aus
der Düsseldorfer Galerie nicht gelten. Weit

mehr Bedeutung, aus dem Gesichtswinkel
moderner Kunstbegriffe betrachtet, kommt
den Erörterungen Heinse’s „Über die her-
kömmliche Ausbildung der Malerei“ zu, in
denen gegen das gedankenlose Zeichnen
nach der Antike in kenntnisreicher Weise
gewettert wird. „Diese Weise zu Werke zu
gehn ist so verkehrt wie möglich. Sie
fangen bei der obersten Stufe an und
meinen, daß man die andern alle über-
springen könne.“ In allen Briefen Heine’s
finden sich eingestreute geistreiche Be-
merkungen, und im Ganzen darf man es
sicher als einen glücklichen Gedanken be-
zeichnen, die Düsseldorfer Briefe Heine’s
herauszugeben.
Die Winkler’sche Ausgabe bildet den
I. Band von „Textausgaben und Unter-
suchungen zur Geschichte der Ästhetik“.
Fr.
Pierre Bautier „J u s t e Sutter-
mans, peintre des Medicis“ (Brüssel und
Paris, Librairie nationale d’art et d’histoire
G. van Oest & Co., 1912) 8°.
Der Suttermans von Bautier bildet einen
Band der „Collection des grands artistes
des pays-bas“ und ist die meist brauch-
bare und beste Zusammenstellung der
Werke des italisierten Antwerpener Bild-
nismalers, die bisher in den Künstlerlexika
und den Handbüchern für Geschichte der
Malerei gegeben wurde. Das Buch ist eine
mit reichem Material und guter Literatur-
kenntnis sorgsam gearbeitete Monographie,
die geradewegs eine Lücke ausfüllt. Das
Buch sei den Gemäldefreunden wärmstens
empfohlen.
Adolf Donath: „Psychologie des
Kunstsammlers“, Bd. IX der Bibliothek
für Kunst- und Antiquitätensammler“
(Berlin, Rich. Carl Schmidt, 1911) 8°.
LouisDimier: „Les primitifs fran-
ijais“ (Bändchen aus der Reihe „Les grands
artistes“ Paris, H. Laurens), ohne Jahres-
zahl (1911).
Paul Lafond: „Roger van der
W e y d e n“ (Brüssel—Paris, Van Oest &
Co.) — Wird bei Gelegenheit zu be-
sprechen sein.
 
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