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FÜR
00
GEMALDEKUNDE
Verlag von HERAUSGEGEBEN Adresse des Herausgebers:
FRANZ MALOTA, WIEN von WIENER-NEUDORF Nr. 21,
IV. Hauptstraße 22 DR. TH. V. FRIJVUVIEL Heydnerhaus.
VII. BAND SEPTEMBER—OKTOBER 1911 HEFT III
EIN WIEDERGEFUNDENES
FRÜHES WERK DES
VELAZQUEZ.
Die Jugendarbeiten des Velazquez sind
lange Zeit wenig beachtet geblieben. Seit-
dem Pacheco darüber einige Andeutungen
gemacht hat, die an verschiedenen Stellen
wiederholt wurden, hat man sich lange
genug um die Sache nicht bekümmert,
und eine Zusammenstellung erhaltener frü-
herer Arbeiten des Meisters hat sich erst
seit Justi’s und besonders Beruete’s For-
schungen zusammenfinden lassen. Wenn in
Woermanns und Woltmanns Geschichte der
Malerei (der III. Band mit dem Abschnitt
über Velazquez wurde 1888 abgeschlossen)
die Frühwerke noch vernachlässigt sind —
es wird vor dem Aguador im Apsley
House zu London nur noch ein Bild als
Jugendarbeit erwähnt, das überhaupt mit
Velazquez nichts zu schaffen hat, nämlich
der lachende Kretin in der kaiserlichen
Galerie zu Wien, dann folgt sogleich die
Anbetung durch die Könige 1619 in Madrid
— so steht dazu die ansehnliche Gruppe
von Jugendwerken in kräftigem Gegen-
satz, die schon in der ersten Auflage des
Gensel’schen Velazquez behandelt wird und
die in der zweiten Auflage noch reichlich
vermehrt erscheint. Nun sind nach wohl-
begründeten Vermutungen ungefähr zehn
Arbeiten als Werke des Velazquez aus
der Zeit vor 1619 anzusehen.1) Zu diesen
frühen Arbeiten gehört überdies ein bei
Gensei noch nicht verzeichnetes Bild aus
der Gruppe der „Bodegones“, der Wirts-
hausdarstellungen und Küchenbilder, das
vor wenigen Jahren für die Budapester
Galerie erworben worden ist und das anbei
abgebildet wird. Die Blätter der Gemälde-
kunde meldeten den Ankauf. Herr Hofrat
Gabriel v. Terey teilte mir überdies freund-
lichst mit, daß das Bild von Langton Doug-
las erworben ist, der es in London bei Christie
in der Versteigerung vom 3. Juli 1908 gekauft
hatte. Es stammt aus der Sammlung San-
dersen in Edinburgh (vergl. auch Seemanns
Kunstchronik N. F. XX Sp. 16, die
Morning Post vom 11. September 1908, die
Veröffentlichung im Arundel Club von
1909 und den neuesten Katalog der Ga-
lerie im Museum der schönen Künste zu
Budapest). Dieses Gemälde fügt sich un-
gezwungen in die Reihe der anerkannten
Frühwerke ein, auch wenn man über die
genaue Entstehungszeit noch streiten kann.
Vor 1619 fällt es sicher.
*
Der Jugendstil des Velazquez reicht
ohne Zweifel über die Bodegones-Zeit und
auch noch über die Zeit des Dreikönigs-
bildes von 1619 hinaus bis in die ersten
Jahre der Hofkunst des Malers. Nach
') Das Bild mit den Musikanten, ein Bestand-
teil des Kaiser Friedrich-Museums zu Berlin dürfte
später als 1619 anzusetzen sein.
FÜR
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GEMALDEKUNDE
Verlag von HERAUSGEGEBEN Adresse des Herausgebers:
FRANZ MALOTA, WIEN von WIENER-NEUDORF Nr. 21,
IV. Hauptstraße 22 DR. TH. V. FRIJVUVIEL Heydnerhaus.
VII. BAND SEPTEMBER—OKTOBER 1911 HEFT III
EIN WIEDERGEFUNDENES
FRÜHES WERK DES
VELAZQUEZ.
Die Jugendarbeiten des Velazquez sind
lange Zeit wenig beachtet geblieben. Seit-
dem Pacheco darüber einige Andeutungen
gemacht hat, die an verschiedenen Stellen
wiederholt wurden, hat man sich lange
genug um die Sache nicht bekümmert,
und eine Zusammenstellung erhaltener frü-
herer Arbeiten des Meisters hat sich erst
seit Justi’s und besonders Beruete’s For-
schungen zusammenfinden lassen. Wenn in
Woermanns und Woltmanns Geschichte der
Malerei (der III. Band mit dem Abschnitt
über Velazquez wurde 1888 abgeschlossen)
die Frühwerke noch vernachlässigt sind —
es wird vor dem Aguador im Apsley
House zu London nur noch ein Bild als
Jugendarbeit erwähnt, das überhaupt mit
Velazquez nichts zu schaffen hat, nämlich
der lachende Kretin in der kaiserlichen
Galerie zu Wien, dann folgt sogleich die
Anbetung durch die Könige 1619 in Madrid
— so steht dazu die ansehnliche Gruppe
von Jugendwerken in kräftigem Gegen-
satz, die schon in der ersten Auflage des
Gensel’schen Velazquez behandelt wird und
die in der zweiten Auflage noch reichlich
vermehrt erscheint. Nun sind nach wohl-
begründeten Vermutungen ungefähr zehn
Arbeiten als Werke des Velazquez aus
der Zeit vor 1619 anzusehen.1) Zu diesen
frühen Arbeiten gehört überdies ein bei
Gensei noch nicht verzeichnetes Bild aus
der Gruppe der „Bodegones“, der Wirts-
hausdarstellungen und Küchenbilder, das
vor wenigen Jahren für die Budapester
Galerie erworben worden ist und das anbei
abgebildet wird. Die Blätter der Gemälde-
kunde meldeten den Ankauf. Herr Hofrat
Gabriel v. Terey teilte mir überdies freund-
lichst mit, daß das Bild von Langton Doug-
las erworben ist, der es in London bei Christie
in der Versteigerung vom 3. Juli 1908 gekauft
hatte. Es stammt aus der Sammlung San-
dersen in Edinburgh (vergl. auch Seemanns
Kunstchronik N. F. XX Sp. 16, die
Morning Post vom 11. September 1908, die
Veröffentlichung im Arundel Club von
1909 und den neuesten Katalog der Ga-
lerie im Museum der schönen Künste zu
Budapest). Dieses Gemälde fügt sich un-
gezwungen in die Reihe der anerkannten
Frühwerke ein, auch wenn man über die
genaue Entstehungszeit noch streiten kann.
Vor 1619 fällt es sicher.
*
Der Jugendstil des Velazquez reicht
ohne Zweifel über die Bodegones-Zeit und
auch noch über die Zeit des Dreikönigs-
bildes von 1619 hinaus bis in die ersten
Jahre der Hofkunst des Malers. Nach
') Das Bild mit den Musikanten, ein Bestand-
teil des Kaiser Friedrich-Museums zu Berlin dürfte
später als 1619 anzusetzen sein.