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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 7.1911/​1912

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Bd. VII.

Blätter für Gemäldekunde

Seite 29

standesforderungen in der Kunst die größte
Rolle spielen“, zum Teil richtig das, zum
Teil auch nicht.
Was ich behaupte, ist, daß die ältere
Ästhetik und ihre neueren und neuesten
Vertreter nicht zu scheiden verstehen
zwischen dem, was als allgemein giltig und
verständlich von den Eigenschaften der
Kunstwerke abzuleiten ist und zwischen
dem, was vom Fühlen des Betrachtenden
herkommt. Wenn also als Hauptfehler
meiner Theorie hervorgehoben wird, ich
mache „klar, daß Verstandesforderungen
in der Kunst die größte Rolle spielen“, so
ist das das größte Lob, das meiner Bemü-
hung gezollt werden kann. Es ist aber
vollständig unrichtig, wenn K. weiterhin
behauptet, daß die von mir getadelte
Ästhetik prinzipiell nichts anderes tue, als
was ich verlange. Nein! Sie tut wirklich
etwas anderes, indem sie fortwährend be-
stimmte Relationen sucht zwischen den
Eigenschaften der Kunstwerke und dem
Schönfinden durch den Betrachtenden. Ich
nenne das den ewig vergeblichen Eiertanz
zur Erlangung einer Definition der Schön-
heit, und nicht zuletzt hatte ich die neue
Ästhetik von Lipps im Sinne, als ich auf
jenen Eiertanz hinwies. Daß ich der ver-
alteten Ästhetik auch die Verwertung von
verstandesmäßig erreichten Ergebnissen
zugestehe, geht aus vielen Stellen meiner
Schrift unzweifelhaft hervor. Daß aber jene
schwache Ästhetik immer wieder einknickt
und unlogisch wird, wenn sie auf die „Schön-
heit“ losgeht, ist einfach nicht zu leugnen.
Endlich muß ich feststellen, daß es eine
Verdrehung der Tatsachen ist, wenn mir
vorgeworfen wird, daß ich wieder „beim
alten Schönheitsbegriff“ ende. Ich aner-
kannte das Schönfinden als wichtiges Motiv
für subjektive Entschlüsse, aber von einem
alten Schönheitsbegriff als verwendbaren
Gedankenkomplex ist in meiner Arbeit
nirgends die Rede. Ich möchte auch je-
denfalls bitten, vor Allem den „alten
Schönheitsbegriff“ festzustellen und zu um-
schreiben, bei dem ich nach angeblich er-
gebnisloser Fahrt wieder gelandet haben
soll. Herr K. und die anderen Nachzügler

veralteten Schönheitslehren werden durch
diese Forderung ohne Zweifel in große
Verlegenheit geraten, denn es gibt keinen
alten Schönheitsbegriff, mit dem
man auch nur das Mindeste vor dem
Kuntwerk beweisen könnte. Auch mit
der schüchternen Andeutung von K. als
ob im „Wechsel“ der Anregung, der ein
„geändertes Erlebnis“ verlangt, die Wurzel
der Schönheit zu suchen wäre, ist ganz
und gar nichts anzufangen. Diese
Andeutung heißt ja nichts mehr, als daß
das Schönfinden ein Gefühl ist, das wie
jedes andere durch irgend einen Wechsel
hervorgerufen wird. Darauf werden wir
keine neue Kunstphilosophie aufbauen.
Dagegen sind die verstandesmäßig
erarbeiteten Grundlagen, die in meiner
Arbeit geboten werden, recht wohl dazu
geeignet, darauf eine wissenschaft-
liche Kunstphilosophie aufzurichten.
Fr.
ROTTENHAMMER
IN VENEDIG.
(Statt einer Antwort im Briefkasten.)
Herrn Dr.... P. in Paris. Also Rotten-
hammer in Venedig. Das Thema ist nicht
im Umfang einer Notiz zu bewältigen. Ich
kann Ihnen nur trockene Aufschreibungen
und Anführungen bieten. Ein großes Bild,
das von Rottenhammer in Venedig gemalt
worden ist, mit eilf fast lebensgroßen weib-
lichen Figuren und zwei Eroten, befand sich
in der Wiener Galerie Todesco. Dargestellt
ist eine Art Parnaß. Ungefähr in der Mitte
des Bildes sitzt eine nackte Schöne am
Klavier. Ringsherum andere halb oder ganz
bekleidete Mädchen, von denen eine die
Laute spielt, eine andere ein geigenartiges
Instrument hält. Links im Mittelgründe ein
Stück eines großen Schiffes. Rechts im Vor-
dergrund ein Mops. (Beschreibung nach
frischer Erinnerung.) Auf einem Cartellino
die Inschrift „160.“ „Giovanni R(ott(en)-
hamer“. Dieses Werk verrät so deutlich vene-
zianischen Einfluß, besonders den des Tin-
toretto, daß man gezwungen ist, es ent-
weder in die Zeit des venezianischen Auf-
 
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