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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 7.1911/​1912

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BLÄTTER
FÜR
GEMÄLDEKUNDE

Verlag von
FRANZ MALOTA, WIEN
IV. Hauptstraße 22

VII. BAND

HERAUSGEGEBEN
von
Dr. TH. v. FRIMMEL

JUNI UND JULI 1912

Adresse des Herausgebers:
WIENER-NEUDORF Nr. 21,
Heydnerhaus.

HEFT IX UND X

NEUE MITTEILUNGEN
ÜBER BILDER JOACHIM'S VON
SANDRART.
Von Dr. P. Kutter.
Seit dem Erscheinen meiner Sandrart-
Monographie (1907) sind mir in zahlrei-
chen Zuschriften Gemälde als echte Sand-
rarts benannt worden, die sich regelmäßig
als wertlose Kopien oder als unbestritten
nicht von seiner Hand herausgestellt ha-
ben. Es lohnt nicht auf sie einzugehen.
Von der Existenz der nachstehend ange-
führten echten Bilder des Joachim von
Sandrart habe ich rein zufällig Kenntnis
erhalten. Es wird bei diesen wohl Nie-
mand gegen seine Autorschaft Einspruch
erheben. Die künstlerische Qualität die-
ser neuen Bilder ist im allgemeinen und
auch für Sandrart eine gute. Die folgende,
vom Zufall abhängige Zusammenstellung
zeigt, wie vieles noch von Sandrart un-
erkannt und unbeachtet hie und da auf-
bewahrt wird. Als erstes Bild möchte ich
ein sehr gutes Porträt nennen, das ich in
einem Ecksaal des zweiten Geschoßes in
Schloß Ambras fand. Es stellt ohne
Zweifel den berühmten Kurfürsten
Maximilian von Bayern (f 1651)
dar (Vgl. Abb. I). Das im Sinne Van Dycks
arrangierte, lebensgroße Kniestück zeigt den
hohen Herrn vor einer Säule stehend, über
die ein schwerer, roter Vorhang gerefft ist.
Aus großen dunkelbraunen Augen schaut

der kluge Fürst in dreiviertel Profil den Be-
schauer an. Das noch braune Haar fällt
in langen Strähnen auf den breiten Spit-
zenkragen herab. Der graue Knebelbart
unter der langen Nase, die leicht erhobene
linke Hand mit ausgestrecktem Zeigefin-
ger, das spanische schwarze Samtkleid
mit dem Orden vom goldenen Vließ — dies
alles erinnert an die Porträts auf Sand-
rarts berühmten Gesandtenmahl in Nürn-
berg. Echt sandrartisch ist hier auch die
Malweise der Striemen an der herabhän-
genden rechten Hand Maximilians, der
Runzeln an den Augen und die Manier
der Bartdarstellung. Alles finden wir mühe-
los auf Sandrarts vielen Porträts wieder. Der
Kopf dieses wohlerhaltenen, wohl sprechend
ähnlichen Barockporträts scheint die Vor-
lage zum Stich des M. Natalis vom Jahr
1643 gewesen zu sein, der denselben Kopf
(als Brustbild im Oval) im Gegensinne gibt.
In seiner Akademie rühmt sich Sandrart
wiederholt des vertrauten Umgangs mit dem
Kurfürsten. Er besorgte ja auch für ihn den
Ankauf von älteren deutschen Bildern (Dü-
rer, Holbein etc.). Nichts natürlicher, als daß
er seinen Herrn noch öfter gemalt hat. So
finden wir im Museum zu Lille eben-
falls sein Porträt von Sandrarts Hand. Es
gilt dort als ein Mitglied der Familie Bieker
aus Amsterdam.* Indessen zeigt ein Blick
* Benoit, la peinture au Musee de Lille 1909.
Bd, I, Nr. 57 mit Abbildung, die hier leider nicht
wiedergegeben werden kann.
 
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