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Frimmel, Theodor von [Editor]
Blätter für Gemäldekunde — 7.1911/​1912

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Seite 104

Blätter für Gemäldekunde.

Bd. VII.

schwarzen Schatten, das alles verrät die
Schule Carravaggios.
Von den beiden großen signierten Bil-
dern des Martin de Vos ist das selt-
samerweise „Beschneidung“ benannte Bild
von 1593, das die heil. Sippe darstellt,
für diesen Meister gut. Es scheint mir
eine nur wenig abweichende Variante des
Sippenbildes im Genter-Museum von 1585
zu sein. Ruhige Haltung und eine
gewisse Anmut, namentlich in der Wieder-
gabe der Kinderkörper, ist dem Bilde nicht
abzusprechen. Das Kolorit ist, wie meist
bei Vos, sehr hell, aber die Lokalfarben
sind ohne Rücksicht auf ihr Zusammen-
klingen nebeneinandergestellt. Die große
Anbetung der Könige von 1599, die in
der Farbe gleichfalls hell-bläuliche Töne
zeigt, ist überladen mit Zierornamenten
und wirkt schon deshalb unruhiger.
Von dem Haarlemer Cornelis Cor-
nelissen sieht man ein Bild, das für die
Beurteilung dieses talentvollen Manieristen
wichtig ist, weil es durch eine Stelle bei
van Mander*) als ein Frühwerk beglaubigt
wird, das bald nach der Rückkehr des
Künstlers aus Frankreich (nach 1583) ge-
malt sein muß. Die Caritas, eine lebens-
große sitzende Frauengestalt mit 4 Kin-
dern, erinnert in dem hellen bläulich-
grauen Gesamttone an M. de Vos, ist
aber, namentlich auch in der kräftigen
Zeichnung, besser als dieser. Cornelissen
wendet hier noch ein blasses Inkarnat mit
grauen Schatten an, während er später
eine braune Fleischfarbe bevorzugt.
Als ein historisches Dokument von Wert
muß die kleine anonyme Darstellung einer
Prozession zur Zeit der Liga bezeichnet
werden (Holz, hoch 42, breit 55 cm). Im
Hintergründe sieht man die Türme von
Notre-Dame zu Paris. Es handelt sich
offenbar um die militärische Prozession von
Juni 1590, von der Wurzbach**) im Leben
Jan Brueghels I. mit Bezug auf eine
*) Floerke van Mander, Bd. II, S. 309.
Van Mander berichtet auch, daß das Bild nach
Frankreich gebracht worden sei, der Maler aber
nie Bezahlung erhalten habe.
'*) Niederländische Künstlerlexifcon, Bd. I, S, 205.

Stelle bei Michiels*) spricht. Wurzbach hat
das von Michiels erwähnte Original nicht
ermitteln können. Ich glaube, daß wir
hier dieses Bild vor uns haben. Die etwas
skizzenhaft gehaltene Zeichnung und Mal-
weise würde zu J a n Brue gh el I. gut
passen.
Aus der Familie der Francken ist
Hieronymus, der als peintre du roi
in Paris wirkte, mit einer kleineren, wenig
veränderten Wiederholung seines Bildes
im Liller Museum vertreten. Es gibt den
historischen Moment wieder, wie Carl V.
im Beisein seines Bruders Ferdinand und
anderer Würdenträger seinen Eintritt ins
Kloster erklärt. In seiner braunen Farbe und
geschickten Komposition erinnert das Bild
entfernt an moderne Historienbilder, etwa
der Piloty-Schule.
Wie die Francken, so fehlen auch die
Pourbus in keiner Sammlung Frankreichs,
namentlich aus dem Atelier des Franz
Pourbus II., der seit 1611 Hofmaler der
Königin Maria von Medici wa-, gingen
zahlreiche Porträts hervor. Valenciennes
besitzt, außer einem der häufigen Brust-
bilder der Königin, unter anderem ein sehr
schönes Stück von seiner Hand, das den
Vorzug hat, voll signiert, 1615 datiert und
mit dem Namen der Dargestellten versehen
zu sein. Es ist ein Porträt der Prinzessin
Dorothee de Croy, Herzogin von Archot,
einer anmutigen, jugendlichen Erscheinung
in kostbarem silberfarbigen Hochzeitskleide.
In einem warmen gelben Ton gehalten,
sorgfältig, wenn auch etwas nüchtern in
der Ausführung, gehört dies vornehme
Porträt zu den besten Werken des Franz
Pourbus II. Wie ich feststellen konnte, be-
findet sich eine fast gleichgroße Wieder-
holung des Bildes in Schleißheim (Nr.
960), die dort Pourbus nur unter Vor-
behalt zugeschrieben ist. Auch über die dar-
gestellte Prinzessin war man bisher im
Zweifel. Der Katalog weist hin auf die
*) Histoire de la peinture flamande, Bd. 5, S.
353. Die Beschreibung, welche Michiels von
einem Stich des Louis Petit nach Brueghel aus
dem Jahre 1788 gibt, stimmt genau mit dem Ge-
mälde überein.
 
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