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Frimmel, Theodor von [Hrsg.]
Blätter für Gemäldekunde — 7.1911/​1912

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Bd. VII.

Blätter für Gemäldekunde

Seite 125

Elsheim er „Findung Moses“ aus St.
Winoc. Unbedeutendes Bild aus jüngerer
Zeit.
Als Hauptbild der Sammlung gilt Franz
Pourbus des Älteren „Martyrium des
h. Georg“ aus dem Jahre 1577, ein großes
Triptychon auf Holz. Bedeutendes Werk
des Meisters, das derselbe nach van Mander
in Brügge gemalt und 1578 an die Bruder-
schaft des h. Georg in Dunkerque verkauft
hat. Es wurde für 40.000 Frcs. aus der St.
Eloi-Kirche daselbst erworben. Komposition
langweilig und kraftlos in der Art des M.
de Vos; große, dunkel gehaltene Landschaft
im Hintergrund. Am besten sind die Köpfe
geraten. In der malerischen Ausführung
sorgfältig, zeigt Pourbus Vorliebe für aparte
Lokalfarben wie Orange und Gelb in ver-
schiedenen Abstufungen, für violette, graue
und Changeant-Töne. Der glatte, bräun-
liche Gesamtton ist wohl den wiederholten
Restaurationen zuzuschreiben.
Der Dünkirchner Jan de Reyn (Ryn),
ein begabter Schüler van Dycks, und Mat-
thias Elias sind im Museum sowie in
den Kirchen der Stadt und Umgegend mit
zahlreichen Werken vertreten. Von Reyn
sieht man außer vorzüglichen Porträts im
Museum, eine sehr gute Anbetung der
Könige von 1641 in der Martins-Kirche zu
Bergues. St. Elois in Dunkerque besitzt
außerdem ein wenig beachtetes, pracht-
volles Hauptwerk von Gerhard Segers,
Nötre-Dame du Rosaire. Maria sitzt auf
hohem Throne und erteilt an die zu ihren
Füßen versammelten Mönche und Nonnen
Rosenkränze. Der Typus der Madonna, die
idealen Männerköpfe, die Säulen, Pinien
und Cypressen im Hintergründe, das kräf-
tige, an Carravagio gemahnende Kolorit,
alle diese Momente lassen die Entstehung
des Bildes in der Zeit nach Segers Rück-
kehr aus Italien sicher erscheinen. Später
hat er sich nach Sandrarts Angabe „auf
die Practic mit lichten schönen Farben“ in
der Art des Rubens und van Dyck verlegt.
BERGUES.
Das Städtchen liegt von malerischen
Windmühlen,Wällen und Mauern umgeben,

unweit von Dunkerque. Auf dem reizenden
Marktplatz das Rathaus, in dem die zahl-
reichen guten Gemälde aus der Abtei Winoc
und anderen Kirchen auf bewahrt werden.1)
Pieter Brueghel dem Alten zuge-
schrieben. Wiederholung, wenn nicht Ori-
ginal der bekannten humoristischen Dar-
stellung „Städter besuchen eine Bauern-
Familie“ von der sich eine Wiederholung
Jan Brueghels I. in der kaiserlichen Galerie
in Wien und eine andere, nur grau in grau
ausgeführte, im Antwerpner Museum be-
findet. Letztere gilt auch als original.
Ghislain Vroylynck, ein fast unbe-
kannter aber beachtenswerter Künstler.
Nach den ausführlichen Angaben auf seinem
im Katalog mitgeteilten Leichenstein ist er
in Brügge geboren, 7 Jahre lang in Italien
und Frankreich herumgewandert, hat Bil-
der in Brügge, Bergues, Nieuport, Ostende
und anderen Orten gemalt und ist 1635
in Hondschoote bei Bergues gestorben.2)
Das große Bild, die Schöpfung, ist be-
stimmt in der Zeichnung und breit und
sicher in einem lebhaften warmen Ton ge-
malt. Dieselben Vorzüge zeigt der Flügel
eines Triptychons mit einem betenden
Stifter-Ehepaar. Sollte diese Tafel etwa zu
dem von Wurzbach erwähnten Altarbilde
des St. Eloi in Brügge gehören, dessen
Flügel verschollen sind?
Von Jean Baptiste van Meuninx-
hoven, einem gleichfalls wenig bekannten
Brügger Meister (gest. 1703) sind sehr
tüchtige Landschaften vorhanden.
Dem Cölner Hans von Aachen wer-
den irrtümlich zwei Bilder, die „H. V.
Aacken (Aaken) fecit“ signiert sind, zuge-
schrieben. Das eine, ein gutes Bild in der
Art holländischer Genrebilder von dunkel-
brauner Gesamthaltung, führt eine ausge-
lassene Gesellschaft bei der Kartenlegerin
vor. Die Szene wird nur von einer Kerze
beleuchtet. Obwohl Berührungspunkte mit
Aachens Manier vorhanden sind, möchte
ich das Bild nicht für ein Werk seiner
x) Veralteter Katalog, der nicht käuflich ist.
2) Nach Wurzbach, Niederl. Künstler-Lexikon,
Nachtrag, soll er schon 1625 gestorben sein. Wurz-
bach nennt 2 Bilder Vroylyncks in Brügger Kirchen.
 
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