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Beiblatt der Blätter für Gemäldekunde
Nr. 1
nen oft anheimfallende Aufsätze rasch und zweckmäßig dem öffentlichen
Verständnisse darzubieten.
Die Namenliste für den Verein hat die ohnedies besten Erwartungen
des Verlags noch übertroffen. Trotzdem huscht der Seufzer eines tantae
moliS j . . Möge denn das I., gleichsam als Probenummer geltende Heft
einen Ausblick in die Gestaltung der nachfolgenden gewähren, möge aber
auch auf unserem Werke der dem Geister-Capua ewig imanente Trotzruf
nach der Kunst den Segen breiten: Litteris et artibus!
Ein vergessenes Urteil über
William Hogarth.
Von E. M.
Seinen heutigen, unter Englands Künst-
lern fast einzigen Ruhm bestreitet Hogarth
im Auslande fast nur mit seinen satiri-
schen Zeichnungen der Lebewelt seiner
Heimat. Er ist für uns in die Beleuchtung
getreten, worin wir den Satiriker vergan-
gener Zeiten im Helldunkel gewissermaßen
als Historiker erblicken und diese Bedeu-
tung wird ihm alle Zukunft bewahren.
Ihr zuliebe mag er auch bisweilen als
Maler gelten, als der er — das Portrait
ausgenommen — schon den Zeitgenossen
wenig zu geben hatte.
Bekanntlich hat Hogarth von Göttingen
aus seinen Einzug in Deutschland gehalten.
Riepenhausen’sche Stiche schmückten die
ersten Hefte der unsterblichen Lichtenberg-
schen „Erklärungen“. Der Göttinger Phy-
siker, der paradoxe . Physiognomist der
Schwänze hat ihm den köstlichen Kom-
mentar als Stütze auf den Weg des Ruhmes
in deutschen Landen gegeben und tatsäch-
lich blieben die Bilder der Marriage ä la
mode, Harlots und Rakes Progress etc. zu-
nächst ein Werk für Sonderlinge. Falk, Hippel
mögen ihre Freude daran gehabt haben,
Thümmel vielleicht nicht ganz ohne lau-
nisches Grinsen. Soviel steht jedoch fest:
die damaligen Größen hatten kein Ver-
ständnis für den Londoner Wahrheitsapostel.
Vor 1794, d.i. vor Lichtenbergs Erklärungen,
dürfen wir kaum bestimmte Urteile erwarten,
aber noch spät, in den biogr. Einzelheiten
spöttelt Goethe an Lavater mit einem
„Über-Hogarth“ herum. Die Satire war in
Deutschlands Neuhumanismus ein unver-
standener Gast am klassischen Mahle.
Das zeigt so recht ein charakteristisches
Urteil über Hogarth in der „Zeitung für
die elegante Welt“ vom 4. Februar 1804.
August Klingemann, der reisende Kunst-
und Naturfreund, Braunschweigische Hof-
schauspieler und Dramatiker zeichnet sich
als Verfasser. Und da wirft er dem Eng-
länder gerade all die Eigenschaften als
Vergehen vor, die ihn heute schätzen, ja
unentbehrlich finden lassen. K. will beweisen,
daß „wir“ (von 1804) die Veranlassung von
Hogarths Kunst mit ihrer Tatsache verwech-
seln, der überschätzte Maler Hogarth kann
auch als Zeichner nicht an den Geist und
Witz seines „Erklärers“ hinanreichen. „Von
der Natur zum Schriftsteller bestimmt,
wurde er Maler, wodurch er seine eigene
Genialität beschränkte. . . Ein satirischer
Maler“, sagt Klingemann, „ist eigentlich
schon an sich eine Karikatur, indem er
eine Kunst, die in sich selbst abgeschlossen
ist, mißhandelt und zu einem Mittel für
fremdartige Zwecke anwendet . . ., denn
ein satirischer Maler ist ein Stummer, der
durch Zeichen redet.“ Auch in der Malerei
gibt es ohne Zweifel „ein Komisches, um
es aber darzustellen, war H. — es scheint
paradox — zu witzig und er gibt nur
allein für den Verstand (!), nicht aber für
die ganze Anschauung die reichste Aus-
beute.“ Kl. leugnet hierauf, daß H. bis
Beiblatt der Blätter für Gemäldekunde
Nr. 1
nen oft anheimfallende Aufsätze rasch und zweckmäßig dem öffentlichen
Verständnisse darzubieten.
Die Namenliste für den Verein hat die ohnedies besten Erwartungen
des Verlags noch übertroffen. Trotzdem huscht der Seufzer eines tantae
moliS j . . Möge denn das I., gleichsam als Probenummer geltende Heft
einen Ausblick in die Gestaltung der nachfolgenden gewähren, möge aber
auch auf unserem Werke der dem Geister-Capua ewig imanente Trotzruf
nach der Kunst den Segen breiten: Litteris et artibus!
Ein vergessenes Urteil über
William Hogarth.
Von E. M.
Seinen heutigen, unter Englands Künst-
lern fast einzigen Ruhm bestreitet Hogarth
im Auslande fast nur mit seinen satiri-
schen Zeichnungen der Lebewelt seiner
Heimat. Er ist für uns in die Beleuchtung
getreten, worin wir den Satiriker vergan-
gener Zeiten im Helldunkel gewissermaßen
als Historiker erblicken und diese Bedeu-
tung wird ihm alle Zukunft bewahren.
Ihr zuliebe mag er auch bisweilen als
Maler gelten, als der er — das Portrait
ausgenommen — schon den Zeitgenossen
wenig zu geben hatte.
Bekanntlich hat Hogarth von Göttingen
aus seinen Einzug in Deutschland gehalten.
Riepenhausen’sche Stiche schmückten die
ersten Hefte der unsterblichen Lichtenberg-
schen „Erklärungen“. Der Göttinger Phy-
siker, der paradoxe . Physiognomist der
Schwänze hat ihm den köstlichen Kom-
mentar als Stütze auf den Weg des Ruhmes
in deutschen Landen gegeben und tatsäch-
lich blieben die Bilder der Marriage ä la
mode, Harlots und Rakes Progress etc. zu-
nächst ein Werk für Sonderlinge. Falk, Hippel
mögen ihre Freude daran gehabt haben,
Thümmel vielleicht nicht ganz ohne lau-
nisches Grinsen. Soviel steht jedoch fest:
die damaligen Größen hatten kein Ver-
ständnis für den Londoner Wahrheitsapostel.
Vor 1794, d.i. vor Lichtenbergs Erklärungen,
dürfen wir kaum bestimmte Urteile erwarten,
aber noch spät, in den biogr. Einzelheiten
spöttelt Goethe an Lavater mit einem
„Über-Hogarth“ herum. Die Satire war in
Deutschlands Neuhumanismus ein unver-
standener Gast am klassischen Mahle.
Das zeigt so recht ein charakteristisches
Urteil über Hogarth in der „Zeitung für
die elegante Welt“ vom 4. Februar 1804.
August Klingemann, der reisende Kunst-
und Naturfreund, Braunschweigische Hof-
schauspieler und Dramatiker zeichnet sich
als Verfasser. Und da wirft er dem Eng-
länder gerade all die Eigenschaften als
Vergehen vor, die ihn heute schätzen, ja
unentbehrlich finden lassen. K. will beweisen,
daß „wir“ (von 1804) die Veranlassung von
Hogarths Kunst mit ihrer Tatsache verwech-
seln, der überschätzte Maler Hogarth kann
auch als Zeichner nicht an den Geist und
Witz seines „Erklärers“ hinanreichen. „Von
der Natur zum Schriftsteller bestimmt,
wurde er Maler, wodurch er seine eigene
Genialität beschränkte. . . Ein satirischer
Maler“, sagt Klingemann, „ist eigentlich
schon an sich eine Karikatur, indem er
eine Kunst, die in sich selbst abgeschlossen
ist, mißhandelt und zu einem Mittel für
fremdartige Zwecke anwendet . . ., denn
ein satirischer Maler ist ein Stummer, der
durch Zeichen redet.“ Auch in der Malerei
gibt es ohne Zweifel „ein Komisches, um
es aber darzustellen, war H. — es scheint
paradox — zu witzig und er gibt nur
allein für den Verstand (!), nicht aber für
die ganze Anschauung die reichste Aus-
beute.“ Kl. leugnet hierauf, daß H. bis