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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0022

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alter schliefsc'n, in welches dieser Sarkophag gesetzt werden
kann*). Es ist übrigens sehr gewöhnlich , dafs anf Sarkophagen
Hausfrauen neben dem Hausherrn so sitzend gefunden werden.
Die Römer scheinen diese Vorstellung von den Begräbnifsinarmorn
der Griechen entlehnt und oft nachgeahmt zu haben **), Am Ende
dieses Tischblattes, zu den Füfsen des liegenden Hausherrn, sieht
eine kleine männliche Figur (ist es ein Sohn dieses Ehepaars, ist
es ein Sclave, diefs mag, ohne den Marmor und die Ilaare des
Jünglings genau untersucht zu haben, schwerlich bestimmt wer-
den), der in der Linken eine länglich viereckige Tafel, die lauge
schmale Seite nach der Brust zugekehrt, hält, und mit der Rech-
ten auf die darauf reihenweise gelegten Rechensteine (calculos,
■Lpvjfjpsuf) hinzeigt. Dieses Bild giebt einen sehr deutlichen und
anschaulichen Begriff einer alten Rechentafel, und darum ist diese
Figur hier besonders ausgezeichnet worden. Offenbar hat dieser
kleine Rechenmeister Beziehung auf die liegende Figur des Haus-
herrn, der durch eine Schriftrolle in der einen Hand und durch
einen vollen Beutel in der anderen ganz unbezweifelt andeutet, dafs
sich's hier uin eine Schenkung, ein Vermachtnifs, oder des etwas
handle, und dafs also da unten nicht vergeblich gerechnet werde.
So viel mag Jeder, ohne eben ein Oedipus zu sein, hei'ni Anblick
dieses Sarkophag-Reliefs enträlhseln und auslegen können. Es
war aber die Unart früherer Ausleger antiker Reliefs, Vasen, ge-
schnittener Steine u. s. w. jeder Vorstellung sogleich einen be-
stimmten Mythus, eine Geschichte, eine Person unterzulegen. So
fand auch in diesem Falle der gelehrte Ausleger des Capitolini-
schon Marmorreliefs, der Canonicus und Bibliothekar der Corsini-
schen Bibliolhek, Foggini, in seiner Auslegung (T.I. p.92. ff.)
in dieser Vorstellung nichts Geringeres als den in Cilieien zu
Selinus (dem nachmaligen Trajanopolis) auf seinem Sterbebette
liegenden Kaiser Trajan. Die neben ihm silzende Malrone ist
nun ganz natürlich die Kaiserin Plotiua. Der sterbende Kaiser
adoplirt hier den P. Aelius Hadrian zu seinem Sohne und Reichs-
erben. Bei einer solchen Adoption, sagt Foggini, Ülufste ein
Wagemeislcr (iibripens) gegenwärtig sein, weil den natürliche
Vater den Sohn, den er dem Anderen zur Adoption überlicfs, um
ein Stück Kupfer, welches der Adoplirende in die Wage warf,
verkaufte, und diesen Wagemeisler erblicken wir hier. Was doch
die Erklärungssucht nicht Alles sieht und weil's! Ein jeder An-
fänger in dun römischen Rechtsallertbüniorn hat schon aus seinem
Heineccius gelernt, dafs hei dieser Privaladoplion-die Wage selbst

») S. Eckhel, doclrina Num. Vet. Vol. VI. p. 521.

**) Marmor. Oxonicns. n. 142. Zocga, liassi Kilievj ni XI; u,

XXXVI. mit dem in den Anmerkungen ''citirten Marmor« T, I,

p. 43. not. 5.
 
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