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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0034
IV.
Ueber das antike Costume
in Grillparzer's Sappho*),
Ueberall, wo in dramatischen Werken sieli offenbart, dafs Treue
in Zeichnung der Zeit und des Orts unter die Knustzwecke des
Dichters gehört, da wird es selten 211 rechtfertigen sein, dafs man
von dem wissenschaftlich correcten Costume abweiche. Dieser Aus-
spruch A. Miillner's in einem der heherzigenswürdigsten Auf-
sätze ü'her Tiiealercostume **) leidet seine rolle Anwendung- auf das
zu beobachtende Costume in Grillparzer's Sappho. Mag auch
ein ganzer Köcher voll Pfeile auf die hellenische Echtheit dieses
Drama von den kundigsten antiquarischen Bogenschützen abgedrückt
werden, und mancher Pfeil treffen; der Dichter wollte eine
echt griechische Sappho auftreten lassen und ist daher von der
Direclion berechtigt, die möglichste Rücksicht auf Scenerei, archi-
tektonische Verzierung und Bekleidung zu fordern, wie sie in je-
nes Zeitalter, wohin uns geschichtliche Kunde die Mvtilenische
Sappho versetzen heifst, und in die Umgebungen eines üppig
geschmückten Landsitzes auf der Insel Lcsbos passen. Man kann
die Sappho, die hier durch die irdische Liebe zur himmlischen
eingeht, noch viel höher gestellt, viel hellenischer wünschen; aus-
gemacht bleibt es, dafs im ganzen Drama nichts vorkommt, was
nicht durch strenge Beobachtung des lieblichen im Wiegen-
nnd Mutterlando aller wirklichen Kunst noch gehoben und der
gebildeten Schaulust reizender gemacht weiden könnte.
Wir befinden uns auf Lesbos. Der bekannte, in alle Spra-
chen übersetzte, neuerlich durch Courier's und Furia's Fund noch
*) Wir bemerken hier im Allgemeinen, dafs antiquarisch über Sappho
überhaupt nichts Gründlicheres und Umfassenderes gesagt worden ist
als in Prof. Welcker's in Bonn tiefeindringehder Abhandlimg,
Sappho, von einem herrschenden VorUrtheil befreit
Göttingen 181G. 150 S. in 8.
.**) Aus Miillner's Theaterwörterbuche zuerst im Berliner dramaturg-
ischen Wochenblatt II,, 4, Dann im Almanach für Privatbühnen
auf 1818. S. 348,
Ueber das antike Costume
in Grillparzer's Sappho*),
Ueberall, wo in dramatischen Werken sieli offenbart, dafs Treue
in Zeichnung der Zeit und des Orts unter die Knustzwecke des
Dichters gehört, da wird es selten 211 rechtfertigen sein, dafs man
von dem wissenschaftlich correcten Costume abweiche. Dieser Aus-
spruch A. Miillner's in einem der heherzigenswürdigsten Auf-
sätze ü'her Tiiealercostume **) leidet seine rolle Anwendung- auf das
zu beobachtende Costume in Grillparzer's Sappho. Mag auch
ein ganzer Köcher voll Pfeile auf die hellenische Echtheit dieses
Drama von den kundigsten antiquarischen Bogenschützen abgedrückt
werden, und mancher Pfeil treffen; der Dichter wollte eine
echt griechische Sappho auftreten lassen und ist daher von der
Direclion berechtigt, die möglichste Rücksicht auf Scenerei, archi-
tektonische Verzierung und Bekleidung zu fordern, wie sie in je-
nes Zeitalter, wohin uns geschichtliche Kunde die Mvtilenische
Sappho versetzen heifst, und in die Umgebungen eines üppig
geschmückten Landsitzes auf der Insel Lcsbos passen. Man kann
die Sappho, die hier durch die irdische Liebe zur himmlischen
eingeht, noch viel höher gestellt, viel hellenischer wünschen; aus-
gemacht bleibt es, dafs im ganzen Drama nichts vorkommt, was
nicht durch strenge Beobachtung des lieblichen im Wiegen-
nnd Mutterlando aller wirklichen Kunst noch gehoben und der
gebildeten Schaulust reizender gemacht weiden könnte.
Wir befinden uns auf Lesbos. Der bekannte, in alle Spra-
chen übersetzte, neuerlich durch Courier's und Furia's Fund noch
*) Wir bemerken hier im Allgemeinen, dafs antiquarisch über Sappho
überhaupt nichts Gründlicheres und Umfassenderes gesagt worden ist
als in Prof. Welcker's in Bonn tiefeindringehder Abhandlimg,
Sappho, von einem herrschenden VorUrtheil befreit
Göttingen 181G. 150 S. in 8.
.**) Aus Miillner's Theaterwörterbuche zuerst im Berliner dramaturg-
ischen Wochenblatt II,, 4, Dann im Almanach für Privatbühnen
auf 1818. S. 348,