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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0208
XVI.
Der Saturnaliensclimaus.
Eine Carnevalscene des alten Roms.
I.
Tafelkleid und Kapuze, Modecostüm der Saturna-
lien. — Eintritt ins Tafelzimmer.
)}Das römische Carneval", sagt der kunstreiche Schilderer des-
selben*), „ist ein Fest, das dum Volke eigentlich nicht gegeben
wird, sondern das sieh das Volk selbst giebt. Der Unterschied
zwischen Hohen und Niederen scheint einen Augenblick aufgeho-
ben. Alles nähert sich einander, Jeder nimmt, was ihm begegnet,
leicht auf, und die wechselseitige Frechheit und Freiheit wird
durch eine allgemeine gute Laune im Gleichgewicht erhalten. In
diesen Tagen freut sich der Römer noch zu unseren Zeiten, dafs
die Gehurt Christi das Fest der Saturnalien und seiner Privilegien
wohl um einige Wochen verschieben, aber nicht aufheben konnte."
Wie sonderbar ist doch der Wechsel dcsselbigen Schauspiels
auf einem und demselben Theater! Seit Jahrtausenden einerlei
Ausgelassenheit _nnd Ueppigkeit der Freude, die, des lästigen
Zwanges der Gesetze und der Aufsicht des strengeren Polizeiniei-
sters entbunden, einmal im Jahre öffentlich hervorbricht und auf
Strafsen und öffentlichen Plätzen sich den mutlivvilligsteu Launen
iiberläfst, nur unter verschiedenen Benennungen und zu verschie-
denen Jahreszeiten. Was in den frühesten Zeiten, so weit unsere
historische Kunde hinaufreicht, in einem großen Theile des un-
teren und mittleren Italiens das mit öffentlichem Volksjubel und
mit geheimen Einweihungen begangene Bacchusfest im Spätherbst
war, wurde, als diese Bacchanalien aus politischen Ursachen gänz-
lich verbannt worden waren, in Rom gerade in den Tagen, w0
der Winter für die geschäftslosc Classe des Pöbels die häufigste
.*) Römisches Carneval von Göthe, S. 5.
Der Saturnaliensclimaus.
Eine Carnevalscene des alten Roms.
I.
Tafelkleid und Kapuze, Modecostüm der Saturna-
lien. — Eintritt ins Tafelzimmer.
)}Das römische Carneval", sagt der kunstreiche Schilderer des-
selben*), „ist ein Fest, das dum Volke eigentlich nicht gegeben
wird, sondern das sieh das Volk selbst giebt. Der Unterschied
zwischen Hohen und Niederen scheint einen Augenblick aufgeho-
ben. Alles nähert sich einander, Jeder nimmt, was ihm begegnet,
leicht auf, und die wechselseitige Frechheit und Freiheit wird
durch eine allgemeine gute Laune im Gleichgewicht erhalten. In
diesen Tagen freut sich der Römer noch zu unseren Zeiten, dafs
die Gehurt Christi das Fest der Saturnalien und seiner Privilegien
wohl um einige Wochen verschieben, aber nicht aufheben konnte."
Wie sonderbar ist doch der Wechsel dcsselbigen Schauspiels
auf einem und demselben Theater! Seit Jahrtausenden einerlei
Ausgelassenheit _nnd Ueppigkeit der Freude, die, des lästigen
Zwanges der Gesetze und der Aufsicht des strengeren Polizeiniei-
sters entbunden, einmal im Jahre öffentlich hervorbricht und auf
Strafsen und öffentlichen Plätzen sich den mutlivvilligsteu Launen
iiberläfst, nur unter verschiedenen Benennungen und zu verschie-
denen Jahreszeiten. Was in den frühesten Zeiten, so weit unsere
historische Kunde hinaufreicht, in einem großen Theile des un-
teren und mittleren Italiens das mit öffentlichem Volksjubel und
mit geheimen Einweihungen begangene Bacchusfest im Spätherbst
war, wurde, als diese Bacchanalien aus politischen Ursachen gänz-
lich verbannt worden waren, in Rom gerade in den Tagen, w0
der Winter für die geschäftslosc Classe des Pöbels die häufigste
.*) Römisches Carneval von Göthe, S. 5.