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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0406

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IV.

Ariadne und Bacchus,

eine Pantomime nach X e n o p Ii o jj.

53as Schicksal der holden Königstochter ans Crela, der reizenden
Ariadne, ist eine der lieblichsten Fabeln des griechischen. Aller-
thums. Wie viel Zartheit und sanfte Mäfsigung liegt nicht in dem
so fein verschlungenen Knoten ihrer Leiden und Freuden, ihrer
glorreichen Erhebung nach der nufsersten Erniedrigung! Man
darf voraussetzen, dafs dieser Mythos den älteren und jüngeren
Leserinnen dieser Blätter vollkommen bekannt ist, und wäre es
bei jenen auch nur ans dem von Herrn v, Geistenberg einst so
zart aufgefafsten, von dem Schauspieldichter Brandes aber so un-
glücklich aufgelösten Melodrama; ,,Ariadne auf Naxos". In der
griechischen Fabel springt die von ihrem Theseus vergessene,
trostlos jammernde, von erdichteten und wahren Ungeheuern ge-
ängstete Ariadne von keinem Felsen in's Meer. Den Sprung (ba-
ten nur lenlsche Schauspielerinnen auf Gefahr ihrer Flordrapcrieen
UI1d — gesunden Gliedmaßen. Die alte, hellenische Ariadne un-
terliegt endlich ihrem Jammer, sinkt erschöpft in die Anne des
Gottes, den man im Alterthume am liebsten den Milchbinder des
Todes nannte, um ans seinen Umarmungen in das Hochzeilbelt
eines weit fröhlicheren und lebendigeren Gottes überzugehen. Sie
entschlummerte, so erzählt uns die Fabel, in einer Grotte auf
Naxos, die, einer alten ücberliefernng zufolge, dem geheimen
Dienste des Bacchus geweiht, ja nach einigen gar seine Wiegen-
stätte war. Hier fand sie der ewig jugendliche Gott, als er eben
von seinem Triumphznge aus Indien in den Lüften berbeischwebte.
Entzückt über die halbenthüllten Heize der holden Schläferin, be-
schloß er auf der Stelle, Ariadnen zu seiner Gemahlin und zu
einer hochgepriesencii Himmelskönigin zu nehmen. Das Beilager
wird unter dem bacchantischen Jubel seines Gefolges sogleich voll-
zogen, die magische Krone, die Bacchus der Braut zum Minne-
 
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