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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0027

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ein auffliegender Palf*rsragiai eine ganze Stadt mit Enlsctzen und
Jammer erfüllt, Iiier und da auch cid celit antiker und elassiseher
Scheiterhaufen. Freilich denken nicht alle Herzoge so, wie der
Sehnsüchtige in der Eugenin. Einer der edelsten und ruhmwürdig-
sten Pörsten unserer Tage, der zuletzt verstorbene Herzog Ernst
von Gotha, befolgte die dem Verbrennen gerade entgegenstellende
Sitte, indem er sogar ohne allen Sarg, blos in ein Tuch gehüllt,
auf seiner lieblichen Pappelinsel im Park zu Gotha bestattet sein
wollte. Am Ende aber begegneten sich auch hier die Extreme;
denn auf beiden Wegen suchte man doch nur die möglichst schnelle
Entkorpcrung der vielleicht noch immer in dem innersten Seelen-
organe gefesselten Psyche zu bewirken.

Verbrennen oder Begraben'? welches ist vernünftiger, d. Ii,
dein grofsen Zwecke der Enlwickelung, oder, wenn man diefs
besser verstände, der Vergeistigung, angemessener? Das dürfte
"wohl noch oft, wenigstens für diejenigen, die im Begraben nicht
das schöne apostolische Bild der Aussaat zu erkennen und aus dem
beerdigten Körper ein neues Hervorkeimen des eingesenkten Samen-
korns anzunehmen vermögen, eine schwer zu entscheidende Streit-
frage abgeben. Vielleicht kämen wir auf dem historischen Wege
am sichersten zur Losung desselben. Auf jeden Fall sprechen
sieb die drei christlichen Grazien, Glaube, Liebe, Hoffnung, auch
in der Tödtehbestnttung vielfach charakteristisch aus *), und das
Jus Manium ist nicht das letzte Capilel im Codex der Menschheit,
die zur Menschlichkeit sieb erhebt. Alan erwarte aber-hier nichts
als einige allgemeine Unirisse und Andeutungen **). Das leicht*
beflügelte Morgcnblatt trägt höchstens nur ein Cypressenzweigleiii.
Für die Cypvcsscnwälder müssen wir andere Räume und Bezirke
unserer Literatur in Anspruch nehmen.

Wann werden wir einen echten Stammbaum der Religionen,
wann eine philosophische Geschichte derselben bekommen'? Ich
habe mir immer vorgestellt, dafs, so viel deren wirklich den viel-
sagenden, schon manche Stufe der Entwilderung voraussetzenden
Ehrentitel der Religion verdienen, allein zwei Hauptstärame getheili
werden können. Himmel und Erde, das ist die erste und älteste

*) Die sansculottischo Periode der französischen Revolution trat auch
die sogenannten Justa oder Alles, was Anstand und .Menschlichkeit
bei der WegsclialflHig der Leichen zur ehrwürdigen Sitte gemacht
hat, mit Füfsen, Später gab daher das Nationalinstitut eine Preis-
frage über die Würde der Begräbnifs-Ceremonie auf, wo Ainaury
Duval den Preis gewann. Noch nachdrücklicher als diese Preis-
schrift ist Girard's kleine Schrift: des tombeaux, ou de fin-
ituence des inslitutions funebres sur les moeurs. Paris 1801.
**} Die reichsten Collectaneen, aber auch nur diese, bei MeLners\s
kritischer (? ) Geschichte der Religionen, II, 718 — 739.
 
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