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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0043

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Sappho, als auch die Lesbierinnen, die ans der Nachbarschaft
zusammengekommen sind und auf eine eben so ungezwungene,
als Ibeilnebmende Weise den Chor iu diesem Trauerspiele bilden,
mehr dorisch als ionisch gekleidet erscheinen *), also ganz blose
Arme bis an die Schultern und anfser der unleren Tunica, die bis
zu den Knöcheln reicht, ein auf den Schultern mit Agraffen fest-
gehaltenes Doppelmüntcleken haben, Meiches iu der Sprache der
Griechinnen die Benennung Diploidion oder Epomis erhielt. Es
fehlt auch in neueren Abbildungen an Trachten, die bei Masken-
bällen sorgfaltig nach der Antike zugeschnitten wurden , nicht an
Musterbildern dazu , wir könnten aber die Wahrheit derselben nicht
rühmen, welches um so mehr zu verwundern ist**), da ein ein-
ziger Blick auf antike, bekleidete Statuen oder auch auf Yasen-
hilder die Sache ziemlich genau vor's Auge bringt und Beispiele
also leicht zu finden waren. Indefs ist die Nachahmung dieses
äufserst gefälligen Ueberwurfs und Halbmäntelcbcns eine Aufgabe,
an welcher, wie die Erfahrung oft gelehrt hat, der ganze Witz
unserer geübtesten Theaterschneider und Garderobieren fast immer
gescheitert ist. Die Ursache liegt vorzüglich darin, dafs man einen
Umstand übersah, ohne welchen diese Sopravesta nie recht sitzen
oder gelingen wird» Dehn ob sie gleich aus zwei Hälften, einem
Vorder- und Hiutertheil, besteht, so sind sie doch, was Viele ge-
glaubt haben, nicht beide an den Seiten ganz offen. Au der
linken Seite sind sie ganz zusammengenäht, und es ist blos die
Oelfnung zum Durchstecken des linken Armes übrig geblieben.
Die rechte Seile aber geht von oben, wo das Hinter- und Vorder-
theil nur durch eine Art von Schnalle zusammenhält, sogleich un-
ter der Achsel aus einander und zeigt die darunter befindliche un-
tere Tunica. Hier ist es aber auch, wo die Eleganz der grie-
chischen Mädchen sich durch einen ganz eigentümlichen, wellen-
förmig'- herabwallenden Faltenwurf dieses offenbar hier verliiuger-

*) Dorisch helfet überhaupt so viel als altgriechisch. Dem frühen
Alterthume der hellenischen Yolksstiimme war diese höchst einfache
Bekleidung, die eigentlich aus einem einzigen, auch gleich so
rund auf dem Webstuhl gewebten Gewände bestand, durch dessen
Oeirnungcn über den Schultern die blosen Arme gesteckt wurden,
sehr angemessen. Sie frommte der Kunst und der, das Nackende
überall suchenden Schönheit. Man sehe meine Abhandlung:
Ueber den Kaub der Cassandra auf einer alten Vase, S.60. Not. 00.

**) S. Dedaleet ses statues, danse pantomime par — Hirt (Berlin 1802,
in 4.) N, Vni. und; die Weihe des Eros Uranios von Hirt
(Berlin 1818) Tafel i. Alan mufs dabei aber nicht aus der Acht
lassen, dafs der eigensinnige (moderne) Schönheitssinn unserer
Damen dem armen, vielgeplagten Antiquar oft unüberwindliche
Hindernisse entgegenstellte.
 
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