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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Editor]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0045

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V.

Heber die herrschende Mode der gewürfel-
ten Stoffe.

In zwei Briefen an Frau von H...;

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Sie nelimen mich bei'm Wort und drohen mir mit aufgehobenem
Zeigefinger, wenn ich nicht, was mir gestern nur halb im Scherz
über die Lippe schlupftet das geflügelte Wort , die jetzt mehr als
je in seidenen Stoffenj Merino's und Callico's, zur gröl'sfen Be-
leidigung eines an ruhige Licht- und Faitenbrechungen gewohnten
Auges, herrschende Modo in quadiillirlen oder gewürfelten Mustern
sei eine barbarische Tracht, auf der Stelle beweisen könne.

Ich weifs es, die liebenswürdigste Frau, und wenn sie die
Sanflniiilh, ja der verkörperte Tnubcnsinn in der Gestalt eines
Täilbchens am Wagen der Liobesgöttin selbst wäre, versteht doch
darüber keinen Scherz, wenn Manner, ihren Anzug musternd, das
imscliöii oder wohl gar geschmacklos zu finden wagen, was der
letzte Vollendende Blick im Spiegel genehmigte; Es gibt nur eine
Gesetzgebung, die keine cour d'appels kennt, es ist die der all-
•waltenden, nur im Unbesland beständigen Modegötlin mit dem
Regenbogen-Stab in der rechten und der Pandora-Büchse in der
linken Hand, und mir als einem Alterthüniler fallen dabei noch
ganz eigene Beispiele aus malten Geschichten und Legenden ein,
die auch schon durch die blose Erinnerung mit einem heimliehen
Schauder erfüllen. Sie seihst, meine Gnädige, kennen die kläg-
liche Geschichte des thracischen Barden- und Minnesängers Or-
pheus, wenigstens aus der bekannten Oper: Orfeo ed Euridice.
Der arme Orpheus ward zuletzt von den thraeischeii Frauen und
Jungfrauen -lebendig zerrissen. Blau hat diese schon vor 3400
Jahren an den Ufern des Strymou vorgefallenen Septemberscenen
einer heiligen Wuth der in Mänaden und Bacchus - Euergnmenen
■verzückten thracischen Weiber zugeschrieben. Allein ein aller
Scholiast hat die feinste Nase gehabt. Diese hat ausgewittert, dafs
die so fürchterlich gesteigerte Zoniwnlh jener Frauen eigentlich
nnr dadurch gereizt wurde, weil Orpheus, der Gottbegabte, dem
Bouigci-s kleiue Schriften III.
 
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