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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0067

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schallenden Anrufungen des Golfes und tollem GelHnn besingen,
und dabei aueb lebende Schlangen sich um den Ann wickelten *),
wie es im Orient, wo diese Schlangengaukelei uie aufgehört bfltj
»och geschieht. Diese Mäuaden bildete der grofse Marmorbildner
Skopos zuerst mit soleber "Virtuosität, dafs sie stehende Muster-
lörmen wurden. Und nun entlehnten griechische Frauen einer
gewissen Classe, die eben den Gynükoiiomen oder Festordnern
bei Aufzügen sich nicht zu fügen brauchten, von diesen Statuen
die Form ihrer Armspangen **). Mau kann , wo nur die Natur
in schöpferischer Fülle ihre Gaben gespendet hat, auch nicht«
Graziöseres -sehen als ein solches Armband am blosen Oberarm.
Gölhe in seiner Paudora läfsl da, wo in der Unterredung zwischen
Prometheus und Epimetlieus der verführerische Schmuck der Pan-
dora durchgemustert wird, wobei der Bändiger des Melalls Pro-
metheus nur das Kunstwerk erblickt, Epimelheus aber nur von
der Schönheit Zauber bethört ist, den Ersten sagen:

Dem Drachen, um den Arm geringelt, lernt' ich ab,

Wie starr Metall im Schlangenkreis sich dehnt und schlichst!

Worauf Epiinctheus in Entzücken ausruft:
Mit diesen Armen liebevoll umüng sie mich.

Die dem Griechenthnm bei'm Ausbruch der Revolution so eifrig
huldigenden Pariserinnen, eine Bürgerin Tallien, eine Madamö
Recamier, haben auch diesen Schmuck damals von Pariser Gold-
schmieden sich zu verschaffen gewufst und damit den Griechinnen
sich gleichgestellt. Allein nicht jeder Arm war für diese selhst-
gewählten Fesseln voll und rund genug. Aber dafür wufste der
feine Tact der griechischen Frauen bei ihrem Anzüge auch guten
Rath zu schaffen. Man liefs die Aennel der Tunica bis au den
Elbogen herabgehen und den Oberarm selbst erfassen, dann
durchschnitt man diese Acrniel die Länge herab und heftete sie
mit kleinen Fiebeln oder Spangen vier- bis fünfmal zusammen,
so dafs es ganz das Ansehen gewann, als säfseu Kuüpfchen auf
jeder einzelnen Zusammenziehung dieses Kleidungsstoffes, was doch
nur die Decke einer Spange oder bei'm Schmuck vornehmer
Frauen auch wohl kleine Edelsteine sein mochten. Schwerlich
dachten sie damals an eine Unterlage von farbigem, ieineren Stoff.
Die blose Haut schimmert durch und drängt sich durch den, kleine
Fällchen bildenden Aernielsloff in verrälherischeni Ueberüufs hervor.

*) S. Euripides, Bacch. 698.
**) S. „dieFurienmaske", S.87. (oderBand I, S. 243. dieser Sammlung)
und „archäologisches Museum" I. S. 46. Berühmt ist die vatican-
ische Ariadne, mit einer solchen Schlangenarmspange, in welcher
aber jetzt Raoul-R ochette in seinen „Monuments inedils",
n. 48 ff. eine schlummernde Thetis En siftötl geneigt i-t.
 
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