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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0070

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Wasserhosen schwerlich, denn dieses Vorbild sind die ursprüng-
lichen Homerischen Hnrpyiun, wie sie die Töchler des Pnndorus in
die Lüfte entführen. Aber in Aermelhosen, von Dünsten und Ne-
beln aufgedunsen, wie sie manche Modejnurnalo bis zum heutigen
Tage in Schaaren vor uns voriiberführen, würde ein jetzt lebender
Aristophanes seine Wolkenjungfrimen gewifs auftreten lassen. Wie
kann in so umbauscliter Traclit der schön geformte Franenärm auch
nur eine einzige anmiilhige Bewegung machen, um seine natür-
lichen Reize zu zeigen'? Wie ganz anders war es hei jenen allen
Griechinnen und Römerinnen! Da gehörte es zum Anstand in der
Kleidung, die Draperie*) reich und vollfaltig da, wo sie zu
rechter Stelle ist, und dann wieder knapp anliegend zu machen.
Denn so verlangt Lucian in seiner begeisterten Beschreibung der
schönen Sjracusanerin Panthea, der Geliebten des Kaisers Lucius
Yerus, vom Maler, der ihr Bild malen soll: die Draperie iiiufs
aufs Zarteste ausgeführt sein, eng sich anschmiegend, wo sich's
gebührt (also anch an dem Arme), im Uebrigen aber locker und
fliefsend **).

Das Auffallende und Stabile dieser seltsamen Traclit hat zu
allerlei Betrachtungen Anlafs gegeben. Einen witzigen Aufsalz
darüber gibt das von Campbell so geistreich besorgte „New Montlily
Magazine" (September 1829, p. 213 ff.) mit der Uebersclm'ft:
Bischofsärmel (Bishops Sleeves) ; denn so nannte man diese Saek-
armel in England, weil sie mit den weitfalligen, bis zur Hand
vorgehenden Aermeln der Chorhemden, in welchen die englischen
Prälaten in vollem Costume und bei geistlichen Verrichtungen er-
scheinen , die gröfste Aehnliclikeit haben. Nachdem der Verfasser
erst die Vorfrage gestellt hat, ob durch Nachahmung dieser Traclit
aus der Hoch- und Episcopalkirche die schönen Britinnen etwa sich
als eine tapfere Reserve zur Vertlieidigung der Kirche gegen die
heillosen EmaneipationseitigrilFe hätten anwerben lassen wollen,
besinnt er sich, dals sie es damit wohl auf eine Aushilfe der
stockenden Fabrication abgesehen hüllen. „Ja", ruft er den bri-
tischen Schönen zu, „zu eurer grüfslen Ehre'tragt ihr Bischofs-
ärmel, um die, bis zum Zerplatzen angefüllten Magazine der
Mannfaclurhändler von den Massen zu entlasten, die als Laden-
hüter daliegen. Wie patriotisch! Wegen dieses menschenfreund-

*) Zur t'jfxynoevih}, wie es der Grieche in einem bedeutsamen
Worte nennt. S. Vasengeinälde II. 5-t. Dazu rechnet auch jene
Pythagoräerin Theano in einem Von Stobäus erhaltenen Fragmente
(Tit. 7i.~) Vol. III. p. 85., cd. Gaisford. nichts Ueberliiissiges zu
haben, *lPe'J &&t(w^sOtov*.

**) XuvssToXSa; jxvJ, oeot j£j>j , hiyntxjiaS&t oi rix iroAXä, Imag.
5. 7. T. II. p. 465. Wels.
 
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