Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0075

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
63

wüchse von Sturmhauben entsetzt, wie lanl würden sie über diesen
echt barbarischen Ungeschmaek gelacht haben, sie, die nnr
leicht aus Haaren geflochtene Bänder oder Kränze, eine Perlen-
schnur oder höchstens eine über der Stirn zwischen dem Yordev-
haare eingesetzte, mit Bändern festgehaltene, dreieckig aufsteigende
kleine goldene Metallplatte, die wir jetzt ein Diadem nennen, die
Griechinnen aber von der Form der alten Schleudern (sphendone)
benannten, als Znsatz zu dem mannigfach geflochtenen und auf
dem Wirbel zusammengehaltenen Haupthaar duldeten! Halte denn
aber jene Musterfrau im Alterthume, höre ich fragen, gar keine
weitere Köpfverhülbng und Einfassung1? Allerdings, aber nie
anders als entweder durch ein um den Kopf geschlagenes und
gewickeltes Tuch, welches, da es sich fest anschmiegte, durchaus
keine wulstigen Aufbauschungen und Auswüchse gestattete, aber
auch so noch für eine asiatische oder gallische Tracht galt und in
den Classikern als eine mitra Pbrygia gekannt ist — davon ent-
lehnten Raphael und Domenichino die turbanarlige Kopfumwickel-
ung ihrer Sibylle — oder durch das Heraufnehnieu des Oberge-
wandes (des Peplus), indem dieses so um den Hinterkopf und
Stirnwiibel gefaltet wurde, dafs es eine Art von offenem Schleier
bildete, aber dabei stets das schone Oval des Gesichts gleichsam
nur einrahmte, nie oben oder auf der Seite aus wuchs und aus-
flügelle. Man denke nur, wie Sassoferrata seine so beliebten
Donne velate malte! Unsere Dresdener Anlikengalerie stellt uns
in der berühmten Hcrculanischen Matrone ein vollendetes Muster-
bild dieser Tracht vor's Auge, mid zu solcher Kuiistschau sind
hiermit alle schönen Zweiflerinnen feierlich eingeladen, damit
sie selbst sehen und sich belehren.

Fragt man nun, ob sich denn im Alterthume gar keine solche
thurmartigen und mit allem Feder- und Bänderschmuck ausstaffir-
ten Kopf- und Haarhüllen finden, wie unsere Damenhüte und
Bonnets täglich darbieten, so dient zur Antwort: ei, jawohl!
Nämlich bei dem ägyptischen Tempel- und Priesteiinnencostume.
Denn dort gehörte es allerdings zu den Merkmalen der Hoheit und
Würde, dergleichen Aufsätze, cyIindeiartig oder sich nach oben zu
verjüngend, auf den Kopf der Göttin Isis und Aller, die ihr ähnlich
sein wollten, zn setzen. Da erscheint eben in Paris vom jüuge-
geren Champollion, demselben, der die Hieroglyphen so gut zu
enträthseln versteht, ein ägyptisches Pantheon *), heftweise
in sauber colorirteu Kupfei tafeln, aus dem grofsen Prachtwerke

*3 Es liegen 5 Hefte in gr. Quart von diesem Pantheon Egyptien
vor mir, von denen jedes zu 6 color. Tatein, mit einem Blatt
texte explicatif und säubern Umschlage versehen, 10 Franken
kostet und die bei Leopold Vofs in Leipzig um das Billigste zu
haben sind.
 
Annotationen