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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0101

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zusammengekaufte Sammlung allfranzösischcr Denkmäler (liioniimens
foa'nfcais aux petits Augnstins) an der Hand eines antiquarischen
Liebhabers besehen halten, an die allerliebsten Sparbeiilel
und AI m o s e n s ä ck e *) , die ihre Ururgrofsmiitter im ]4lcn und
folgenden Jahrhunderte als den grüfsten Staat ihrer häuslichen
Tugenden neben den Rosenkränzen, Fächern und Spiegeln**)
von ihren breiten goldenen Gürteln herabhängen Helsen. Warum,
riefen sie, sollte man diese löbliche Sitte unserer Vorfahren, durch
die neuesten Erfindungen des Geschmacks verschönert, nicht wie-
der erwecken und aufs Neue in Umlauf bringen können! Kaum
war dieser glückliche Gedanke im Kopfe einer schönen Bewohnerin
des Palais-Royal empfangen, so sprang er auch schon, zwar
nicht als eine gewaffnete Pallas, aber doch als ein niedlicher, mit
Bamlschleifen und Spitzen geschmückter, zierlich aufgebundener
Aibeilsbcutel ganz vollendet hervor. Doch was schon ganz voll-
endet schien, erhielt bald von den erfindungsreichen Händen der
Modehändlerinnen noch hundert verschönernde Zusätze. Die be-
rühmten D e vi S e n S äck e wurden erfunden***), und allegorische
Gemälde, Logogryphen und Rebüs w anderten aus den altbackenen
Mercurs de France und den ganz neubackenen Plaisirs
des Damesf) in bunten Reihen ganz unerwartet auf diese

*) Sie hiefsen im Altfranzösischen escarcelles £scarso im Italienischen,
sparsam), ein Wort, dessen sich die Leser von Lafontaine's
Fabeln aus der Redensart fouiller l'escarcelle noch erinnern wer-
den, und aumonieres. In Montfaucon's Monumens de la mo-
narchie francaise finden auch unsere tentschen Leserinnen, die
jene Sammlung altfranzüsischer Denkmäler in Paris selbst nicht
besuchen können, sehr befriedigende Abbildungen dieser Spar-
säcke bei Königinnen und anderen erlauchten Personen. Man sehe
die Königin Bertha T. 1. pl. 19. nnd die Königin Berengaria T.
II. pl. 15, Auch Fürsten , wie z. B. Carl der Kühne, hatten sie
anhängen,

**) Im 15ten Jahrhundert trugen die vornehmen Damen einen Gürtel,
mit Bernsteinkugeln und grofsen Perlen besetzt, in dessen Mitte
gerade unter dem Nabel ein runder Spiegel von Venezianischem
Glase angebracht war. Man sehe z. B, in Montfaucon's IMo-
nnmons de la M. Fr. T. III, p. 40., wo die Princessin Cathaiine,
Tochter des Königs Carl VII, so geschmückt zur Hochzeit reitet.
Von den Fächern, die man gleichfalls, an goldenen Ketten und
Spangen befestigt, von Gürteln herabhängen liefs, habe ich Bei-
spiele im Gothaischen Taschenbuche vom Jahre 1796. angetührt.
***) S. Journal des Luxus und der Moden, 1798, S. 537.
■fc) Plaisirs des Dames heifeen in Paris d'ütenförmig zugedrehte, ganz
dünne Waffelkuchen, die man an allen öffentlichen Plätzen und
Vergnügungsortcii, z. B. in Tivoli, häufig ausrufen hört, S.
 
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