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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0104

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der sauberste englische Pafeiifseliliissel noch inmier eiiie selir eckige
und nngestalte Figur gegen einen zierlichen Ring macht, dessen
schöngeschnittener Carniol oder Amethyst einen Hahn, jenes spre-
chende Symbol der Wachsamkeit, oder ein Aebrenköi 'beben, das
Zeichen des häuslichen Ueberllusses, Allem, was verschlossen sein
soll, aufdruckte*). Aber, Körte ich mir einwerfen, war denn ein
schwaches Siegel sicher genug'? Wer würde in unseren volk-
reichen Städten, wo oft die Bewohner desselben Stockwerks sich
kaum kennen, tausend diebischen Händen eine so schwache Schutz-
wehr entgegen zu stellen sich nur einfallen lassen'? Gewifs, Sie
werden aufhören, diefs wunderbar zu linden, wenn Sie sieh nur die
Mühe nehmen wollen, einen Blick auf das Hauswesen einer vorneh-
men Athenerin oder Römerin zu werfen. Nacli orientalischer Sitte mit
Sklavinnen und Sklaven aller Art und Geschäftigkeit umgeben, hatten
sie nie von äufseren Gewaltlhiiligkeiten etwas zu besorgen, und gegen
ihr Hausgesinde war bei der strengen Art, womit Veruntreuungen
der Art an Sklavenfamiiien bestraft wurden, ein leichtes Siegel
mehr als hinreichend, Kostbarkeiten und Lebensmittel vor jeder
ihrer Nachstellungen zu sichern**). Und eben in diesem Aufwand
von leibeigenen Aufwärleriiinen liegt auch der Grnnd , warum ge-
rade die inehresteu und galantesten Damen fast gar nichts einzu-
scbliefsen oder vielmehr zu versiegeln braucht--1!]. Da gab es'be-
sondere Thürsleherinnen , Schmü'ckeiinneii , Kleiderbeschauerinncn,
Kleiderbewabrcrinnei), Sandalenträgeriniien , Fächeliniidchen , Son-
jienschinnmädchen , und wie die hundert Benennungen sonst noch
heifsen mögen, womit jeder Art von Geschäft und Aufsicht eine
eigene Classe von Aufwärleriiinen zugetheilt wurde ***). Natürlich
bedurfte es da keines eigenen Verschlusses, wo z. ß, eine eigene
Sklavin für die Juwelen und den Schmuck, eine andere für die
kostbaren Schleier und Gewänder mit ihrem Leben haften mufste.

245. C.: „Unser Zuchtmeister gestattet den Hausfrauen einen
goldenen Ring, nicht zum eiteln Putz, sondern damit sie im Hanse
Alles versiegeln und bewahren können."
*) Abbildungen solcher Gemmen in Menge siehe im zweiten Theil

des Musei Florentini.
**) S. Torrenz zum Horaz II. TCpist. 2, 133, Man sagte von einem
ehrlichen Sclaven: illi nihil obsignatum neque occlusum, wor-
über Quin tili an VI, 3. 50. ein besonderes Bonmot anführt.
***) Janitrices, cosmetae, vestispicae, vestiariae, sandaligerulae, 11a-
belliferae, umbelliferae. Die Beweise geben Pignori in seiner
Abhandlung de servis und die in neueren Zeiten entdeckten Grab-
gewölbe des Hofstaates der Kaiserin Livia oder das sogenannte
colunibarium Liviae mit Bianchini's Commentar: Camera cd
inscrizioni senulchra'.i de' Libeiti, Servi et üfliciali della Casa
di Augusto,
 
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