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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0199

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Kannen fassender Scherbengefäfsc, deren Möglichkeit nocli vor 30
Jahren ein schlesiseher Promelheus und Virlnos des Topferhand-
werks in Bnnzlau durch einen Wunderlopf von ungeheuerem Um-
fang- gezeigt hat, wovon damals alle Zeitungen voll waren. Der
Corinllvische Lazzaroni Diogenes hatte sehr gut Raum in einem
alten geflickten Fasse der Art, welches er sogar, wie aus der be-
kannten Anekdote erhellt, auf der Strafse auf- und abwälzen
konnte *). Der an 150 Fufs hohe Scherbeuberg-, nahe am Pauls-
Ihore in Rom (Monte testaceo) zeigt hinlänglich^ wie grofs der
Verbrauch solcher Töpferwaaren im alten Rom gewesen sein
müsse **).

Der bessere Wein wurde gleichfalls zuerst aus den Kellerge-
fäfsen in solche grofse Scherbengcfäfse gegossen und aus diesen
nach Befinden in thönerne Krüge (cadi) und Henkelgcfäfse (am-
])liorae) abgezogen. Der abgezogene Wein (vinum defusum) wurde
allein bei Gastmählern aufgetragen, AVer Knfenwein trank, galt
für einen armen Schlucker, wenn er auch noch so sehr mit jenem
Bürger'schen Triukkuinpan ausgerufen hätte:

Ich will doch mit Ja und Nein
vor dem Fasse sterben!

Die Sache ist auch für die römische Geselzerklärung in den
Pandecten von grofser Wichtigkeif. Denn wenn Jemand Einem als
Legat seinen Wein nicht mit den Gefäfsen ( cnuiMirnalibns ) ver-
machte, so entstand unter den Rechlsgelehrlen die Frage, ob Mos
die Vorhandenen: Weinvorrälhe auf den Fassei n , oder auch die
übrigen Krüge und Amphoren damit gemeint wären, und ob über-,
haupt aller Wein, der in den Krügen sich befand, im Vermäebt-
nifs mit eingeschlossen sei. Die berühmten Jurisconsnlten Labeo
und Trebalius bejahten diese für einen durstigen Erben höchst kri-
tische Frage, Allein Pomponius reservirle sich hier die in Krügen
und Henkclgefäfsen bewahrten Weine, als nicht mit zum Legat
gehörig. , Proculus hingegen will dem Legatempfänger allen Wein
bis auf den letzten Tropfen ausgehändigt wissen. Die Sache hat
grofse Subtilitäten und würde durch's Auslriuken während des Streits
am befsten zu entscheiden sein. Das Kosten wenigstens war
dem Erben, der ein solches Yermückluifs zu leisten balle, nach al-
tem Recht gestaltet.

*) S, die Abbildungen der Albanischen Reliefs, anf denen der Cyniker
im Fasse mit Alexander spricht, in "Winckelmann's Monumenti
ined. ant. No, 174 nnd in Zoega's Bassi Rilievi tav. XXX. Das
Zerbrochene wurde mit Bleiklammern ausgeflickt. Bei einem 1762
zu Sezze ausgegrabenen tbönernen Fafs wogen blos die Bleiklain-
inern, womit es ausgeflickt war, fünfzehn Pfund.

'*) S. Tagebuch der Frau von der Recke. Tb. II. S. 200 f.
 
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