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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Editor]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0236

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224

Dieser Küchenzettel könnte mich zu bödenlangen Betrachtun-
gen führen. Aber ich erinnere mich au das Tintenfafs, worüber
Martorelli zwei Quartauten schrieb. Nur zwei allgemeine Bemerk-
ungen kann ich hierbei nicht mit Stillschweigen übergehen. Die
erste: Die Alten wufsten vortrefflich, was in jeder Jahreszeit, in
jedem Monat das Schmackhafteste und Zeitgemäfseste sei. Die
Mahlzeit wurde zu Ende des Augusts gehalten. Gerade alsdann
sind die Meernesseln nach Re"aumur's und Bomare's Bemerkungen
am zartesten *). Um eben diese Zeit sind auch die Weindrosseln
am delikatesten **), und die Rehe wurden nach Horaz (Sat. II, 4.
45.) in den Weinpflanzungen am geniefsharsten Tt*). Elten diefs
würde sich nun mit den verschiedenen Gattungen von Austern und
Muscheln, die hier angefühlt werden, beweisen lassen. Zweitens:
Das römische Kochbuch scheint mit dem Wiener Kochbuche die
meiste Aehnlichkeit zu haben f). Die Zubereitung der Speisen
war änfserst weichlich. Man afs das Zarteste, was zu haben war;
dabei lieble man das Fette in den Speisen außerordentlich, und
da der Gebrauch der Butter den Alten völlig unbekannt war und
nur durch Olivenöl ersetzt winde, so wurden alle Thiere so fett
gemästet (allilia), dafs sie in ihrem eigenen Fette schwimmen
konnten. So war die Feigenschnepfe (Beccafigo der Italicner) dar-
nm eine so grofse Leckerei, weil sie nur ein Fettklumpeii ist.
Daher auch der erstaunliche Hang zum Schweinefleisch von wel-
chem riinius (VIII, 51.) versichert, dafs man fünfzig ganz ver-
schiedene Geschmäcke (nuinquagiuta Sapores) daraus zuzubereiten ver-
standen habe. Aber auch hier liebte man nur das Milchende, Weich-
liche. Schinken afseu nur die Lastträger und Matrosen. Daher
auch die Neigung zu den Saueuteru, ohne welche keine rechtliche
Mahlzeit gehalten werden konnte, und das bis zur abscheulichsten
Grausamkeit getriebene Raffinement mit den trächtigen Sauen , die
man mit Füfseu trat, um die Euter desto saftiger zu bekommen ff)

diesen Zwieback mit anderen Gerichten afs, wie wir es mit unse-
rem Brod thun, Martial XIII. 45. sagt von dem Picentinischen
Zwieback, dafs er so in der Milch anschwelle, wie der Schwamm
im Wasser. B ast,
*) S. des gelehrten Herausgebers von Aristoteles's Thiergeschichle,

LamüYs Bemerkungen hierüber T. II, in den Notes p. 582,
**) S, Bergius, über die Leckereien. Th. II. S. 150.
***) Horaz sagt: Vinea submittit capreas non Semper edu-
las, die Weingärten liefern liehe, die nicht immer schmackhaft
sind. Er sagt also das nicht, was Böttiger annimmt, Bast.
-J-) Nach Nikolai's keiinerhaften Aussprüchen, Reisen durch Deutsch-
land Th. V, 'S. 225 f.
-J-f) Ich setze die ganze Stelle des Plutarcb hierher, damit man mich
keiner Uebertreibung beschuldige, de esu canmiin, Orat, II. p.
 
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