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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0240

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22Ö

nnd den Hercnlariischen Alterlhümern einverleibt worden sind *)',
führt uns znui Bacchanal oder Trinkgelag eines griechischen Ze-
chers, der so eben die schöne Frau, die ihm in geziemender Stell-
ung zur Seite sitzt, während er, in der Sitte des Alterthums auf
dem weichlieh aufgepolsterten Tischhette liegend, sich aufstützt, im
Geuufs der holden Bacchusgabe hoch leben läfst und ihren Na-
men trinkt **). Hier saugt nun der üppige Lüstling den Wein
ganz in jener Manier, die wir dort im lernen Indien bemerken.
Ein Strahl des süfsheranschenden Neclars springt aus der Oeffnung
an der Spitze des Trinkhonis in gerader Richtung auf die lech-
zenden Lippen des feinzüngelnden Trinkers. Mau sieht es ihm
an, dafs er durch dieses Raffinement den Fehler wieder gut ma-
chen will, den jener svbaritische Geniefser der Natur vorwarf, dafs
sie nämlich vergessen habe, den Trinklusligen einen Kranichhals auf die
Schultern zu setzen. Ehen so merkwürdig ist die Figur eines mit
dem Hercules um den Preis der grol'sten Stärke im Zechen käm-
pfenden Bacchus auf einer goldenen Schüssel, die im Jahr 1774
zu Rennes in der Bretagne gefunden und von da in die Bibliothek
des Königs oder die jetzige Nationalbibliothek gebracht wurde, wo
sie jetzt durch die Bemühung des wackeren Conservatcurs dieser
Bibliothek, Miliin, in Kupfer gestochen und gelehrt erklärt
worden ist ***). Das Trinkgefüfs, welches der siegreiche Bac-
chus so eben geleert hat, ist gleichfalls hornförmig zugespitzt und
zeigt durch seine Richtung hinlänglich, dafs Bacchus sich eben so
durch die kleine Oeffnung unteu den Saft seiner begeisternden
Traubeuspende in den Mund herabrinnen liefs, wie wir es auf
dem Herculanischen Gemälde erblickten. Die Gleichheit der Sitte
selbst ist .also schon hierdurch aufser allen Zweifel gesetzt. Al-
lein es erhält hierdurch die ganze Trinklust der Alten einen neuen
Aufschlul's. Aus Slierhörnein, so sagt uns der Tischphilosoph
Athenäus und mit ihm eine ganze Schaar von Alterlhiimsiorsehern,
(ranken die ältesten Griechen ain häufigsten ihren Wein, Das
stellt man sich nun gewöhnlich so vor, als hatten sie das Horn au
der oberen breiten Seite, wo es zunächst auf dem Scheitel des
Thieres aufsieht, an die Lippen gesetzt, und bei den Trinkhürnern
der alten nordischen Völker von der Stirn des Urs oder Aueroch-
sen und später auch in köstlichen Metall- und Bildwerken ist diefs
unstreitig der Fall gewesen, wie sich ein Jeder überzeugen kann,
der die alten Schnitzwerke und Melallsculpfuren in Millin's Anti-
cjuiles nationales oder in der Archaeologia Britaunica genauer be-
trachten will. Allein bei den Griechen fand man es weit beque-

*) Pitture d'Ercolano T, I. tav. 14. p. 79.

**) Man nippte so viele Becher, als der Name der siifsen Herzens-
königin Buchstaben hatte.
***) S. Millin's Moniimens inedits T. I, P. IV. n, XXI,
 
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